13.01.2023
Trotz Pandemie, anhaltender Lieferkettenprobleme, dem russischen Angriffskrieg und Energieknappheit erweist sich Tirol als Standort stabil. In das Jahr 2023 startet das Land trotz internationaler Krisen mit moderaten Wachstumsaussichten und beinahe Vollbeschäftigung. Dennoch werde das Jahr 2023 für Tirol zur Bewährungsprobe, betont Wirtschafts-, Tourismus- und Digitalisierungslandesrat Mario Gerber. Die Stärken des Wirtschaftslandes Tirols sieht er in der wirtschaftlichen Breite. Zentrale Herausforderung bleibe es, der Wirtschaft die benötigten Fachkräfte zur Verfügung zu stellen. In Richtung Bundespolitik drängt Gerber auf echte Reformen, um mehr Frauen in Vollbeschäftigung zu bringen. Außerdem gelte es, Anreize für längeres Arbeiten zu schaffen und eine qualifizierte Zuwanderung zu ermöglichen.
„Auch wenn sich Tirols Wirtschaft als erstaunlich widerstandsfähig erweist, müssen wir konsequent handeln, damit dies so bleibt“, gibt Wirtschaftslandesrat Mario Gerber die Marschrichtung für 2023 vor. „Dieses Jahr kommt der wahre ‚Elchtest‘ auf uns zu, wobei ich mir von der laufenden Wintersaison einen günstigen Rückenwind erhoffe. Mit einem guten Ergebnis wird in Folge investiert und Wertschöpfung erzeugt werden“, ist Gerber überzeugt. Gleichzeitig betont Gerber die Bedeutung erhöhter Leistungsbereitschaft seitens der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer „in herausfordernden Zeiten wie diesen, denn ohne fleißige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden wir den Wohlstand im Land und den Wirtschaftsstandort Tirol nicht sichern können.“
Tirols Wirtschaft erweist sich als krisenfest
Die Stärke des Wirtschaftsstandorts Tirol sieht Gerber „in seiner Breite“: Neben Industrie und Tourismus gebe es mit den Klein- und Mittelbetrieben eine weitere, stabile und starke Säule. Tirol erweise sich dabei als erstaunlich krisenfest. Gerber: „Dieses Phänomen konnten wir bereits im Zuge der Finanzkrise 2008 sowie während der Corona-Pandemie feststellen. Die Landes- und Bundespolitik hat mit flankierenden Maßnahmen rechtzeitig reagiert und damit ebenfalls einen wichtigen Beitrag geleistet. Das abgelaufene Jahr 2022 ist damit unterm Strich gut gelaufen.“
Reformbedarf: Mehr Frauen im Erwerbsleben und qualifizierte Zuwanderung
Der Tiroler Wirtschaft auch weiterhin ausreichend Fachkräfte zur Verfügung zu stellen, sei seine zentrale Aufgabe als politisch Verantwortlicher. Gerber ortet aber auch dringenden Reformbedarf und übt entsprechend Druck auf die Bundespolitik aus.
„Es ist Handlungsbedarf gegeben und wir werden an unseren Taten gemessen. Wir müssen es Frauen ermöglichen, im Erwerbsleben tätig zu sein. Außerdem braucht es Anreize für längeres Arbeiten und qualifizierte Zuwanderung. Hier bedarf es echter Reformen und konkreter Umsetzungen im Sinne der unternehmerischen Praxis. Darauf werde ich im Bund drängen“
Mario Gerber, Tiroler Wirtschafslandesrat
Wirtschaftsexperte sieht „erstaunlichen Zustand“
Um die gegenwärtige Situation einordnen zu können, müsse man berücksichtigen, dass die Weltwirtschaft in den letzten zweieinhalb Jahren bereits einem Stresstest ausgesetzt war, erklärt Gottfried Tappeiner vom Institut für Wirtschaftstheorie, -politik und -geschichte der Universität Innsbruck. „Pandemie, Lieferkettenprobleme, russischer Angriffskrieg, Energieknappheit und die damit einhergehende Preisexplosion und die flächendeckende Inflation beschreiben die schwierigen Umfeldbedingungen, die auch Tirols Bevölkerung und Unternehmen hart treffen.“ Vor diesem Hintergrund sei ein moderates Wachstum und beinahe Vollbeschäftigung ein absolut erstaunlicher Zustand. „Tatsächlich können wir wirtschaftlich betrachtet auf ein recht gutes Jahr zurückblicken. Fast niemand hätte erwartet, dass wir im Durchschnitt so gut durchkommen“, so Tappeiner.
