STANDORT:
Was versteht man un-
ter Ecodesign?
WOLFGANG WIMMER:
Eigent-
lich viel zu viel. Für uns ist die Ent-
wicklung ökointelligenter Produkte
ein kontinuierlicher Prozess, der nie
aufhört. Was ist nun ein ökointelli-
gentes Produkt? Ein Produkt, das
bei einem minimalen Einsatz von
Ressourcen und minimaler Umwelt-
belastung einen maximalen Nutzen
stiftet. Nicht ökointelligent ist, wenn
man Ressourcen im Übermaß ein-
setzt, Bedürfnisse befriedigt, die vor-
her erst geweckt werden müssen.
STANDORT:
Was bringen einem
Unternehmen ökointelligente Pro-
dukte?
WIMMER:
Unternehmen haben
mehrere Vorteile – sie setzen weni-
ger Ressourcen und Energie ein, sie
bieten den Kunden noch optimier-
tere Lösungen an, sie bereiten sich
entsprechend auf zukünftige Anfor-
derungen vor. Denn was bedeutet es
für Unternehmen, wenn die Ener-
giepreise plötzlich steigen, wie be-
einflusst es das Geschäft? Oder: Wie
nachgefragt sind in so einem Fall
Produkte, die extrem viel Energie
verbrauchen? Schlussendlich geht
es immer darum, mit ökointelligen-
ten Produkten Wettbewerbsvorteile
zu erzielen. Denn: Die Betrachtung
aus der Umweltperspektive ist im-
mer wieder der Keim für Produkt-
innovationen.
STANDORT:
Wie kommt man zu
ökointelligenten Produkten?
WIMMER:
Zuerst muss man erken-
nen, wo das Unternehmen eigent-
lich steht – die Situationsanalyse: Wo
drückt der Schuh aus Umweltsicht,
wie verletzlich ist in stürmischen
Zeiten mein Geschäftsmodell, wo
kann ich Ansatzpunkte finden, mit
ökointelligenten Produkten Wett-
bewerbsvorteile zu erzielen? Es folgt
die Strategieentwicklung und dann
die Umsetzung – das alles muss auch
kommuniziert werden.
STANDORT:
Gerade bei KMU
heißt es oft, das kann man sich nicht
leisten. Was antworten Sie darauf?
WIMMER:
Das andere aber auch
nicht mehr lange. Ökointelligente
Produkte sind nicht teurer und es
kann viel bringen, wenn man sich
mit diesem Thema auseinander-
setzt. Wenn ich ein Unternehmen
bin, das viel Wärme braucht und
komplett von fossilen Energieträ-
gern abhängig ist, dann ist das mitt-
lerweile sehr riskant. Aber wie wäre
es z. B., wenn der Wirtschaftsstand-
ort Tirol sagen könnte, was 2015 die
Energie kosten würde – das wäre ein
Wettbewerbsvorteil. Das sind Poten-
tiale und Chancen, die man sich als
Wirtschaftsstandort sichern muss.
STANDORT:
Die EU hat 2009 die
Ecodesign-Richtlinie verabschiedet.
WIMMER:
Richtig. Als erste Richtli-
nie drängt sie Produkte vom Markt,
welche diese Anforderungen nicht
erfüllen. Denn ohne CE-Kennzeich-
nung gibt es keine Vermarktung
innerhalb der EU mehr, das ist ein
enormer Hebel. Zukunftsfähige
Unternehmen warten aber nicht
darauf, dass sie Umweltauflagen
drängen, aktiv zu werden. Zukunfts-
fähige Unternehmen nehmen
selber die Fahne in die Hand und
gehen die Herausforderungen der
Zukunft proaktiv an – lange bevor
sie dazu gezwungen werden. ]
Interview. Der Ecodesign-Experte Wolfgang Wimmer über die Vorteile von öko-
intelligenten Produkten und die Chancen, die sie für Unternehmen bringen können.
