P
hotovoltaik-Module
am
Dach (und auch in der Fas-
sade), die Sonnenlicht in
Energie umwandeln, die wiede-
rum für den Stromverbrauch di-
rekt im Gebäude verwendet wird;
Wärmepumpen, die laufen, wenn
genug (oder billiger) Strom im
Netz ist; Warmwasserspeicher, die
helfen, wärmepumpenfreie Zeiten
zu überbrücken; Fernwärme, die
industrielle Abwärme in Wohnsied-
lungen liefert; und alles intelligent
vernetzt und aufeinander abge-
stimmt – Smart Grids eben.
„Eine unserer Aufgaben wird
es sein, gerade solche intelligente
Wärme-Kälte sowie Stromnetze im
Rahmen von Sinfonia zu entwi-
ckeln“, beschreibt Dirk Jäger, Leiter
der Stabstelle Energieinnovationen
bei den Innsbrucker Kommunal-
betrieben (IKB), den Weg, der
in Innsbruck mit Hilfe von Sinfo-
nia aus Smart Grids ganze Smart
Districts, also intelligent vernetzte
Stadtteile machen soll. Und die Be-
wohner sollen auf mehreren Ebe-
nen profitieren. Einerseits durch
Energieeffizienz steigernde und
somit die Heizkosten senkende Sa-
nierungsmaßnahmen (siehe oben),
andererseits durch ein Monitoring
in den Wohnungen, das Tempera-
tur, Energieverbrauch und Luftqua-
lität misst. „Damit kann man dem
Kunden sein optimales Kälte-Wär-
me-Strom-Profil zeigen“, sagt Jäger
und bringt die neue Dimension der
Aufgabe auf den Punkt: „Für eine so
große Fläche und so viele Einwoh-
ner ist ein Energiemanagementsy-
stem, mit dem der Kunde einen ge-
nauen Energiebericht erhält, noch
nicht installiert worden.“
Neben Konzeption und Umset-
zung der Smart Grids und der Eva-
luierung des Vorher-Nachher-Sze-
narios – dies in Kooperation mit
der Uni Innsbruck – widmet sich
die IKB im Rahmen von Sinfonia
noch zwei weiteren Themen. Über-
legt wird, wie in der Kläranlage Ros-
sau getrockneter und thermisch
verwerteter Klärschlamm ins Fern-
wärmenetz des Sinfonia-Partners
TIGAS eingespeist werden kann.
Die technische Durchführbarkeit
wurde schon untersucht. Ob das
Verfahren wirtschaftlich realisier-
bar ist, wird derzeit geprüft. Eine
andere Baustelle soll der Brenner-
basistunnel werden, würde sich das
dort anfallende Drainage-Wasser
mit seiner Temperatur von 22 Grad
optimal für ein intelligentes Fern-
wärmenetz eignen. ]
3
2 1
4
2014
standort
Thema: [ ENERGIETRÄGER IN INNSBRUCK ]
Energie
Entwicklung des Energieverbrauchs
FAKTEN. INNSBRUCK.
[ Energieentwicklungsplan ]
Innsbruck intelligent vernetzen
„Smart Grid“ heißt das Zauberwort, mit dem die IKB Wärme-Kälte- sowie Strom-
netze aufeinander abstimmen will, um aus Stadtteilen „Smart Districts“ zu machen.
Um mittel- und langfristig einen nach-
haltigen Beitrag zum Umweltschutz und für
die Lebensqualität in der Stadt Innsbruck zu
leisten, wurde im Jahr 2007 in den städtischen
Gremien der Innsbrucker Energieentwick-
lungsplan beschlossen.
Die Erhebung des Ist-Zustands im Jahr
2009 ergab, dass der jährliche Energiever-
brauch in Innsbruck (Strom und Wärme) bei
ca.
3.510
GWh/a liegt. Der Wärmebedarf
wird hierbei zu
32,5
Prozent mit erneuer-
baren Energieträgern und die restlichen
67,5
% mit fossilen Energieträgern, vor allem
Öl und Gas, bereitgestellt. Daher sind unter
anderem Ziele des Energieentwicklungsplanes:
Senkung des Energieverbrauchs:
Raumwärme um 21 Prozent;
Strom um 3 Prozent;
Fossile Energieträger um 44 Prozent
Erhöhung des Anteils Erneuerbarer
Energie um
27
Prozent
Der Energieträgermix im Vorbildszenario
sieht für die gesamte benötigte Wärme im Jahr
2025 (detaillierte Zahlen für den Wohnbe-
reich siehe oben unter „Thema“) insgesamt
2181,5
GWh/a vor, eine Reduktion gegen-
über 2009 um
571,2
GWh/a. Dabei sollen
1133,4
GWh/a auf erneuerbare Energieträger
fallen (2009:
895,0
GWh/a) und
1048,0
GWh/a auf fossile (2009:
1857,6
GWh/a).
