27.05.2011
„Einzigartig!“ – so beschreibt Mario Kocher seinen wahr gewordenen Wohntraum, den
er seit eineinhalb Jahren lebt. Die Rede ist von einer Holzbau-Passivhaus-Wohnanlage in Jenbach, die unterstreicht, dass der Standort Tirol auch in diesem Bereich eindrucksvoll Kernkompetenzen bündelt. Denn realisiert ist hier ein Projekt nach neuestem Stand der Technik und Wissenschaft, das einen gemeinsamen Wohn- und Wohlfühlraum für den wohl vielseitigsten und wertvollsten Naturbaustoff – Holz – und maximale Energieeffizienz geschaffen hat. Doch statt sich auf den fachlichen Lorbeeren auszuruhen, arbeiten Forschungseinrichtungen, Unternehmer und die Standortagentur Tirol akribisch am Weiterentwicklungspotenzial dieser Zukunftsaktie, die auch weit über die Landesgrenzen hinaus höchstes Ansehen genießt.
„Lebendiges Wohnen“ par excellence
Das Holzwohnbauprojekt in Jenbach steht stellvertretend für die perfekte Inszenierung von Massivholzbau in Kombination mit Passivhauselementen. „Besonders reizvoll ist schon das äußere Erscheinungsbild, denn Holz strahlt dermaßen viel Wärme und Geborgenheit aus, dass man sich einfach nur wohlfühlen kann!“ Mario Kocher ist im Oktober 2009 in eine der 67 Wohnungen gezogen, für ihn die beste Entscheidung, die er getroffen hat: „Die gesamte Anlage ist aus Holz mit Ausnahme des Stiegenhauses. Ich hatte noch nie so niedrige Heizkosten und auch die Dämmung ist unglaublich. So macht Wohnen richtig Spaß!“
Bauträger der Anlage war die Neue Heimat Tirol, der von ihr zur Errichtung beauftragte Holzbauspezialist das Tiroler Unternehmen Holzbau Schafferer. Geschäftsführer Karl Schafferer weiß um die Herausforderung aber auch den besonderen Reiz derartiger Anlagen: „Holz auf diese Weise zu verarbeiten ist immer sehr detailintensiv. Wir haben uns über viele Jahre intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt und so ist es uns gelungen, eine Vorreiterrolle einzunehmen. Die spannendste Phase beginnt, wenn wir uns mit den Planern und Bauträgern zusammensetzten und die idealen Rahmenbedingungen für das Projekt gemeinsam erarbeiten.“ Für Schafferer machen derartig komplexe Projekte den Standort Tirol aus unternehmerischer Sicht auch attraktiver. Sie sind für ihn gleichzeitig wichtige Pilotprojekte auf dem Weg zu einer gesicherten Nachhaltigkeit. Beim Bau der Anlage kam hochqualitatives heimisches Holz zum Einsatz, das vom bekannten Tiroler Unternehmen Binder Holz produziert wurde. Die Einbindung ansässiger Firmen unterstreicht den Gedanken der Nachhaltigkeit, der durch den Baustoff Holz auch auf anderen Ebenen zum Tragen kommt: Holzproduktion und Export spielen in Tirol eine wesentliche Rolle. Holz aus dem Alpenland deckt bis zu 30 Prozent der benötigten Kapazitäten in Europa ab!
Kompetenz und Kooperation sichern Qualität für den Standort
Wissen um energieeffizienten Holzbau, wie das Holzbauunternehmen Schafferer es hat, wird am Standort in zwei Clustern effizient gebündelt, ebenso im Cluster Erneuerbare Energien Tirol wie im proHolz Tirol/Holzcluster. DI Wolfram Allinger-Csollich, Projektmanager im proHolz Tirol/Holzcluster, kennt das Geheimnis des vielversprechenden Erfolgsrezeptes: „Die Themen Holzbau und energieeffizientes Bauen sind in Tirol quasi untrennbar miteinander verbunden. Der Holzbau hat in Tirol einen hohen Stellenwert und hat seine Marktanteile in den letzten zehn Jahren zirka vereineinhalbfacht. Neben den besonderen Vorteilen von Holz als CO2-neutraler Baustoff ist hierfür auch die hohe Qualität der heimischen Holzbaubetriebe mitverantwortlich, die international gesehen führend in der Branche sind. Das hohe Niveau der heimischen Betriebe wird innerhalb des Clusters insbesondere in Form von kooperativen Projekten zum Know-how-Transfer und –Aufbau gestärkt. Als sehr erfolgreiches Beispiel kann hier die Holzbau-Kooperation htt15 – Holzbau Team Tirol genannt werden. In dieser Kooperation wird das gemeinsame Fachwissen ständig weiterentwickelt. Hierfür wurde eigens ein Bautechniker angestellt, der mit den Technikern der Mitgliedsbetriebe kontinuierlich an Innovationen arbeitet.“ Innovationen, die am Standort auch dadurch möglich werden, dass die beiden Cluster - Holz und Erneuerbare Energien - eng zusammenarbeiten: in einem aktuellen Projekt geht es darum, den Einsatz von führenden, thermischen Solartechnologien aus Tirol im Holzbau zu verstärken.
