STANDORT:
Erfolg ist ein sehr
weiter Begriff, beschränken wir uns
hier auf unternehmerischen Erfolg.
Was zeichnet diesen aus?
KONRAD PAUL LIESSMANN:
Wenn ich spitz antworten darf: Un-
ternehmerischer Erfolg zeichnet
sich dadurch aus, dass er nicht nur
auf das Unternehmen beschränkt
ist. Natürlich ist der Gewinn die Ba-
sis des Erfolges. Aber es kommen
noch zahlreiche andere Aspekte
dazu: die Einbindung und Entwick-
lungspotenziale der Mitarbeiter und
ihre Zufriedenheit, die Rücksicht
auf die Umwelt, die Wahrnehmung
der Verantwortung gegenüber der
Gesellschaft, nicht zuletzt die Fähig-
keit, in langfristigen Perspektiven
für das Unternehmen zu denken.
Kurzfristiger Erfolg ist kein Erfolg.
STANDORT:
Was macht ein Unter-
nehmen nachhaltig erfolgreich?
LIESSMANN:
Nachhaltig wirken
Strategien, Produktions- und Ver-
triebsformen, die nicht auf kurz
fristigem
Ressourcenverbrauch
beruhen; nachhaltig wirken Pro-
dukte, die entweder selbst die Dau-
er zu ihrer Qualität zählen oder die
ein großes Entwicklungspotenzial
haben; nachhaltig wirkt eine
Unternehmenspolitik, die das Un-
ternehmen nach innen und nach
außen als Element einer größeren
sozialen Einheit sieht; nachhaltig
wirken Innovationen, die Zukunft
antizipieren.
STANDORT:
Wird unternehme-
rischer Erfolg heute anders defi-
niert als vor 100 Jahren?
LIESSMANN:
Ja und nein. In der
ersten Phase nach der Gründerzeit
war erfolgreich, wer die Tendenzen
der Industrialisierung erkannte,
sich behaupten konnte und den An-
schluss an die neuen Technologien
nicht verpasste. Das ist heute ähn-
lich. Das Wohl der Mitarbeiter, der
Umweltschutz oder die Nachhaltig-
keit spielten sicher eine geringere
Rolle als heute. Andererseits war
das Bewusstsein der Unternehmer,
eine gesellschaftliche und kultu-
relle Verantwortung zu tragen, viel-
leicht größer, und es gehörte zum
Selbstverständnis des Erfolges, dazu
etwas beizutragen; es ging nicht nur
um das schnelle Geld.
STANDORT:
Im Sport wird oft der
Begriff „Achtungserfolg“ verwen-
det. Gibt es einen solchen auch in
der Wirtschaft?
LIESSMANN:
Im Sport, im Spiel
ist der Achtungserfolg eine eh-
renvolle Niederlage. Der Markt ist
letztlich jedoch unerbittlich. Aber
man könnte bei einem Produkt,
das sich zwar nicht so verkauft, wie
es vielleicht prognostiziert worden
war, aber doch mit Gewinn abge-
setzt werden kann, von einem Ach-
tungserfolg sprechen – dafür gibt es
dann das Wort „respektabel“.
STANDORT:
Zum Abschluss eine
persönliche Frage: Sind Sie ein er-
folgreicher Philosoph? Wenn ja,
warum?
LIESSMANN:
Wenn man auch
einen Philosophen nach quanti-
tativen Kriterien – etwa Verkaufs-
zahlen von Büchern, Publikations-
listen oder Medienpräsenz – misst,
bin ich vielleicht nicht ganz erfolg-
los. Dieser Begriff von Erfolg ist
aber der Philosophie, wie der Wis-
senschaft überhaupt, doch ziemlich
unangemessen. Denn hier geht es
doch letztlich darum, etwas zu er-
kennen und zu verstehen – und ob
man dabei erfolgreich ist, kann oft
überhaupt erst die Nachwelt ent-
scheiden. ]
Der Philosoph Konrad Paul Liessmann über die Frage, was unternehmerischen
Erfolg auszeichnet und wie sich dieser im Laufe der Zeit geändert hat.