[ konkret GEFRAGT]
„Betriebe warten auf den Start“
STANDORT:
Können
Sie kurz die Geschichte des
Sinfonia-Antrags skizzieren?
KLAUS MEYER:
Von der
neuen Ausschreibung im
FP7 erfuhren wir im Früh-
jahr 2012 und überlegten,
wie man die in Tirol und
Südtirol vorhandenen Kom-
petenzen und die kom-
munalen Einrichtungen als
Umsetzer bündeln könnte.
Im Dezember 2012 reich-
ten wir den Antrag ein, im
Frühjahr 2013 wurden wir
bei 15 Anträgen unter die
Top 3 gereiht und zu Vertragsverhandlungen eingeladen …
STANDORT:
… die sich lange hingezogen haben. Was ist in dieser Zeit passiert?
MEYER:
Einiges musste noch auf Machbarkeit geprüft werden, für viele regionale
Partner war es das erste große EU-Projekt, da brauchte es von unserer Seite ein ge-
wisses Coaching für die administrativen Schritte. Dazu kamen noch diverse Verträ-
ge, Feinschliffarbeiten im Budget, geringfügige Adaptierungen im Projektinhalt. Die
Finalisierung war sicherlich mehr Arbeit als die Antragstellung, schaut man sich aber
die Projekt- und Fördergelderdimension an, ist die Dauer nicht so außergewöhnlich.
STANDORT:
Was werden neben der Projektbegleitung weitere Aufgaben sein?
MEYER:
Herausforderung und Ziel sind, weitere Clustermitglieder in das Projekt
zu involvieren – viele Unternehmen warten schon darauf, dass es losgeht. Ich weiß
jetzt schon von dem einen oder anderen Clusterunternehmen, das durch Sinfonia
Aufträge wie z.B. Planungsarbeiten bekommen hat.
STANDORT:
Was bringt die internationale Vernetzung?
MEYER:
Der Nutzen stärkerer internationaler Sichtbarkeit wird sich erst langsam
zeigen. Bei der Stadt Innsbruck selbst wirkt es schneller, es gibt schon internationale
Presseanfragen. Zudem ist es explizites Projektziel, dass Maßnahmen, die in Innsbruck
entwickelt und erprobt werden, in anderen europäischen Städten umgesetzt werden.
Ein weiteres Ziel von Sinfonia muss es sein, urbane Themen wie Mobilität, die über
aktuelle Projektinhalte hinausgehen, sozusagen „draufzusetzen“. Denn wenn man
als Stadt bzw. Partner bei einem Projekt dieser Größe dabei ist, tut man sich leichter,
andere Projekte z.B. auf nationaler Ebene an Land zu ziehen.
Klaus Meyer, Programm Manager Cluster Erneuerbare
Energien: „Schon erste Aufträge für Clustermitglieder.“
A
llein die Zahlen sind be-
eindruckend. Die Neue
Heimat Tirol nimmt sich in
Innsbruck (NHT) mehr als 35.000
Quadratmeter vor, die Innsbruck
Immobilien GmbH (IIG) steuert
22.000 Quadratmeter bei – wobei es
gemeinsam sogar bis zu 66.000 wer-
den könnten – und in Bozen neh-
men sich WOBI und die Gemeinde
Bozen nochmals 36.000 Quadrat-
meter vor. Zusammengefasst gibt
das nicht nur eine beachtliche Flä-
che, sondern mehr als 1000 Woh-
nungen. Wohnungen, die in den
nächsten fünf Jahren saniert wer-
den, und zwar, wie Engelbert Spiss,
Leiter Geschäftsbereich Bau bei der
NHT, betont, mit hohen Anforde-
rungen: „Der Heizwärmebedarf soll
auf rund 30 Kilowattstunden pro
Quadratmeter reduziert werden.