Stabile Auftragslage, wachsende Verunsicherung
In den meisten Branchen Tirols sei die Auftragslage derzeit zumindest „normal“, auch wenn die Verunsicherung im Markt gestiegen sei. Man könne derzeit nicht wirklich einschätzen, ob sich diese Unsicherheit wieder lege oder ob sie sich zu einer Rezession auswachse. Beim Einsatz öffentlicher Mittel mahnt der Wirtschaftsexperte zur Zurückhaltung: „Es macht jedenfalls Sinn, mit öffentlichen Maßnahmen eher sparsam umzugehen. Möglicherweise brauchen wir die Fähigkeit der öffentlichen Hand, negative Effekte abzufedern, in den nächsten ein bis zwei Jahren deutlich stärker als momentan. Im Bedarfsfall geht es dann um die Treffsicherheit bei den Maßnahmen.“
Klimawandel und Energiewende als Entwicklungsschub
„Krisen verleiten dazu, strategische Perspektiven zu vernachlässigen“, warnt Tappeiner. „Das ist falsch und vergibt Chancen. Aus dieser Einsicht heraus müssen wir den Klimawandel angehen, als Teil davon die Energiewende umsetzen sowie die Produktivität steigern, um einen Teil des demographischen Wandels zu bewältigen.“ Daraus lasse sich auch eine wirtschaftliche Schubkraft für die regionale Wirtschaft erzielen. Parallel dazu müsse man aus Sicht regionaler Wirtschaftsräume bestimmte Teile der Globalisierung zurücknehmen und die Resilienz der westlichen Gesellschaften in Summe steigern. „Dazu gehört auch, die in den letzten 30 Jahren stark angewachsene Ungleichheit der Einkommen zurückzunehmen.“
Digitale Kompetenzen immer stärker gefragt
Gerade in volatilen Situationen bekommt das Thema Innovation enormen Auftrieb, bestätigt auch Marcus Hofer, Geschäftsführer der Standortagentur Tirol.
„Anfragen für Beratungen steigen und wir stehen mit der gesamten Servicepalette der Standortagentur bereit, diese Bedürfnisse zu befriedigen. Konkret bieten wir Förderungsberatung, Technologiepartnersuche und zahlreiche Services für unsere Clustermitglieder an.“
Marcus Hofer, Geschäftsführer Standortagentur Tirol
Auch die Ausbildungen im Digitalisierungsbereich sollten genutzt werden, so Hofer, der diesbezüglich auf die digitale Bildungsplattform DiBi für berufsorientierte Weiterbildung verweist, die unter www.dibi.tirol zugänglich ist.
Neue „Resilienz-Akademie“ geplant
Angesichts der globalen Lieferketten-Probleme hat die Standortagentur Tirol ebenfalls rasch reagiert. Man könne nun ein nochmals erweitertes Beratungsservice und Netzwerk anbieten, sei Teil des österreichweiten Supply-Chain-Datahubs und habe eine „Resilienz-Akademie“ initiiert. Auch die Offensive in Richtung Fachkräfte wolle man unterstützen, so Hofer. In diesem Sinne werde der Ausbau des Welcome Service vorangetrieben. Weiters werde versucht, das Potenzial an internationalen Studierenden in Tirol noch stärker zu nutzen und auch Tiroler Studierenden in Wien, Graz etc. die Chancen im Wirtschaftsraum Tirol stärker zu vermitteln.