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0211

STANDORT

Rückblick: 4. Nationale Clusterkonferenz in Innsbruck/1. April 2011

Thema: [ LIFE SCIENCES TIROL ]

In der Session Life Sciences und Gesundheitswirtschaft beschäftigten sich zwei Leitvorträge mit den Herausforderun-

gen an Wissenschaft und Gesellschaft in Zusammenhang mit medizinischer Forschung: Univ.-Prof. Dr. Lukas Huber stellte

anhand des Tiroler Kompetenzzentrums Oncotyrol den Anspruch und die Wirklichkeit in der personalisierten Krebsthera-

pie dar. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schobersberger schlug in seinem Vortrag „Sinnvolle Möglichkeiten der Zusammenarbeit

mit dem Tourismus in Zeiten des 6. Kondratieffs“ eine Brücke zwischen medizinischer Forschung und Tourismus.

SCIENCE

E

s ist einZiel, das der Innsbru-

cker Physiologe Univ.-Prof.

Dr. Walter Pfaller schon lan-

ge verfolgt: Wie kann man bei der

Entwicklung von neuen Pharmaka

Tierversuche vermindern bzw. gar

ganz ersetzen? Vor allem deswegen,

dadiese, wiePfaller festhält, „ethisch

oft fragwürdig, oft nicht relevant

für den menschlichen Organismus,

sowie zudem noch zeitaufwendig

und kostenintensiv sind.“ Daher

arbeitet Pfaller mit seinen Mitar-

beitern schon seit Jahren in vielen

Projekten – darunter abgeschlosse-

nen und laufenden innerhalb der

EU-Rahmenprogramme – an in-vit-

ro-Methoden, insbesondere an Zell-

kultur-gestützten Verfahren, um

die Mechanismen von Toxizität auf

zellulärer Ebene zu erkennen. Das

Besondere daran ist die erstmalige

Integration der drei wesentlichen

Funktionsebenen von Zellen: des

Genoms, des Proteoms als Expres-

sionsprodukt und des daraus resul-

tierenden Funktionsphänotyps der

entsprechenden Zelle.

„In unserem Labor arbeiten wir

mit Nierenepithelzellen, ein Indus-

triepartner innerhalb des EU-Pro-

jekts Predic-IV, das deutsche Unter-

nehmen Merck KGaA, beschäftigt

sich mit Leberzellen. Und zwar

deshalb, weil neue Pharmaka nicht

selten wegen toxischer Nebenwir-

kungen auf Leber und Niere vom

Markt genommen werden müssen“,

berichtet Pfaller. Die Forscher rund

um Pfaller und Dr. Paul Jennings

simulieren dabei bestmöglich die

physiologischen Verhältnisse von

Niere und Leber mittels Ko-Kultu-

ren humaner Leber- und Nieren-

zelltypen und der Verwendung von

Perfusions- und einfachen dreidi-

mensionalen Zellkultursystemen.

Als erste Prüfsubstanzen dienen

solche, von denen z.B. die Nieren-

toxizität bekannt ist. Auf Zellebene

wird nun versucht herauszufinden,

welche Wirkungsmechanismen der

Substanz toxisch sind, welche Sig-

nalwege z.B. an- oder ausgeschal-

tet werden, welche Genprodukte

beeinträchtigt werden. Überprüft

werden Ergebnisse mit sogenann-

ten Blindsubstanzen, also Proben,

deren Zusammensetzung die For-

scher nicht kennen. „Geprüft wer-

den zwei Konzentrationen über

wenigstens zwei Wochen, der Prüf-

vorgang wird mehrfach wiederholt.

Ziel unserer Arbeit bei dem von der

UniversitätWürzburgkoordinierten

Projekt Predict-IV ist es, daraus ein

Zellmodell als Screening-System zu

entwickeln, um frühzeitig und ohne

Tierversuche in der vorklinischen

Phase potenzielle Nebenwirkungen

neu entwickelter Medikamente zu

erkennen“, sagt Pfaller.

Doch nicht nur die Pharmaindus-

trie könnte von den Innsbrucker

Arbeiten profitieren. Ab 2013 dür-

fen in der EU keine neuen Kosme-

tika auf den Markt kommen, bei

deren Entwicklung an Tieren getes-

tet wurde. Und zweitens geht es um

die Beseitigung einer „Altlast“. Die

EU-Verordnung REACH (Registrie-

rung, Bewertung, Zulassung und

Beschränkung chemischer Stoffe)

schreibt vor, dass Chemikalien, die

vor Inkrafttreten strenger Richtlini-

en im Jahr 1982 auf den Markt ge-

kommen sind, nachträglich auf die

Unbedenklichkeit für Mensch und

Umwelt getestet werden müssen.