Wir wollen unseren Kunden, also
den Mietern, sanierte Wohnungen
zur Verfügung stellen, die fit für die
nächsten 20 Jahre sind. Eine zusätz-
liche Herausforderung dabei ist,
dass die Wohnanlagen nach der Sa-
nierung gleich wie vorher ausschau-
en sollen.“
Die ausgesuchten Anlagen umfas-
sen von ihrem Alter her rund zwei
Generation, im Innsbrucker Stadt-
teil Pradl gehören Wohnblöcke
aus den späten 30er Jahren zum
Sinfonia-Projekt, die im Stadtteil
Reichenau wurden in den 50er und
60er Jahren gebaut, in Bozen sind
sie teilweise noch jünger, stammen
aus den 70er Jahren. „Unser Ziel ist
es, mit den Sanierungskonzepten
Musterbeispiele zu schaffen, die
auf andere Städte umsetzbar sind
– denn solche Häuser aus diesen
Jahrzehnten gibt es in Europa Hun-
derte Mal“, sagt Spiss. Diese Aufga-
be mit den Kundeninteressen zu
kombinieren, ergibt für Spiss eine
„interessante Mischung“. „Die Sa-
nierungsmaßnahmen sind auch ein
Prozess, in dem wir den Mietern ge-
nau erklärenmüssen, was das Vorha-
ben ist, welche Vorteile es bringen
wird, aber auch, was es den Mieter
kosten wird“, betont der Bauexper-
te. In diesem Sinne bedeutet es für
ihn viel Kopfarbeit, die Gebäude-
dämmung so zu gestalten, dass sie
– um das Aussehen des Hauses so
wenig wie möglich zu ändern – so
dünn wie möglich ist, trotzdem den
geforderten 30-Kwh-Wert erreicht
und zudem noch finanzierbar ist.
„Wir können nicht ohne Rücksicht
auf die Kosten sanieren“, hält auch
SEL-Präsident Wolfram Sparber für
Bozen fest, vielmehr gelte es, einen
Kompromiss zwischen Ökonomie,
Technik und Ökologie zu finden.
Ein Kompromiss, der einen attrak-
tiven Wohnraum und Kostenerspar-
nis ergeben soll. Der Mieter, weiß
Engelbert Spiss, zahlt in der Regel
nach der Sanierung nur noch ein
Viertel der Heizkosten.
Zusätzlich genutzt werden die
Sanierungsmaßnahmen
sowohl
in Bozen als auch in Innsbruck zu
Kubaturvergrößerungen. „Einige
Sanierungen werden in Kombinati-
on mit Nachverdichtungen durch-
geführt, wo dann Altbau und neue
Aufstockung zu einem zukunfts-
fähigem Gesamtprojekt werden“,
berichtet Hannes Gstrein, Leiter
für Nachhaltige Gebäudeentwick-
lung und Energieeffizienz bei der
IIG, der sich im Zuge von Sinfo-
nia „auch Erkenntnisse für not-
wendige Neuentwicklungen von
technischen Systemen und neuen
Denk- und Lösungsansätzen“ er-
wartet. Ansätze, die sich von Inns-
bruck und Bozen aus in Europa
durchsetzen sollen. ]
Foto: Friedle
Foto: Friedle
Engelbert Spiss, Neue Heimat Tirol: „Solche Häuser gibt es in Europa Hunderte Mal.“
Foto: Friedle
Foto: Friedle
Dirk Jäger, IKB: „Unsere Aufgabe wird es sein, Photovoltaik und Wärmepumpen intelli-
gent mit dem Stromsystem und der Fernwärme zu verknüpfen.“
Gebäudesanierung:
Fit für die kommenden 20 Jahre
In Bozen werden über 400 Woh-
nungen saniert, es sollen 40 bis 70
Prozent Energie eingespart wer-
den. So wie in Innsbruck werden
die Arbeiten so durchgeführt, dass
die Bewohner in der Wohnung
verbleiben können. Saniert wird
nach den Richtlinien der Klima-
Haus-Zertifizierung. „Sinfonia ist
die Möglichkeit, die Vorgehens-
weise der KlimaHaus R-Zertifizie-
rung in großem Maßstab zu testen,
mit dem Ziel, das Optimierungs-
potenzial eines jeden Gebäudes
zu nutzen“, sagt Ulrich Santa, Di-
rektor der KlimaHaus Agentur.
Sanierung in Bozen
250
200
150
100
50
BM WP Strom Solar AW Öl
Gas Sonst. Ges.
97,7
8,8
97,7
1,0
53,7
361,6
322,5
34,2
977,2
125,8
76,2
61,0
30,5
72,4
125,8
111,5
15,2
618,4
Der Innsbrucker Energieentwicklungsplan sieht
von 2009 (blau) bis 2025 (rot) eine drastische Verän-
derung beim Einsatz unterschiedlicher Energieträger (in
GWh/a) zur Wärmebereitstellung in Wohngebieten vor.
BM= Biomasse; WP=Wärmepumpe; AW=Ab-/Fernwärme;