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STANDORT
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Vereinte Disziplinen: Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik
Thema: [MECHATRONIK TIROL]
MOBILITÄT
Historische Zukunftsaussichten für Verbrennungsmotoren
D
er Verbrennungsmotor, der in den letzten
einhundert Jahren die automobile Mobili-
tät ermöglicht hat, wird auch noch in den
kommenden Jahrzehnten eine immens wichtige
Rolle bei den motorisierten Fortbewegungsmitteln
spielen. Doch wohl nicht in der Art und Weise,
wie wir es bislang gewohnt waren – also rein auf
Benzin- und Dieselkraftstoffe beschränkt, sondern
vielmehr deutlich breiter auf verschiedene Energie-
träger aufgefächert. Dementsprechend wichtig auch
die laufenden und anstehenden Verbesserungen und
Verfeinerungen der klassischen Verbrennungsmoto-
ren – zum einen im Hinblick auf neue Kraftstoffarten,
zum anderen in der weiteren Steigerung der Effizienz
der Antriebsaggregate. Und, so ungewöhnlich es
klingt, es ist unter anderem auch „altes Wissen“, das
den Verbrennungsmotor fit für das dritte Jahrtausend
macht. Bestes Beispiel: Die Beimengung von Wasser
in den Verbrennungsvorgang von großen Dieselmo-
toren. „Green Bull Motors GmbH beschäftigt sich
seit zwei Jahren mit dieser bereits im 2. Weltkrieg in
Kampfflugzeugen eingesetzten Technologie“, erklärt
Hans Pirker, Geschäftsführer von Green Bull mit Sitz
in Reutte. Erste Machbarkeiten konnten mit dem
Initiativprogramm der Tiroler Zu-
kunftsstiftung geprüft werden, Ziel
ist es vor allem, den Treibstoffver-
brauch zu senken und gleichzeitig
die Emissionen, die Rußpartikel,
zu minimieren: „Durch Einspritzen
von Wasser in den Ansaugkanal
entsteht Verdunstungskälte, die die
Ladeluft weiter verdichtet. Je höher
die Dichte der Ladeluft, umso
höher der Sauerstoffgehalt. Je höher der Sauerstoff-
gehalt, umso besser die Verbrennung, je besser die
Verbrennung, umso niedriger die Verbrennungstem-
peratur und umso geringer der Treibstoffbedarf“,
erklärt Pirker die grundlegende Funktion der „Wasse-
reinspritzung“. Ein nützliches System, welches jedoch
lediglich bei größeren Motoren wirklich Sinn macht:
„Die Wassereinspritzung wird wahrscheinlich keine
breite Akzeptanz und Marktdurchringung erfahren
und auf großvolumige Dieselmotoren beschränkt
sein. Interessanter wird jedoch die Weiterentwicklung
mit einer Emulsionseinspritzung. Hier wird bewusst
ein Vorzünden bei Dieselmotoren mit dem Ölanteil
erzeugt. Diese Entwicklung steht erst am Anfang
und bedarf einer systematischen Weiterentwicklung,
Validierung und Variantenanpassung, bevor es zur
Vermarktung kommt. Green Bull hat letztes Jahr ein
Verfahrenspatent für diese zukunftsweisende Verbren-
nungstechnologie eingereicht.“
Doch auch für „kleine“ Verbrennungsmotoren – also
jenen im alltäglichen PKW- und LKW-Bereich – steht
historische Technologie für zeitgemäßen Einsatz zur
Verfügung: „Bereits Rudolf Diesel machte die ersten
Experimente mit seinen Verbrennungsmotoren auf
Pflanzenölbasis. Heutzutage können mit einem klei-
nen Aufwand ältere Dieselmotoren auf den Pflanzen-
ölbetrieb umgestellt werden. Neuere Fahrzeuge, wie
zum Beispiel Common Rail, sind ebenfalls umrüstbar,
müssen jedoch mit etwas mehr Aufwand exakter an
die Viskosität von Diesel angepasst werden, sonst
spielt die Regelelektronik in modernen Fahrzeugen
nicht mit“, erklärt Hans Pirker und sieht hierbei vor
allem einen großen ökologischen Vorteil: „Somit kön-
nen diesel-betriebene Fahrzeuge, Schiffe, Generato-
ren auf den Betrieb von Sojaöl, Rapsöl oder sogar auf
Frittieröl umgestellt werden. Der Vorteil gegenüber
Biodiesel liegt in einer wesentlich besseren Umweltbi-
lanz und einer dezentralen Energieversorgung.“
Von Ethanol aufwärts bieten Ener-
giepflanzen alternative Energiequel-
len für Verbrennungsmotoren – mit
unterschiedlichen Energiewerten.
