02.07.2013
Beim Branchentreff "Medizintechnik - made in Tirol" des Clusters Life Sciences Tirol präsentierten sich heimische Akteure aus Wirtschaft und Wissenschaft hochinnovativ, forschungsgetrieben, kooperationsbereit, wirtschaftsstark und in zahlreichen Wirtschaftszweigen aktiv. Der vorgestellte Branchenkatalog bietet erstmals einen fundierten Überblick über die Tiroler Medizintechnik.
Tirol ist einer der stärksten Medizintechnik-Standorte Österreichs. Gemessen an der Einwohnerzahl hat Tirol mit 18 Kernunternehmen der Branche, welche über 2.100 Personen beschäftigen, eine höhere Dichte an Medtech-Unternehmen als Wien.
Beim Branchentreff kristallisierten sich in den Vorträgen und persönlichen Gesprächen die großen Medizintechnik-Trends in Tirol heraus: (Mechatronik-) Zulieferer werden vermehrt zu Herstellern und In-Verkehr-Bringern, eHealth und Software für Medizinprodukte gewinnen immer mehr an Bedeutung, und zwischen Medizintechnik und Biotechnologie und dem Pharmabereich, etwa bei biofunktionalisierten Oberflächen und Implantaten, ergeben sich zusehends vielversprechende Schnittstellen. Außerdem schreitet die länderübergreifende Zusammenarbeit weiter voran: Sowohl aus der Medizintechnikregion Tuttlingen (Baden-Württemberg) als auch aus der Schweizer Region Schwyz, wo gerade ein Medizintechnik-Cluster aufgebaut wird, waren Vertreter anwesend, die Kooperationsmöglichkeiten mit dem Medizintechnik- und Life Science-Standort Tirol ausloteten.
Tiroler Medizintechnikbranche: Breit aufgestellt und prosperierend
Die Medizintechnikbranche hat sich in Tirol in den letzten Jahren dank innovativer Unternehmen und Spitzenforschungsleistungen enorm entwickelt. Alleine die Mitglieder des Clusters Life Sciences Tirol mit ihren 15.000 Mitarbeitern erwirtschafteten 2012 einen Jahresumsatz von 2,6 Mrd. Euro. Die im Cluster vertretenen First Class-Forschungspartner sowie spezialisierten Hersteller, Dienstleister und Zulieferunternehmen sind in unterschiedlichen Branchen aktiv. Elektro-mechanische Medizintechnik, Software für Medizin, Telemedizin und eHealth, Technische Hilfsmittel/Assistierende Technologien für Menschen mit Einschränkungen, Aktive implantierbare Technik sowie In-vitro-Diagnostik sind dabei die technologischen Stärkefelder der Medizintechnik in Tirol. Mit breitgefächerten Ausbildungsangeboten von der Lehre bis zum Doktorat gilt die Medizintechnik zudem als Jobmotor für künftige Fachkräfte. „Wer Medizintechnik sagt, meint eine ganze Reihe von Wissenschaftsdisziplinen und Wirtschaftszweigen. Um einen Überblick über die relevanten, Forschungspartner, Zulieferer, Anlagenbauer, technische Servicepartner, Dienstleister und Transfereinrichtungen zu erlangen und damit sich diese untereinander noch besser vernetzen zu können, hat der Cluster Life Sciences Tirol nun einen eigenen Branchenkatalog für die Tiroler Medizintechnik erstellt. Mit 83 darin präsentierten Partnern sind beispielsweise 95% der Tiroler Medtech-Unternehmen abgebildet. Wie breit aufgefächert die Medizintechnik ist, zeigt auch der Umstand, dass sich aus jedem der fünf Tiroler Cluster mindestens ein Eintrag im Branchenkatalog findet“, so Cluster Life Sciences Tirol-Managerin DDr. Petra Stöckl.