Tests, die bislang auf Tierversuchen

basierten. ]

Mit Zellkultur-gestützten Verfahren wollen Forscher der Medizin-Universität

Innsbruck Alternativen zu Tierversuchen in der vorklinischen Phase entwickeln.

In-vitro-Methoden als

Ersatz für Tierversuche

Der perfekte Knochenersatz

[ konkret GESEHEN ]

V

ascuBone nennt sich ein EU-Projekt im Rahmen des 7. Rahmenprogramms, das sich

zum Ziel gesetzt hat, eine Tool-Box für die Knochenregeneration zu entwickeln, die

einerseits den Basisbedarf für die Knochenregeneration beinhaltet und andererseits eine freie

Kombinierbarkeit einzelner Tools erlaubt, die an die individuelle Situation des Patienten an-

gepasst ist. Insgesamt 15 europäische Partner aus Industrie und Forschung widmen sich dem

gemeinsamen Thema, auch Tiroler Forschungsgruppen sind daran beteiligt. In Kooperation

arbeiten Dr. Dr. Frank Kloss (Univ.-Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie/Direktor

Univ.-Prof. Dr. Dr. Michael Rasse), Doz. Günter Lepperdinger (Institut für Biomedizinische

Alternsforschung/Österreichische Akademie der Wissenschaften) und das von Dr. Doris

Steinmüller-Nethl geführte Tiroler High-Tech-Unternehmen rho-BeSt an einem ehrgeizi-

gen Ziel: der Erzeugung eines maßgeschneiderten Knochentransplantats aus Stammzellen.

„Gerade in meinem Fachbereich haben wir leider oft Patienten mit großen Knochendefekten,

z.B. nach Tumoroperationen. Künstliche Knochenersatzmaterialien können aber nur bis zu

einer gewissen Größe helfen. Die Transplantation von Knochenmaterial ist auch nur bedingt

möglich, da der Knochenvorrat begrenzt ist und es zudem ein belastender Eingriff ist“, so Kloss. Die Lösung: Auf einer diamantbeschichteten Oberfläche (das Spezialgebiet von

rho-BeSt) läßt man mit Hilfe von Stimulanzien Knochenstammzellen zu einem passenden Knochenersatz heranwachsen (Know-how Lepperdinger). Dazu werden z.B. anhand

von CT-Daten erstellte Passformen verwendet (Expertise Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie). Der so geschaffene Knochenersatz wird anschliessend transplantiert. „Wir

konnten in Tirol in den letzten Jahren schon viel Vorarbeit leisten, z.B wissen wir nun, wie man auf den Diamantoberflächen Wachstumsfaktoren perfekt anbinden kann“, be-

richtet Kloss. In zwei Jahren will man so weit sein, um das erste Knochenkonstrukt im Tiermodell einzusetzen. Das Innsbrucker Team setzt aber noch auf eine zweite Schiene:

die Weiterentwicklung von künstlichen Knochenersatzmaterialien, um mit Hilfe von Proteinen die Durchblutung und somit das Einwachsen in den Knochen zu verbessern. „Mit

diesem Projekt sind wir soweit, dass wir nächstes Jahr mit zwei Patientenstudien beginnen können“, sagt Kloss.

Antikörper

gegen Krebs

KREBSFORSCHUNG

Foto: Friedle

Foto: Oncotyrol

Teamfähigkeit

als Grundlage

PERSONALSUCHE

Foto: Kloss

FAKTEN. NEWS.

[ Thema: Life Sciences ]

INTERVENT, ein international tätiges Han-

delsunternehmen für Medizinprodukte, hat sich

am Unternehmen AFreeze GmbH als strategi-

scher Partner beteiligt. AFreeze entwickelt einen

Herzkatheter zur Therapie von Vorhofflimmern

mittels Kältetechnologie. In der aktuellen

Finanzierungsrunde wird eine Million Euro zur

Finanzierung der technischen Unbedenklichkeit

als wesentliche Voraussetzung für die Zulassung

bereitgestellt. Eine weitere Finanzierungsrun-

de zur Abdeckung der Markteinführung wird

folgen.

(www.afreeze.com

)

Mag. Nina Clementi PhD vom Biozent-

rum der Medizinischen Universität Innsbruck

ist vor Kurzem mit dem seit 1983 jährlich ver-

liehenen Preis des Fürstentums Liechtenstein

für wissenschaftliche Forschung ausgezeichnet

worden. In ihrer Arbeit beschäftigt sich die

Preisträgerin mit der Aufklärung der ribosoma-

len Proteinbiosynthese auf molekularer Ebene.

