20.11.2014
Vernetzung im Sinne der Industrie 4.0 zum Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit wird forciert; Qualifizierung, Kooperation, Förderbegleitung und Planungsarbeiten zu "Demo-Fabrik" als direkte Maßnahmen.
Die Vernetzung von Information und Kommunikation zwischen Menschen, Maschinen und Produkten („Industrie 4.0“) bewirkt nicht nur die weitere Automatisierung der Produktion, sondern soll die heimische Industrie vor allem gegenüber jenen in Niedriglohnländern wettbewerbsfähig halten. Der Bund stellt in den kommenden zwei Jahren 280 Mio. Euro an Fördermitteln zur Verfügung, um Industrie 4.0 in Österreich voranzutreiben, auch die EU fördert über mehrere Ausschreibungen Industrie 4.0-Initiativen. „Von diesen Fördermitteln müssen auch Industrie und Produktion in Tirol profitieren und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit ausbauen. Daher wird die Standortagentur Tirol aktiv an Unternehmen herantreten, auf Fördermöglichkeiten aufmerksam machen und zu Förderungen beraten, beim Aufbau entsprechender Konsortien unterstützen und bei der Förderabwicklung begleiten“, kündigte Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf beim Tiroler Innovationstag 2014 an. Zudem wird die Zusammenarbeit Tirols mit den Bundesländern im Bereich Industrie 4.0 intensiviert, etwa mit der im Sommer zwischen Zoller-Frischauf und ihrem oberösterreichischen Amtskollegen Michael Strugl getroffenen Vereinbarung: Standortagentur Tirol und ihr oberösterreichisches Gegenüber, die Technologie- und Marketinggesellschaft m.b.H., erarbeiten gemeinsam einen Maßnahmenplan, mit dem Wirtschaft und Wissenschaft bestmöglich bei der Vernetzung physischer und digitaler Systeme (nach innen zwischen Produkt und Produktion, nach außen zwischen Unternehmen, Kunden und Lieferanten) unterstützt werden.
Projekt „Demonstrations-Fabrik“ für erleichterten Einstieg in Industrie 4.0
Als dritte Maßnahme kündigte Zoller-Frischauf beim Tiroler Innovationstag an, dass im Frühjahr 2015 unter den Unternehmen, die sich in den Clustern IT und Mechatronik der Standortagentur Tirol vernetzen, eine Bedarfserhebung durchgeführt wird, um zum einen darauf aufbauend benötigte Qualifizierungs- und Ausbildungspakete zu schnüren und um zum anderen auszuloten, welche Wirtschaftsbereiche abseits von Industrie und Produktion in Tirol noch von den Techniken der Industrie 4.0 profitieren können. „Wir haben entsprechende Rückmeldungen etwa aus dem Tourismus in Expertenrunden gebündelt. Es ist uns wichtig, im Sinne des Bottom-up die Bedürfnisse der Wirtschaft umfassend zu erheben und darauf aufbauend maßgeschneiderte Maßnahmen umzusetzen“, erklärt Dr. Harald Gohm, Geschäftsführer der Standortagentur Tirol. Dazu gehört als vierte Maßnahme auch, dass Standortagentur Tirol, Unternehmen und Forschungseinrichtungen derzeit Möglichkeiten zum Aufbau einer Demonstrations-Fabrik erarbeiten. In einer Demonstrations-Fabrik wird mit realen industriellen Produktionsstraßen und Automatisierungssystemen eine modellhafte, realitätsnahe Industrieumgebung abgebildet. In dieser können Unternehmen ihren Betrieb nachstellen und Prototypen, Produkte und Produktionsprozesse testen und umsetzen. Außerdem kann in einer Demonstrations-Fabrik die digitale Vernetzung von Werkstücken und Anlagen sowie die automatisierte Kommunikation zwischen Lieferanten, Kunden und Unternehmen ausgearbeitet und optimiert werden. Unternehmen bekommen mit einer Demo-Fabrik somit die Möglichkeit auszuloten, wie sie die Effizienz ihrer Produktion steigern können, ohne dass dabei der eigene laufende Produktionsbetrieb gestört wird und noch bevor im eigenen Betrieb investiert werden muss. Die Finanzierung der Demonstrations-Fabrik soll durch entsprechende EU- und Bundesförderungen erfolgen. Deshalb prüft die Standortagentur Tirol – neben der Zusammenstellung des Konsortiums aus Wirtschaft und Wissenschaft – rund um das Projekt „Demonstrations-Fabrik“ Bundes- und EU-Programme auf entsprechende Fördermöglichkeiten. „Eine Demonstrations-Fabrik entsteht derzeit mit finanzieller Unterstützung des bmvit an der TU Wien. Wir prüfen intensiv, wie wir entsprechende Fördermittel auch nach Tirol holen können, erste Gespräche auf Ministeriumsebene haben bereits stattgefunden“, so Gohm.
Neue Produktionslogiken vorantreiben
Den Tiroler Innovationstag 2014, der heute in Innsbruck stattfand, nutzte die Standortagentur Tirol auch dazu, um für das Thema Industrie 4.0 zu sensibilisieren und es in die breite Öffentlichkeit zu tragen. Die Potenziale einer vernetzten Produktion, wie sie hinter Industrie 4.0 stehen, seien zahlreich, zeigte etwa Roland Larch, Leiter Mechatronische Systeme/IT bei der ECI Manufacturing GmbH, als Podiumsgast auf: „Durch die Individualisierung von Kundenwünschen können sogar Einzelstücke rentabel produziert werden. Die Flexibilisierung von Geschäftsprozessen erlaubt es, die Produktion kurzfristig zu verändern, etwa bei Störungen oder Ausfällen von Zulieferern. Da der Produktionsablauf transparent und abbildbar wird, können Entscheidungsfindungen im Unternehmen optimiert werden. Ressourcenproduktivität und –effizienz lassen sich über die ganze Wertschöpfungskette verbessern. Durch das neugestaltete Zusammenspiel von Unternehmen, Kunden und Lieferanten werden außerdem neue Dienstleistungen mit neuen Wertschöpfungspotenzialen entstehen. Das alles senkt Kosten, steigert Wettbewerbsfähigkeit und trägt dazu bei, Herausforderungen wie Ressourcen- und Energieeffizienz zu meistern.“ Angesprochen, ob mit der weiteren Automatisierung der Produktion auch ein Jobabbau einhergehe, hielt Marcus Rasch von Forcam GmbH fest: „Bei Industrie 4.0 geht es darum, Daten und Informationen für die Produktion nutzbar zu machen, nicht darum, Menschen durch Roboter zu ersetzen. Maschinen werden einfache Routineaufgaben erledigen können und dadurch Menschen bei ihrer zunehmend komplexen Arbeit unterstützen und entlasten, sodass sie höherwertige Aufgaben übernehmen können. Zudem wird auch das Zusammenspiel von technischen Systemen und Menschen eben von Menschen gestaltet und kontrolliert werden. Die Tätigkeiten und Arbeitsinhalte werden sich in einem Unternehmen wandeln, nicht aber die Tatsache, dass es qualifizierte Mitarbeiter braucht, die den Unternehmenserfolg ausmachen.“