Innovationen, die dadurch möglich werden, dass die beiden Cluster effizienten Wissens- und Technologietransfer zwischen Forschung, Lehre und Wirtschaft fördern: „Ein besonderer Innovationsfluss geht von der ständigen Zusammenarbeit der Holzbaubetriebe mit dem Holzbaulehrstuhl an der Universität Innsbruck aus“, erklärt DI Rüdiger Lex, Geschäftsführer von proHolz Tirol.
Erfolgskurs auf der Überholspur wird fortgesetzt
Prof. Michael Flach zieht hier die wissenschaftlichen Fäden und stellt Holz nur das beste Zeugnis aus: „Holz ist ein umweltfreundlicher Rohstoff, der unter den tragfähigen Baustoffen im Vergleich zu Stahl und Beton mit Abstand die besten Dämmwerte bietet. Wenn man von Nachhaltigkeit spricht, kommt man nicht umhin, auf Holz zu setzen, denn Holz ist ein regional verfügbarer und nachwachsender Baustoff, der auf Grund seines geringen Gewichts und der kurzen Wege im Transport punktet und das ist, neben all den anderen Vorteilen, für das Gesamtbild ausschlaggebend.“ Für Flach ist der Standort Tirol ganz klar die Hochburg sowohl für Holzbau als auch für Energieeffizienz, weil an der Universität auf diesem Gebiet viel in Forschung und Entwicklung investiert und geleistet wird und das soll auch zukünftig so bleiben. „Ich gehe sogar soweit zu sagen, dass Tirol DIE Holzbau-Metropole ist, denn es gibt kaum einen anderen Standort, der über eine derart große Dichte an kompetenten Firmen und hochwertiger Holzproduktion verfügt und den europäischen Markt maßgebend beliefert.
Pilotprojekt arbeitet mit allen Werkzeugen der Nachhaltigkeit
Dem Holzbau in Tirol kann eine glatte „Eins“ ausgestellt werden, weil er die Anforderungen an die regionale Selbstversorgung und den Klimaschutz wie kein anderer erfüllt. Insbesondere die Frage der Unabhängigkeit von fossilen Energieversorgung kann nur über ganzheitliche Lösungsansätze beantwortet werden: Pilotprojekte wie das Projekt INTENSYS (Integriert geplante hocheffiziente Energie- und Gesellschaftssysteme für nachhaltige Lebensformen der Zukunft) geben Antwort auf die Fragen wie nachhaltiges Bauen, umweltbewusste Mobilität und soziale Nachhaltigkeit das Wohnen von morgen nachhaltiger und vor allem leistbar gestalten. Mit integrierter Planung, verdichteter (mehrgeschossiger) Bauweise, sorgfältiger Baustoffauswahl und Bauteiloptimierung in Verbindung mit Energieeffizienz und sozialer Integration sollte es gelingen, die CO2 Emissionen und den Energieverbrauch so zu senken, dass die Energieversorgung aus regionalen erneuerbaren Energieressourcen gedeckt werden kann. Das Forschungsprojekt INTENSYS soll nun als Pilotprojekt mit der Neuen Heimat Tirol in Absam, Tirol umgesetzt werden. Mit integrierten Siedlungsansätzen und kollektiven Versorgungseinrichtungen sollen Energieverbrauch und Kosten im Vergleich zu isolierten Wohnlösungen gesenkt werden. Neben ganzheitlichen Ansätzen lieferte das Forschungsprojekt innovative Lösungsansätze für flexible Raumkonzepte, kostengünstigere und hochwertigere Belüftungstechnologien und fassadenintegrierte Haustechnik. Die Resonanz seitens der Gemeinde, insbesondere des Bürgermeisters und der zukünftigen Bewohner und die Erwartung auf baldige Umsetzung ist äußerst positiv. Die erste Tranche der 94 Einheiten großen Wohnanlage ist gerade in der Einreichplanung, so dass die Ausschreibung noch 2011 erfolgen wird.
„Kluge Städte“ auf dem Vormarsch – Tirol beschreitet innovative Wege
Aufbauend auf die Erfahrung und die Erkenntnisse von INTENSYS startet nun eine weiteres noch ambitioniertes Forschungs- und Entwicklungsprojekt in Zusammenarbeit mit einer Tiroler Stadtgemeinde und der Universität Innsbruck: Die Stadt Wörgl hat gerade zusammen mit dem bewährten Forschungsteam um Professor Flach erfolgreich bei dem jüngsten Programm „Smart Energy Demo – FIT for SET“ des Klima- und Energiefonds der Bundesrepublik Österreich eingereicht. Ziel dieses Programms ist es Initiativen von Städten und Regionen zu unterstützen, die Pioniermaßnahmen ergreifen, um mit dem Einsatz nachhaltiger Energieproduktion die Treibhausgase radikal zu reduzieren. Mit der Initiative „Wörgl unsere Energie“ begab sich die Stadtregion schon vor einigen Jahren
auf den Weg zur energetischen Selbstversorgung. Das Projekt beinhaltet die Neustrukturierung der Südtiroler Siedlung und bildet damit die Grundlage für einen Stadtentwicklungsplan unter Berücksichtigung effizienter baulicher Maßnahmen, integrierter Energieversorgung, und nachhaltigen Verkehrs- und Gesellschaftskonzepten. Professor Flach freut sich schon auf diese anspruchsvolle Aufgabe, weil auch hier das Holz eine Schlüsselrolle in Bezug auf bauliche und energetische Maßnahmen spielen wird.