So können ethanol-betriebene
Fahrzeuge mit dem Ertrag eines
Hektars Anbaufläche eine Reich-
weite von 24.000 Kilometern aus
Ethanol und zusätzlich nochmals
24.000 Kilometern aus Kuppel- und
Nebenprodukten gewonnenen
Biogas zurücklegen. Am oberen
Ende der Möglichkeiten steht die
ausschließliche Umwandlung der
Energiepflanzen in Biogas, welches
zu einer Reichweite von 80.000
Kilometern führen würde. Zum
Vergleich: Für diese Reichweite
wären rund 5200 Liter Diesel not-
wendig (Verbrauch 6,5 l/100 km.
Quelle: Eigene Berechnungen der
AEE nach FNR).
BIO-KRAFTSTOFFE
B
is zu 5000 Euro kann ein
innovationswilliges
Un-
ternehmen
bekommen
– entweder im Rahmen des In-
novationsschecks des FFG oder
im Initiativprogramm der Tiroler
Zukunftsstiftung. Formal ähnlich,
zeigen die beiden Programme
doch wesentliche Unterschiede.
Während der Innovationsscheck
es Unternehmen ermöglichen soll,
sich an Forschungseinrichtungen
zu wenden und je nach Bedarf de-
ren Leistungen mit dem Scheck zu
bezahlen, geht das Tiroler Initiativ-
programmeinenSchritt
weiter:DasProgramm, das sich ausschließlich
an Tiroler Unternehmen richtet,
soll nicht nur bezahlen, sondern
beim „Do-it-yourself“ unterstützen
– bei der Entwicklung von Innova-
tions- und Kooperationsprojekten
in der Initialphase, bei der Klä-
rung der Realisierungschancen
u.v.m. Nach dem Start im Jänner
2008 ist die Programmlinie rasch
intensiv genützt worden. 14 Pro-
jekte aus unterschiedlichen Tech-
nologiefeldern sind von Experten
positiv evaluiert, von der Tiroler
Zukunftsstiftung zur Förderung
bewilligt worden. Heuer sind Gel-
der zur Förderung von 30 Projek-
ten reserviert. ]
UNTERSTÜTZUNG
VON ANFANG AN
Mechatronik-Ausbildung. Peter Girstmair, Direktor der HTL Lienz, über Trends
in der Mechatronik-Ausbildung, Jobaussichten und den Schulenmix in Tirol.
Mit Mix gut aufgestellt
STANDORT:
Die Klassen der Priva-
ten HTL Lienz starteten in der Ver-
gangenheit immer mit voller Aus-
lastung – wie sieht es heute aus?
PETER GIRSTMAIR:
Im heurigen
Schuljahr hatten wir nochmal eine
enorme Steigerung. Pro Jahr star-
ten drei erste Klassen mit insgesamt
90 Plätzen, heuer hatten wir an die
140 Anmeldungen. Aus räumli-
chen Gründen können wir nicht
mehr aufnehmen. Ob sich daran
etwas ändern wird, hängt stark von
der demografischen Entwicklung
ab. Sollte sich am enormen Zulauf
nichts ändern, wird man sich sicher
etwas überlegen müssen. Heuer
hatte ich aber den Eindruck, dass
sich aufgrund der Krise der Trend
zur berufsbildenden Schule ver-
stärkt hat.