Kurzfristiger Erfolg
ist kein Erfolg
Standort
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STANDORT 04|12
[ Thema: Inhalt ]
Konrad Paul Liessmann erklärt, warum
kurzfristiger Erfolg kein Erfolg ist
standort
[ standortagentur ] : [ erneuerbare energien ] [ informationstechnologien ] [ life sciences ] [ mechatronik ] [ wellness ] : [ forschung ] [ wirtschaft ]
Erneuerbare Energien
Seite 3
[ Thema: Impressum ]
STANDORT. Aktuelle Nachrichten
der Standortagentur Tirol und ihrer
Clusterinitiativen. Ausgabe 04|12
Herausgeber: Standortagentur Tirol,
Ing.-Etzel-Straße 17, 6020 Innsbruck
Verleger: ECHOZeitschriften- u. Verlags
GmbH | Redaktion: Andreas Hauser,
Hugo Huber, Gernot Zimmermann
Fotos: Andreas Friedle| Layout: Thomas
Binder, Armin Muigg | Druck: Alpina
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Nr. 15 | Jg. 04
aktuelle nachrichten der STANDORTAGENTUR TIROL
Harald Gohm bilanziert 15 Jahre Standort
agentur: „Vom Fördergeber zum Glücksbringer“
Foto: Friedle
BIO4GAS Express baut hocheffiziente
und kostengünstige Klein-Biogasanlagen
Rainer Krißmer (Energy Consultants) über
Gesamtenergie-Konzepte für Gewerbebetriebe
Mechatronik
Seite 4
Eine neuartige Windkraftanlage steht auf
natürlich gewachsenen Rundhölzern
Falkner Maschinenbau entwickelt eine
neuartige Pelletiermaschine
Informationstechnologie
Seite 5
Otto Lederer von IBM Innsbruck über
die Software-Lösung Tivoli Endpoint Manager
Das HyCaT-System sorgt für mehr
Sicherheit von Pflegeheimbewohnern
Wellness
Seite 6
Michaela Thaler über mögliche Entwick-
lungen im Wellness-Bereich
Innovative Wasserversorgung und
-entsorgungfür hochalpine Lagen
Life Sciences
Seite 7
Über die Chancen heimischer Medtech-
Unternehmen in der Schweiz
ADSI – zwischen akademischer Grund
lagenforschung und Oncotyrol
„Gleitende“ Sportinnovation
[ Forschungsstandort ]
S
ekundenbruchteile entscheiden über Sieg oder Niederlage. Neben der sportlichen Leistung
ist die Beschaffenheit von Sportgeräten, insbesondere ihr Gleitreibungsverhalten auf Eis und
Schnee, ein ausschlaggebender Faktor für die Schnelligkeit. Ein neues, von Forschern der Uni Inns-
bruck mit Sportverbänden und Unternehmen (u.a. Kneissl Tirol, HTM Sport, Wintersteiger, KochAl-
pin, AST Eis- u. Solartechnik, Isosport und HWK Skiwachse) entwickeltes Messgerät macht es künftig
möglich, die Reibung zwischen Eis und Schnee und diversen Materialien wie Kufen, Skibelägen oder
Fellen genau zu untersuchen. Mit dem im Zuge des K-Regio Projekts „Alpine Sporttechnologie: Glei-
ten auf Schnee und Eis” errichteten Tribometer am Technologiezentrum Ski- und Alpinsport (TSA)
bricht eine neue Ära für wissenschaftliche Studien auf diesem Gebiet an: Die rund 27 Meter lange
Mess-Anlage ermöglicht Labormessungen unter exakt definierten Bedingungen bei Geschwindig-
keiten bis zu 100 km/h. „Im ÖSV ist Forschung und Entwicklung immer schon ein zentrales Thema
gewesen. In unseren Sportarten ist Gleiten ein enorm wichtiger Faktor und bildet die Voraussetzung
für den Erfolg. Ich bin glücklich, dass unsere Experten in Zusammenarbeit mit der Wissenschaft im
Rahmen des K-Regio Projektes nun eine Möglichkeit gefunden haben, das Gleitreibungsverhalten zu
messen“, erklärte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel bei der Eröffnung des Tribometers.
