Tätigkeitsbericht 2017 - Standortagentur Tirol

15 Seitentitel Was bedeutet Digitalisierung für ein Unternehmen? Franz Unterluggauer: Das wichtigste Thema sind neue Produkte und Dienstleistungen. In diesem Bereich spielt die Geschäftsmodell- entwicklung eine wichtige Rolle, vor allem aber benötigt es eine nach- vollziehbare Road Map, eine Strategie statt einer Einzelmaßnahme. Das betrifft Prozesse und Strukturen im Unternehmen sowie die Qua- lifizierung der Mitarbeiter. Digitalisierung als ganzheitlicher Prozess im Unternehmen? Franz Unterluggauer: Ja. In den letzten Jahren und Jahrzehnten wurde im Bereich der Fertigung viel optimiert und in Automatisierung investiert. Jetzt folgt die Verknüpfung mit vor- und nachgelagerten Bereichen. Vorgelagert sind Forschung und Entwicklung, Innovati- onsprozesse sowie die Einbindung der Lieferanten, nachgelagert sind Kunden, deren Feedback und Know-how. Es geht darum, den gesam- ten Produktlebenszyklus mitzudenken, nicht nur einzelne Teile. So ein Product-Lifecycle-Management spielt etwa im Bauwesen eine immer wichtigere Rolle: Man muss nach vielen Jahren digital nachvollziehen können, welche Baustoffe mit welchen Inhaltsstoffen verwendet wur- den und aus welcher Charge sie stammen. Ähnliches gilt für Großmo- torenhersteller wie GE: Das Wissen um Kosten und Aufwand für In- standhaltung und Wartung der Motoren ist wichtig, damit es schon im Entwicklungsprozess eingeplant werden kann. Gibt es auch Beispiele abseits klassischer Produktionsprozesse? Franz Unterluggauer: Da wäre etwa HerzMobil Tirol, mit dem ein medizinisches Monitoringsystem aufgebaut wird. Damit werden an Herzinsuffizienz leidende Menschen dezentral überwacht, mit mobi- len Devices wird der Status der Patienten gemessen und online über- tragen, ein Experte kontrolliert die Daten. Sind diese nicht mehr im Normbereich, kann interveniert werden. Das führt zu einer besseren Betreuung der Patienten, vermeidet lebensbedrohliche Situationen und auch Kosten. Gibt es im Bereich der Digitalisierung spezielle Herausforderun- gen für Unternehmen? Franz Unterluggauer: Die spezielle Herausforderung ist sicher die Beschäftigung mit Technologien; dass man zwischen Hypes und Trends unterscheidet; dass man nicht nur neue Technologien im Haus hat, sondern auch an der Schraube der Organisations- und Unternehmens- kultur dreht. Das bedeutet, nicht nur in Technologie zu investieren, sondern auch die Mitarbeiter durch Qualifizierung einzubinden, ihnen das Pouvoir zu geben, eigene Entscheidungen zu treffen und über den Arbeitstellerand zu schauen, um eventuell Fehler zu finden, die man mit neuen Methoden vermeiden könnte. Die Fachhochschule Kufstein hat in einer Studie zu Augmented Reality den Produktionszyklus eines Verpackungsunternehmens untersucht. In dessen Rüstprozessen pas- sierten viele Fehler, durch neue Methoden der Digitalisierung konnte man den Prozess des Maschinenrüstens standardisieren und vom Jus- tieren trennen. Dadurch kann man im Vorfeld mit Hilfe von Augmen- ted Reality schulen und es kommt zu weniger Fehlern. Anfang 2018 ging digital.tirol online. Was bietet diese Plattform? Franz Unterluggauer: Die Digitalisierung hat eine breite Zielgrup- pe, für uns stehen in erster Linie Unternehmen, Wirtschaft und Wis- senschaft im Vordergrund. Dementsprechend ist die Plattform aufge- baut. Wir wollen mit konkreten Beispielen aus Tirol die Digitalisierung greifbar machen. Über die Plattform kann man sich bezüglich Ange- boten der Wirtschaftskammer, der Fachgruppe UBIT, der Industriel- lenvereinigung und der Standortagentur Tirol informieren, Schwer- punkte abrufen und Events finden. Das Angebot wird weiter ausgebaut werden z.B. in Richtung gemeinsamer Qualifizierungsangebote. Wie schauen die Pläne für 2018 aus? Franz Unterluggauer: Das medial sichtbarste Element im Land ist sicher die 150 Millionen-Euro-Investition für die Digitalisierungsiniti- ative, 50 Millionen davon fließen in den Ausbau des Breitbands. Anfang des Jahres gab es in Innsbruck einen Piloten im Bereich 5G – bis zur Umsetzung braucht es noch einen längeren Atem, es geht aber darum, erste Pilotregionen aufzubauen z.B. imUmfeld der Nordischen Ski WM 2019 in Seefeld. Ein zweites Thema sind die Förderungen für Leucht- turmprojekte. Ein solches könnte „Der digitale Weg zum Gast“ werden – das Zeitfenster sehe ich sehr positiv. Der Impuls dazu kam 2016/17 aus den Clustern: TVBs, die Tirol Werbung, IT-Dienstleister und Tou- ristiker wollen das Buchungsverhalten auf Plattformen auswerten, um besser auf die Gäste und deren Bedürfnisse eingehen zu können. Franz Unterluggauer vom Cluster IT Tirol über Digitalisierung als ganzheitlicher Prozess für Unternehmen sowie die Plattform digital.tirol. Neues Denken

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