Wolfgang Wimmer: „Ökointelligente Produkte sind nicht teurer als andere Produkte.“
„Immer wieder ein
Keim für Innovation“
Standort
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STANDORT 04|10
[ Thema: Inhalt ]
Die Vorteile und Chancen von ökointelli-
genten Produkten
STANDORT
[ zukunftsstiftung ] : [ erneuerbare energien ] [ informationstechnologien ] [ life sciences ] [ mechatronik ] [ wellness ] : [ forschung ] [ wirtschaft ]
Erneuerbare Energien
Seite 3
[ Thema: Impressum ]
STANDORT. Aktuelle Nachrichten der Tiroler
Zukunftsstiftung (TZS) und ihrer Clusterinitia-
tiven. Ausgabe 0410 | Herausgeber: Tiroler
Zukunftsstiftung – Standortagentur des Landes
Tirol. Kaiserjägerstraße 4a, 6020 Innsbruck|
Verleger: ECHO Zeitschriften- u. Verlags
GmbH | Redaktion: Andreas Hauser, Gernot
Zimmermann | Fotos: Andreas Friedle| Lay-
out: Thomas Binder, Armin Muigg | Druck:
Alpina
3 2
1
4 5 6 7 8
N
r. 7.
| Jg. 02
AKTUELLE NACHRICHTEN DER TIROLER ZUKUNFTSSTIFTUNG
EU-Parlamentarier Herbert Reul über die
Trends der europäischen Forschungspolitik
Foto: Stefan Knittel
Der SOLWING T – das neue Produkt
des Solarpioniers Franz Hilber
Der J920 – die jüngste Entwicklung der
Jenbacher Gasmotorensparte von GE
Mechatronik
Seite 4
Mit permanenter Forschungsinnovation
behauptet sich Tyrolit am Weltmarkt
Die J. Zimmer Maschinenbau GmbH ist
Weltmarktführer bei Teppichdruckmaschinen
Informationstechnologie
Seite 5
Die Forschungsgruppe DBIS beschäftigt
sich mit einem selbstlernenden System
Das ART bildet erstmals Lehrlinge im
Bereich Informationstechnologie aus
Wellness
Seite 6
Leo A. Nefiodow: der Gesundheitsmarkt
als wirtschaftliche Wachstumslokomotive
Ein Stubenmacher geht völlig neue Wege
bei seiner Definition der Tiroler Stube
Life Sciences
Seite 7
Innsbrucker Wissenschaftler erforschen
altersbedingte Erkrankungen
Statine aktivieren das menschliche Immun-
system gegen Krebs
Gesetz für Technologiekurs
[ ZUKUNFTSSTIFTUNG ]
A
npassungen hat das Tiroler Landesgesetz für den öffentlich-rechtlichen Fonds Tiroler Zukunftsstif-
tung in den letzten Jahren öfter erfahren. Zum Beispiel zu Anlässen, zu denen die Einrichtung mit
neuen Aufgaben betraut worden ist: 2004, als die Zukunftsstiftung mit der Integration des Tech Tirol
zum Betriebsansiedler wurde. 2007, als die Zukunftsstiftung im Zuge des Dachmarkenprozesses kon-
sequent das – Auslandsinvestitionen vorgelagerte – Marketing für den Wirtschaftsstandort übernommen
hat. Und sich damit mehr und mehr zur Standortagentur wandelte. Jetzt hat der Tiroler Landtag eine
umfassende Gesetzesnovelle verabschiedet. Das neue Gesetz verankert wesentliche Aufgaben – wie
jene des Wirtschafts- und neu auch Wissenschaftsstandortmarketings – nun ausdrücklich. Ganz neue,
explizite Aufgaben sollen Tirol auf Technologiekurs halten. Zu diesen zählt einmal „die Beratung, Vorbereitung der Abwicklung und
laufende Begleitung für Förderungsmaßnahmen im Bereich der Wirtschaftsförderung des Landes Tirol“. Hier bündelt man Kräfte
und betraut die Zukunftsstiftung mit der inhaltlichen Unterstützung der heimischen Betriebe, während das Land die Mittelvergabe
koordiniert. Zu den Aufgaben zählt aber auch die neue „Unterstützung bei der Anbahnung und Ausarbeitung von Anträgen zu
Bundesprogrammen und EU-Forschungs- und Technologieprogrammen sowie die Hilfestellung und Begleitung in der Durchfüh-
rungsphase“ seitens der designierten „Standortagentur Tirol“: Bei Technologieinvestitionen sollen Tiroler Unternehmen zuständige
Bundesstellen und die EU stärker in die Pflicht nehmen.