MOTOR F&E
F
&E-Unternehmen sind krisenfester,
wachsen schneller und schaffen
mehr Jobs als andere – zu diesem
Schluss kommt eine aktuelle Studie
des Österreichischen Instituts für
Wirtschaftsforschung (WIFO). In den
vergangenen drei Jahren wurden dazu
über 600 Unternehmen untersucht.
Demnach erhöhen Unternehmen, die
mehr als fünf Prozent ihres Umsatzes
für F&E ausgeben, ihre Beschäftig-
tenzahl im Schnitt um mehr als vier
Prozent pro Jahr. Besonders positiv
ist dieser Trend bei den untersuchten
forschungs- und technologieorien-
tierten Start-Ups, deren Beschäftigten-
zahl jährlich sogar um fast 30 Prozent
wächst.
E
s ist erstaun-
lich, wie
viele gebildete
Menschen nicht
verstehen, dass
ein Finanzsystem,
das vor 150
Jahren für 1,1 Mil-
liarden Menschen
erfunden wurde, für eine Welt von über
sieben Milliarden Menschen adaptiert
werden muss.
Es ist noch verblüffender, wie viele
führende Experten nach wie vor daran
festhalten, dass externe Auswirkungen
wie Klimaveränderung nicht ins Marktsys
tem internalisiert werden müssen.
Eine neue Art von Investoren –
Impact Investoren – akzeptieren diesen
Status Quo nicht mehr. Sie bestehen
darauf, dass ihre Investments nachweis-
bare positive ökologische oder soziale
Auswirkungen haben. Impact Investoren
sind zur Zeit vor allem erfolgreiche
Unternehmer und innovative Stiftungen
wie die „KL Felicitas Foundation“. Das
neue internationale Impact Inves
tor Netzwerk „Toniic“ vereint diese
Investoren global. Innovative Capacity
Building Organisationen wie „Social-
Impact International“ bieten Sozial
unternehmern Training, Mentoring so-
wie Zugang zu Kapital. Neue finanzielle
Produkte wie „Social-Impact Bonds“
knüpfen den Gewinn der Investoren
erstmals direkt an gesellschaftliche Ziele.
Es ist nun an der Zeit, dass die Treu-
händer von Pensionsfonds und anderen
institutionellen Anlegern den visionären
Impact Investoren folgen. Sie sind ja
dafür verantwortlich, Krisen – wie die
Zerstörung von Kapital – zu verhindern.
Die Gesellschaft kann nicht erlauben,
dass sie wie Lemminge dem Status Quo
folgen, der voraussehbar in die Katastro-
phe führt.
Innovation im
Finanzsektor
Gastkommentar
Dr. Dipl-Ing. Charly Kleissner
Co-Founder KL Felicitas Foundation
Co-Founder Toniic
Co-Founder Social-Impact International
zwei neue fonds
D
er Frühphasenfinanzierung geht
aufgrund des Rückzugs privater
Investoren das Kapital aus, auch wenn es
derzeit keine Kreditklemme in Öster-
reich gibt. Es fehlt aber Geld, um junge
innovative und technologieorientierte
KMU zu finanzieren. Das sind die
zentralen Ergebnisse einer neuen Studie,
die im Auftrag des Wirtschaftsministeri-
ums und der Austria Wirtschaftsservice
GmbH (aws) erstellt wurde. Um neue
Ideen stärker zum Durchbruch zu
verhelfen, sollen schon ab 2013 im Rah-
men einer Jungunternehmeroffensive
über zwei neue Fonds (Gründerfonds
und Business Angel Fund) zusätzlich 110
Millionen Euro an Investitionskraft zur
Verfügung stehen.
Foto: Lechner
Konrad Paul Liessmann, geboren
1953 in Villach, ist Professor am In-
stitut für Philosophie der Universität
Wien, zudem ist er Essayist, Litera-
turkritiker und Kulturpublizist. Zu-
letzt erschienen: Lob der Grenze
– Kritik der politischen Unterschei-
dungskraft (Zsolnay). Liessmann
referiert auch am 10. Tiroler Inno-
vationstag.
Zur Person
Foto: Privat