Gemeinsam statt einsam
Die Schlagkraft des speziell auf die kleinstrukturierte Unternehmenslandschaft in Tirol zugeschnittenen Landesförderprogramms K-Regio wurde in der Expertenrunde des Branchentreffs mehrfach hervorgehoben. Allerdings wurde seitens der TeilnehmerInnen (Univ.-Prof. Dr. Christian Baumgartner, Vorstand des Instituts für Biomedizinische Informatik und Mechatronik der UMIT, Dr. Florian Becke, CAST, Dr. Sara Matt-Leubner, GF transidee, DDr. Petra Stöckl, Programm Managerin Cluster Life Sciences Tirol der Standortagentur Tirol und Ulrike Viertel, Medical Mountains AG) auch Verbesserungspotenzial erhoben: Eben weil die Tiroler Unternehmenslandschaft kleinstrukturiert ist, seien manche Unternehmen gehemmt, mit Marktkonkurrenten eine F&E-Partnerschaft einzugehen. Daher sei es überlegenswert, ob Förderprogramme nicht auch für noch kleinere Verbünde geöffnet werden sollten. In diesem Zusammenhang plädierte Frau Viertel auch für ein neues Verständnis von Konkurrenz: Diese bestehe ihrer Meinung nach nicht nur zwischen Unternehmen innerhalb einer Branche, sondern besonders zwischen Ländern und Märkten. Viertel appellierte, ein Unternehmen solle sich nicht ausschließlich über sein Produkt oder seine Branchenzugehörigkeit verstehen, sondern auch über die Region, aus der es stammt. Das schweiße die Branche zusammen, mache den Einzelnen stärker und die Region insgesamt wettbewerbsfähiger.
Hidden Champions und bekannte Größen
Unter den Unternehmen der Tiroler Medizintechnikbranche finden sich vielversprechende Start-ups ebenso wie „Hidden Champions“ und Weltmarktführer. MED-EL etwa ist „global player“ auf dem Gebiet aktiver Hörimplantatsysteme. Ebenso hat sich das Tiroler Unternehmen Ionicon mit der Entwicklung eines Gasanalysegerätes mittels hochauflösender Massenspektrometrie als Marktführer etabliert. Daneben drängen immer mehr Unternehmen abseits des klassischen Life Science-Sektors in den Zukunftsmarkt Medizintechnik. Das IT-Unternehmen World Direct etwa entwickelte in Zusammenarbeit mit Oncotyrol eine webbasierte .NET-App zur Erfassung onkologischer Patientendaten sowie zur Dokumentation, Diagnose und Therapieplanung. Der Werkstoffspezialist Plansee erzeugt extrem belastbare Anoden für die Röntgendiagnostik, präzisionsgenaue Kollimatoren für die Strahlentherapie und Abschirmungen für Röntgenröhren und Kollimatoren für Detektoren. Auch das Tiroler Unternehmen Bartenbach ist in der Medizintechnik aktiv. Gemeinsam mit der deutschen Fertigungs- und Medizintechnikfirma Trumpf entwickelte Bartenbach eine völlig neue Generation von OP-Leuchten, die auf LED-Technik basieren und aufgrund ihrer viel günstigeren Eigenschaften herkömmliche OP-Leuchten weitgehend ablösen. Mit der Firma Sistro Präzisionsmechanik ist ein auf den ersten Blick klassisches Mechatronik-Unternehmen in der Tiroler Medizintechnik aktiv. In zwei Verbundforschungsprojekte eingebunden, arbeitet Sistro an der Konstruktion und industriellen Umsetzung eines miniaturisierten stufenlosen Getriebes ebenso wie an einer weltweit neuen implantierbaren Vestibular-Prothese zur Linderung von chronisch schweren Fällen von Gleichgewichtsstörungen mit.
Die Cluster der Standortagentur Tirol und das K-Regio-Projekt VAMEL werden aus Mitteln des Landes Tirol und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung kofinanziert.