ADLER FÖRDERN
D
ie Tiroler Adlerrunde – ein Verein
von 32 Tiroler Top Unternehmen
– präsentiert ihre neue Initiative für die
heimische Wirtschaft: einen mit 520.000
Euro dotierten Start-up-Fonds für Tiroler
Jungunternehmer. Damit sollen künftig
Start-ups unterstützt und mit einer für
weitere Kreditvergaben notwendigen
Eigenmittelunterlegung ausgestattet wer-
den. Die Initiative richtet sich an KMUs
mit Sitz in Tirol, die sich entweder in
Gründung befinden oder jedenfalls nicht
länger als fünf Jahre am Markt sind. Die
in Frage kommenden Projekte werden
von der Tiroler Zukunftsstiftung auf ihre
Machbarkeit hin geprüft und vorselektiert
– die Entscheidung über die Beteiligung
treffen die Mitglieder der Adlerrunde.
D
ie Intensität
von For-
schung und Ent-
wicklung gibt mit
Auskunft über die
Innovationskraft
eines Landes. Ich
möchte deshalb
auch einmal an die
Tiroler Unternehmen appellieren, sämtli-
che Einrichtungen des Landes zu nützen.
Von den universitären Forschungsstätten
über gezielte Incentives – etwa der
Zukunftsstiftung – bis hin zu den Förder-
angeboten im technologischen Bereich
besteht ein breites Angebot, das von den
Betrieben noch viel stärker in Anspruch
genommen werden könnte. Eine gezielte
Bündelung dieser Einrichtung wäre
allerdings eine wichtige Aufgabe. Diese
Infrastrukturen und Netzwerke bis hin
nach Brüssel sollten Innovationen be-
gleiten und zu neuen Impulsen anregen.
Gleichzeitig aber muss ich feststellen, dass
weder besondere Leistungen und schon
gar nicht der Gründergeist verordnet
und verwaltet werden können, weil sie
letztlich das Resultat von Schaffenskraft
aus eigenem Antrieb sind. Die meisten
Ideen für Neuerungen, Wachstum und
Fortschritt gehen von unternehmerischen
Einzelentscheidungen aus. Die großen
Gründer der Tiroler Industrie haben
durch ihre Schöpferkraft, durch ihren
Forschungseifer und Erfindergeist für
einen nachhaltigen Wohlstand im ganzen
Land gesorgt. Das Abenteuer Technik
hatte in Tirol schon viele Sternstunden.
Die innovativen Technologieführer und
Leitbetriebe sind lebender Beweis. Um
ihre Erfolge weiterzuschreiben, benötigt
die Tiroler Industrie weiterhin zündende
Ideen technischer Ausrichtung. Mit den
IV-Tirol-Initiativen „Nobelpreisträger
zum Anfassen“ und „Industriepreis für
Lehrerinnen und Lehrer“ will man diesen
schöpferischen Geist wecken und auch
die Angst vor Technik nehmen.
Weiterhin
zündende Ideen
GASTKOMMENTAR
”
Dr. Reinhard Schretter
Präsident der Industriellenvereinigung Tirol
Foto: IV Tirol
PROGNOSEN
F
ossile Energieressourcen werden
knapper und die bisherige Form
der Energieversorgung gefährdet das
Klima. Vor diesem Hintergrund sind die
künftige Energieversorgung sowie ihre
Umweltverträglichkeit die führenden
Themen in Technologieprognosen rund
um den Globus. Dies ist ein Ergebnis
der Meta-Analyse „Technologieprogno-
sen. Internationaler Vergleich 2010“. Die
neueste Studie der Zukünftige Techno-
logien Consulting der VDI Technologie-
zentrum GmbH bietet eine Übersicht
über aktuelle Technologieprognosen
aus Frankreich, Indien, Japan, Spanien,
Großbritannien und den USA und ist
kostenfrei zu beziehen. Infos unter
www.zukuenftigetechnologien.de.Ao. Univ. Prof. DI Dr. Wolfgang Wim-
mer lehrt an der TU Wien, betreibt den
Österreichischen Ecodesign Informati-
onsknoten und ist seit 2005 Geschäfts-
führer der ECODESIGN company.
Foto: Tiroler Zukunftsstiftung