

STANDORT:
Wo liegen Ihrer Mei-
nung nach die größten Herausfor-
derungen für die Elektromobilität?
KURT SIGL:
In den letzten Mona-
ten wurde eines immer deutlicher:
Die Elektromobilität ist bereit für
den Endkunden. Die Produkt-Pa-
lette der deutschen Automobilher-
steller sowie der zahlreichen Impor-
teure und der weiterhin boomende
Elektrozweirad-Bereich mit e-Bikes,
Pedelecs und e-Motorrädern zeigen
deutlich, dass nachhaltige Antriebs-
konzepte unser Mobilitätsverhal-
ten zunehmend prägen werden.
Neben den bereits vorhandenen
Serien-Elektrofahrzeugen von u.a.
Mitsubishi, Renault, Nissan, Tes-
la und Opel gibt es nun endlich
auch die ersten deutschen Elektro-
autos – darunter auch den e-Golf.
Hinzu kommen fallende Kosten
für Lithium-Ionen-Akkus und eine
stetig wachsende Ladesäulen-Infra-
struktur. Alles in allem ist 2014 ein
gutes Jahr für die Neue Mobilität,
das positive Signale an die gesamte
Branche sendet.
STANDORT:
Wie schaut es mit Fra-
gen der Infrastruktur aus?
SIGL:
Kommunen und Gemeinden
können parallel dazu eine wichtige
Rolle einnehmen, wenn es darum
geht, Elektromobilität als realis-
tische Mobilitätsalternative auf die
Straße zu bringen. Der Ausbau der
Ladeinfrastruktur allein wird nicht
dazu führen, die gesteckten Ziele
zu erfüllen. Sehr viel weitreichen-
dere Pakete an monetären und
nicht-monetären Maßnahmen, die
sinnvoll ineinandergreifen und die
in der Summe die notwendige Dy-
namik entfachen, sollten auf Kom-
munal-, Landes- und Bundesebene
initiiert werden. Bei der konkreten
inhaltlichen Ausgestaltung kommt
es wesentlich darauf an, alle rele-
vanten Akteure aus Wirtschaft, Po-
litik und Verbänden mit einzubezie-
hen.
STANDORT:
Wie kann man Men-
schen für e-Fahrzeuge begeistern?
SIGL:
Da gibt es eine Vielzahl von
Möglichkeiten. Mit der Einfüh-
rung von elektrischen Carsharing-
Angeboten, wie es etwa Citroën
mit Multicity in Berlin macht, oder
dem Einsatz von Elektro-Bussen im
öffentlichen Nahverkehr kommen
die Endkunden einfach und direkt
mit dem Thema Elektromobilität
in Berührung. Aber auch in vielen
Urlaubsregionen passiert hier viel:
So gibt es immer mehr Elektrofahr-
rad-Verleihstationen inklusive der
passenden Ladestationen entlang
beliebter Fahrradrouten sowie Ho-
tels, die den Transfer ihrer Gäste
mit Elektroautos ermöglichen. Ich
persönlich bin ein großer Fan von
Familien-Events, bei denen es ne-
ben Musik und gutem Essen auch
die Möglichkeit von Probefahrten
gibt.
STANDORT:
Die Tiroler Wirt-
schaft wird von KMUs dominiert.
Wie können sich diese einbringen?
SIGL:
Der Mittelstand macht ein-
drucksvoll vor, wie es geht. Und das
nicht nur in Sachen Elektrofahr-
zeuge. KMUs entlang der gesamten
Wertschöpfungskette arbeiten mit
Hochdruck an den verschiedensten
Komponenten für den Wachstums-
markt Elektromobilität – von La-
deinfrastrukturlösungen über An-
triebssysteme bis hin zu innovativen
Vermietstationen. ]
Kurt Sigl, Präsident Bundesverband eMobilität, ist überzeugt, dass Elektromobilität
für die Endkunden bereit ist und sagt, wie man diese dafür begeistern kann.