STANDORT:
Wie sieht es derzeit
mit den Jobchancen für Absolven-
ten aus?
GIRSTMAIR:
Vor der Wirtschaftskri-
se waren diese sensationell. Die Aus-
sichten sind immer noch gut, wenn
auch nicht mehr so ausgezeichnet
wie letztes Jahr. Wir bekommen
aber immer noch viele Anfragen
von Unternehmen.
STANDORT:
Die HTL kooperiert
mit Unternehmen?
GIRSTMAIR:
Mit Leitbetrieben vor
Ort wickeln wir gemeinsame Inge-
nieur- und Technikerprojekte ab,
es gibt aber auch Kooperationen
über Osttirol hinaus. Heuer absol-
vierten wir zum dritten Mal ein Ent-
wicklungshilfeprojekt in Tansania,
wo wir Fotovoltaikanlagen bauen.
STANDORT:
Die HTL Lienz war
doch eine der ersten Schulen Tirols
mit Schwerpunkt Mechatronik?
GIRSTMAIR:
Wenn man es ganz
genau nimmt, sind wir überhaupt
die einzige.
(lacht)
2003 sind wir
auf den Schwerpunkt Mechatro-
nik umgestiegen und sind nun
die HTL für Mechatronik. Andere
HTLs haben Mechatronik als Ver-
tiefung in den höheren Klassen
– bei uns zieht sich die Ausbildung
durch alle Schuljahre durch. In Ti-
rol sind wir mit den HTLs und ih-
ren verschiedenen Ausrichtungen
aber sehr gut aufgestellt, da passt
der Mix. Dass nun auch auf dem
HTL-Level aufbauende Mechatro-
nik-Studien installiert wurden, fin-
de ich toll.
STANDORT:
Inwieweit trägt die
HTL Ihrer Meinung nach zur regi-
onalen Entwicklung bei?
GIRSTMAIR:
Bei Betriebsansiedlun-
gen ist merkbar, dass die Schule
sehr wohl ein Argument ist, weil es
vor Ort gut augebildete Leute gibt.
Das ist ein Punkt, der Ansiedlun-
gen durchaus begünstigt. ]
Peter Girstmair. Direktor der HTL Lienz.
M
an hat seine Hausaufgaben
gemacht und die Zeichen der
Zeit erkannt:
Zur langfristigen Sicher-
stellung des Unternehmenserfolgs
verstärkt das Lienzer Unternehmen
Durst Phototechnik Technology GmbH
seine Aktivitäten im Bereich Forschung
& Entwicklung (F&E). Durch die
Errichtung und Inbetriebnahme eines
Forschungszentrums in Lienz will man
den Unternehmensstandort langfristig
sichern. Die Tiroler Zukunftsstiftung
unterstützt das Vorhaben durch eine
Anschlussförderung zum FFG-Basispro-
gramm. Das F&E Inkjet Kompetenz-
zentrum in Lienz ist zentraler Bestand-
teil des Vorhabens. Hier werden zum
Bedrucken unterschiedlichster Materia-
lien neue Applikationen im industriellen
Tintenstrahldruck entwickelt.
TECHNIK
Dingfest. Offizielle Unterzeichnung des
Fördervertrags für ein Forschungsprojekt
im Rahmen der Fachtagung „Innovatives
Osttirol“ in Lienz.
Sicher mit
Forschung
Der Begriff Mechatronik entstand Ende der 1960er Jahre in Japan und bezeichnete den Einsatz von
Mikroprozessoren zur Anlagensteuerung. Heute umfasst der Begriff viel mehr. Laut Brockhaus-Definition ist
Mechatronik ein „interdisziplinäres Gebiet der Ingenieurwissenschaften, das auf Maschinenbau, Elektrotech-
nik und Informatik aufbaut. Im Vordergrund steht die Ergänzung und Erweiterung mechanischer Systeme
durch Sensoren und Mikrorechner zur Realisierung teil-intelligenter Produkte und Systeme.“
Foto: Zukunftsstiftung
Foto: Friedle
Fotos: Green Bull
Hans Pirker,
GF Green Bull