Clementi forscht in der Arbeitsgruppe von

START-Preisträger Doz. Dr. Norbert Polacek

an der Sektion für Genomik und RNomik.

V

iele Krebsarten haben ein gemein-

sames Merkmal: Die Tumorzellen

tragen ein bestimmtes Protein namens

EpCAM vermehrt an ihrer Oberfläche.

Daher wird versucht, Medikamente

zu entwickeln, die diese Zellen gezielt

angreifen. Seit Kurzem ist ein neuer

gegen EpCAM gerichteter Antikörper

in Europa auf dem Markt, mehrere sind

derzeit in der klinischen Testung. Diese

Immuntherapien wirken naturgemäß

nur bei Patienten, deren Krebs EpCAM-

positiv ist. Doch welche Patienten auf

EpCAM getestet werden sollten, und

welches Verfahren sich dafür eignet, war

bisher unklar. Nun haben Wissenschaftler

des Innsbrucker Krebsforschungszent-

rums Oncotyrol Forschungsergebnisse

veröffentlicht, die eine Entscheidungshilfe

in der klinischen Praxis bieten.

Forscher um Gilbert Spizzo vom

Krankenhaus Meran analysierten mehr

als 2000 Gewebeproben von verschie-

denen Tumoren und Metastasen mittels

Immunhistochemie, die Proteine durch

Antikörperfärbung nachweist. Durch die

Färbung sieht man, wo und in welcher

Intensität in einem Gewebeschnitt das

gesuchte Protein vorhanden ist. Dieses

Verfahren wird noch nicht routinemäßig

zur EpCAM-Diagnostik eingesetzt. Nun

konnten die Wissenschaftler zeigen, dass

es sich insbesondere bei Brust-, Nieren-,

Leber- und Blasenkrebs gut eignet. „Die

Immunhistochemie ist einfach durch-

zuführen, nicht sehr teuer und kann in

jedem pathologischen Institut durch-

geführt werden“, sagt Spizzo. „Da in

Zukunft mehrere neue EpCAM-Antikör-

per auf den Markt kommen werden, ist

es wichtig zu wissen, welche Rolle dieses

Nachweisverfahren bei der Diagnose

und Therapiewahl spielen kann.

Infos unter

www.oncotyrol.at

Mehr Top-Betriebe aus dem Cluster

Life Sciences Tirol finden Sie auf

www.standort-tirol.at/mitglieder

Mehr Info

[

]

„Ich hätte mir zu Beginn meiner

wissenschaftlichen Laufbahn nicht gedacht,

dass man so weit kommt.“

Walter Pfaller, Physiologe

STANDORT:

Was

sind die besonderen

Herausforderungen für

die Personalsuche im

Life Science Bereich?

KURT SEIPEL: Die

Anforderungen sind

schwer greifbar. Klas-

sische Personalsuche

setzt auf ein Anforde-

rungsprofil. Im Bereich

Forschung & Entwick-

lung geht es aber auch

darum, sich in Projektteams bewegen

zu können.

Zur fachlichen Qualifikation

braucht es auch die notwendigen Soft

Skills, die sind erfolgskritisch.

STANDORT:

Wie ist es um die fachli-

che Ausbildung in Tirol bestellt?

SEIPEL: Die Unternehmen sind in der

Regel mit dem fachlichen Know-how

zufrieden, oft braucht es zusätzliche An-

forderungen, wie z.B. Englisch-Kenntnis-

se über das Scientific English hinaus. Es

geht aber meist um die Balance zwischen

Angebot und Nachfrage, je konkreter das

Angebot, desto konkreter die Nachfrage.

STANDORT:

Gibt es besondere Anfor-

derungen für die Personalentwicklung?

SEIPEL: Da geht es stark darum, wel-

che zusätzlichen Kompetenzen not-

wendig sind. Wenn z.B. gute Forscher

Führungskräfte werden – neben der

fachlichen Qualifikation geht es da dann

auch um Führungsskills. Dass Wissen-

schaftler Fachleute mit entsprechenden

Referenzen sind, ist Voraussetzung.

Entscheidend ist jedoch oft, wie jemand

in einem Team arbeitet, wie er Wissen

teilen kann. Festzuhalten ist aber auch,

dass es im Bereich Personalentwicklung

darum geht, dass in Unternehmen ein

Bewusstsein für künftige Anforderungen

und Ziele vorhanden ist.

Infos unter

www.awo-psychologie.com

Foto: Privat

Dr. Kurt Seipel

Arbeits-, Wirt-

schafts- und

Organisations-

psychologe