Positive Signale an
die ganze Branche
Standort
Seite 1 | 2
STANDORT 02|14
[ Thema: Inhalt ]
Kurt Sigl ist ein Fan von Familien-Events,
um e-Fahrzeuge ausprobieren zu können
standort
[ standortagentur ] : [ erneuerbare energien ] [ informationstechnologien ] [ life sciences ] [ mechatronik ] [ wellness ] : [ forschung ] [ wirtschaft ]
Erneuerbare Energien
Seite 3
[ Thema: Impressum ]
STANDORT. Aktuelle Nachrichten
der Standortagentur Tirol und ihrer
Clusterinitiativen. Ausgabe 02|14
Herausgeber: Standortagentur Tirol,
Ing.-Etzel-Straße 17, 6020 Innsbruck
Verleger: ECHOZeitschriften- u. Verlags
GmbH | Redaktion: Andreas Hauser,
Hugo Huber | Fotos: Andreas Friedle|
Layout: Thomas Binder, Armin Muigg |
Druck: Alpina
3 2
1
4 5 6 7 8
Nr. 21 | Jg. 05
aktuelle nachrichten der STANDORTAGENTUR TIROL
Monika Schulz-Strelow über die Verände-
rungen bei Betriebsansiedlungen
Bei Steinbacher Dämmstoffe sieht man
„energie-effiziente“ Produktion gesamtheitlich
Innovatives Entsorgungs- und Energiever-
sorgungssystem auf der Basis von Biogas
Mechatronik
Seite 4
MCI-Forscher Dietmar Kilian über Indus-
trie 4.0 und modernes Prozessmanagement
In Schwaz entsteht ein innovatives For-
schungszentrum für effektivere Gasmotoren
Informationstechnologie
Seite 5
Der renommierte Kartenverlag KOMPASS
setzt auf digitale Wanderkarten
connexion überträgt die Spiele der
SWARCO RAIDERS via WebTV im Internet
Wellness
Seite 6
Das neue Bachelor-Studium „Wirtschaft -
Gesundheit - Sport - Tourismus“
„Holzbauer“ Martin Fritz hat die sibirische
Banja-Sauna weiterentwickelt
Life Sciences
Seite 7
Ein Test-Kit von Biocrates findet den
„Stoffwechsel-Fingerabdruck“ von Krankheiten
MedEval macht sein Arzneimittelinformati-
onsportal ami mobil
Zahlen, Menschen & Projekte
[ Tätigkeitsbericht 2013 ]
G
enau 229 Beratungen beim Einholen von Fördermitteln für Forschung, Tech-
nologie und Innovation, 113 von Clustermanagern der Standortagentur Tirol
begleitete Kooperationen, 20 Neukunden für das Enterprise Europe Network,
291 abgewickelte Mobilitäten, 116 betreute Betriebsansiedlungsprojekte und 19
realisierte Ansiedlungen am Standort – dies sind nur einige der Kennzahlen aus dem
Tätigkeitsbericht der Standortagentur Tirol, der die Aktivitäten der Einrichtung in
einem umfassenden Zahlenteil dokumentiert und Einblick in die Vielfalt ihres Dienst-
leistungsangebots bietet. Gleichzeitig stellt er exemplarisch Menschen und Projekte
vor, die ihr Unternehmen, ihre Forschung oder ihre Region mithilfe der Standorta-
gentur Tirol zukunftsfähig ausrichten, um am Standort Tirol attraktive Arbeitsplätze
zu schaffen und zu sichern. Wie zum Beispiel der Trentiner David Tacconi, der mit
seinem Unternehmen CoRehab eine mit einem Videospiel kombinierte Telereha-
bilitation entwickelt. Mit seiner F&E-Niederlassung HabCore will er nun in Tirol mit
Partnern von der Haller UMIT seine Produktpalette erweitern. Den Tätigkeitsbe-
richt gibt es zum Download unter
www.standort-tirol.at/tb2013Breitbandboom
E
inen Investitionsboom bei Gemein-
den löste die Breitbandoffensive des
Landes aus. „55 Gemeinden sind derzeit
dabei, schnelles Internet zu planen
oder umzusetzen. Im Vorjahr haben 24
Gemeinden den Ausbau der Breitbandin-
frastruktur vorangetrieben – die Zahl hat
sich also bis jetzt schon mehr als verdop-
pelt“, berichtet Wirtschaftslandesrätin
Patrizia Zoller-Frischauf. Zusätzlich haben
weitere 18 Gemeinden ihr Interesse am
Ausbau angekündigt. Das Land Tirol ist
inzwischen österreichweit das einzige
Bundesland, das Breitbandinitiativen un-
terstützt und fördert. 50 Millionen Euro
für den Ausbau von Glasfasernetzen und
Leerverrohrungen werden dafür in die
Hand genommen.
D
ie EU will den
Anteil von
Benzin- und Diesel-
Autos in den Städten
bis 2030 halbieren
und den urbanen
Verkehr im Jahr 2050
emissionsfrei haben.
In Deutschland sollen bis 2020 rund eine
Million Elektroautos fahren, in Österreich
rund 200.000. Von einer nennenswerten
Marktdurchdringung von e-Fahrzeugen und
passenden Ladeinfrastruktur- und Mobilitäts-
konzepten sind wir bisher jedoch noch weit
entfernt. Wie schaut der Fahrplan also aus?
Tatsächlich lassen sich aktuelle Hürden – ein
höherer Preis, eine vergleichsweise gerin-
gere Mobilität und damit zu wenig Potenzial
für begeisterte Privatnutzer – vorerst nur in
bestimmten Segmenten und durch neue
Geschäfts- und Betreibermodelle überwin-
den. Das größte Potenzial zur Marktdurch-
dringung bieten zurzeit Fuhrparkflotten
(zwei Drittel der zugelassenen Fahrzeuge in
Deutschland) – dort lässt sich u.a. eine sehr
hohe Auslastung realisieren. Andererseits
sind Städte und ihre Einzugsgebiete attrak-
tive Standorte für e-Carsharing-Konzepte.
Dort, wo individuelle Motorisierung ihre
Attraktivität verliert und der Leidensdruck
bei Emissionen hoch ist, sind Fahrtwege
meistens kurz und potenzielle Nutzer in
ausreichender Zahl vorhanden. So zählt
die Daimler AG bei ihrem car2go-Konzept
im städtischen Einzugsgebiet von Ulm und
Neu-Ulm mit ca. 200.000 Einwohnern
rund 18.000 angemeldete Nutzer. Das ent-
spricht 20 Prozent der Führerscheinbesitzer
dieser Region. Tourismus-Regionen, wie der
Standort Tirol, bieten weitere Potenziale für
eine Elektrifizierung der Mobilität. Zahlreiche
Nutzer (Gäste) mit einer während der Ur-
laubszeit erhöhten Wechselbereitschaft bie-
ten eine ideale Voraussetzung für nachhaltige
Mobilitätskonzepte. Diese könnten beispiels-
weise als kombinierte Übernachtungs- und
Mobilitätsangebote realisiert werden.
Tirol hat
e-Potenzial
Gastkommentar
Hannes Rose
Leiter der Abteilung Mobility Innovation
Lab, Fraunhofer IAO Stuttgart
Klimapreis
D
er Teigwarenhersteller Recheis
erhielt vor Kurzem vom Bundesmi-
nisterium für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft für sein
Engagement für Elektromobilität im Un-
ternehmen eine Auszeichnung für Kom-
petenz im Klimaschutz. Recheis deckt
seit zehn Jahren den gesamten Wärme-
energiebedarf des Recheis-Frischewerks
in Hall mit der Abwärme des benach-
barten Biomasse-Heizkraftwerks ab und
ist dadurch CO
2
-neutral. Mit der neuen
über 1000 m² großen Photovoltaikanlage
auf der Unternehmensdachfläche speist
Recheis rund 175.000 kWh/Jahr in das
öffentliche Netz ein. Zudem ist das haus-
eigene kleine „Kraftwerk“ Öko-Tankstelle
für die Elektrofahrzeuge.
Foto: Friedle
Foto: Fraunhofer IAO
Kurt Sigl kam 1985 zur Audi
AG und übernahm dort das
Fahr- und Sicherheitstraining.
1993 machte er sich in diesem
Bereich selbstständig. Seit 2007
beschäftigt er sich mit neuen
Mobilitätskonzepten, seit 2009
ist er Präsident Bundesverband
für eMobilität. Am 17. Juni
referiert er am Elektromobilitäts-
kongress in Innsbruck.
Zur Person
Foto: BEM