Standort Tirol 02 2015 - page 2

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Tiroler Anschlussfinanzierung wirkt
Thema: [ FFG-Regionalzahlen ]
STANDORT
Die Beteiligung vonTiroler Betrieben und F&E-Einrichtungen an den FFG-
Programmen ist in 2014 mit 37,3 Millionen Euro imVergleich zumVorjahr um
knapp ein Drittel gestiegen. Hier wirkt eine Anschlussfinanzierung des Landes,
die eine Finanzierung der FFG bei Förderungen im FFG-Basisprogramm seit
2013 gemeinsam mit dem Land auf 70 Prozent der Projektkosten erhöht.
S
peckstein, gerieben und sprüh-
getrocknet, dazu noch ein Teil
Bariumcarbonat, etwas Ton
und Feldspat ergibt ein Granulat,
welches mit einer Spur von Öl kalt
gepresst und anschließend gesin-
tert wird – voilà, fertig ist eine Form
aus Steatit. Doch was einfach klingt,
braucht die jahrzehntelange Erfah-
rung des Innsbrucker Unternehmens
STEKA rund um Technische Kera-
mik. „Steatit ist sehr temperaturwech-
sel- und hochfrequenzbeständig“,
beschreibt Markus Dax, Geschäfts-
führer der STEKA-Werke Technische
Keramik, den Werkstoff, der in rund
2500 unterschiedlichen Formen für
die Bereiche Licht-, Elektrowärme-
und Installationstechnik sowie Tem-
peraturregelung zu 96 Prozent Rich-
tung Ausland die Produktion verlässt.
Doch die Steatit-Experten sind auch
mit Fragen konfrontiert, für die ihr
Wissen nicht ausreicht. „Ein Kunde
braucht z.B. ein Produkt, das die Hit-
zebeständigkeit von Steatit aufweist,
aber eine höhere mechanische Fe-
stigkeit verlangt. Wir könnten einen
anderen Werkstoff verwenden, dann
steigen aber die Kosten. Welche Pa-
rameter am Steatit geändert werden
können bzw. müssen, um diese Fes­
tigkeit zu bekommen, dazu fehlt uns
aber das Know-how“, sagt Dax. Ein
Know-how, das nun in einem großen,
von der FFG bewilligten Projekt (Ge-
samtvolumen 850.000 Euro von 2013
bis 2016) erarbeitet werden soll – in
Zusammenarbeit mit der Universität
Innsbruck.
„Wir hatten lange Zeit das Gefühl,
dass die Universität nichts für uns ist
und wir – als 60-Mann-Unternehmen
– nichts für die Uni sind“, gibt Dax
zu. Den Kontakt fand STEKA über
die Wissens- und Technologietrans-
ferstelle der Universität Innsbruck,
seither wird im FFG-Projekt intensiv
mit dem Arbeitsbereich für Material-
technologie (Roman Lackner), aber
auch für andere Fragen mit dem Insti-
tut für Mineralogie und Petrographie
(Richard Tessadri) kooperiert. „Das
Beispiel STEKA zeigt einmal mehr,
dass kooperative Forschung nicht nur
auf Big Player beschränkt ist, sondern
auch den Tiroler KMUs die Möglich-
keit bietet, sich weiterzuentwickeln.
Wer sich interessiert, den vermitteln
auch unsere Cluster zu den passenden
Forschern an allen Unis und Fach-
hochschulen“, erklärt Harald Gohm,
Geschäftsführer der Standortagentur
Tirol, und ergänzt: „In Tirol ist es aus
finanzieller Sicht doppelt einfach, das
Know-how der Forschungseinrich-
tungen zu nützen. Neben der FFG för-
dert auch das Land diese Zusammen-
arbeit mit dem Flagship-Programm
K-Regio und der Kooperationslinie im
Programm FEI – Forschung, Entwick-
lung, Innovation.“
Rund 580 Millionen Euro inves-
tierten Tirols Unternehmen im Jahr
2013 in kooperative und firmeneige-
ne Forschung, ein Plus gegenüber
2011 von 38,8 Prozent (höchster Zu-
wachs im Österreichvergleich). Die
Unternehmen finanzierten 427 F&E-
Millionen (46,9 Prozent der gesam-
ten Tiroler Forschungsausgaben in
der Höhe von 911 Millionen Euro)
und beschäftigten dabei 4443 Fach-
kräfte (2011: 3904).
Die STEKA-Fachkräfte jedenfalls
wollen von dem Uni-Projekt profi-
tieren. Was früher Trial and Error
war, soll durch einen modellbasier-
ten Ansatz ersetzt werden, der das
Auffinden neuer Rezepturen er-
leichtern und Herstellungsprozesse
optimieren soll. „Ziel ist, dass wir
im Vorfeld exakt wissen, welche Pa-
rameter wir ändern müssen, damit
das Steatit speziellen Anforderun-
gen des Kunden entspricht“, so Dax.
Viel universitäre Arbeit wird dabei
für Grundlagenforschung geleistet
(Dax: „Zu Steatit gibt es wenig Lite-
ratur.“), was der Unternehmer aber
als besonderen Mehrwert sieht:
„Hier wird Know-how aufgebaut, auf
das wir abseits des Projekts zugreifen
und damit spezielle Kundenfragen
wissenschaftlich fundiert beantwor-
ten können.“ ]
BREITBANDAUSBAU
COMET-CALL
PATRIZIA ZOLLER-FRISCHAUF
Landesrätin fürWirtschaft
B
is 2018 nimmt das LandTirol 50
Millionen Euro in die Hand, um
tirolweit schnelles Internet zu realisie-
ren. Derzeit laufen in ganz Tirol 112
Breitbandausbau-Projekte, zwei Jahre
zuvor waren es nur 24. „Damit errei-
chen wir fast 190.000 Menschen im
ländlichen Raum, die an das schnelle
Internet angebunden werden“, hält
Landeshauptmann Günther Platter
fest. Als weitere Maßnahme wird
der Fördersatz für Gemeinden von
40 auf 50 Prozent angehoben sowie
beim Erstantrag ein Startbonus von
zehn Prozent gewährt.
I
nnovative Ideen und Forschungs-
ergebnisse aus derWissenschaft
möglichst schnell in die heimische
Wirtschaft zu bringen, ist das Ziel
des Kompetenzzentren-Programms
­COMET. Dafür stellt der Bund
(BMWFW­und BMVIT) 47,6 Mil-
lionen Euro für bis zu sieben K1-
Zentren zur Verfügung. Gemeinsam
mit den Förderungen der Länder
und den Eigenmitteln der beteiligten
Unternehmen werden die neuen
Spitzenforschungszentren einVolu-
men von 130 Millionen Euro umfas-
sen. „Besonders wichtig ist, dass durch
unser Programm auch kleine und
mittlere Unternehmen einen Zugang
zu exzellentem Know-how bekom-
men“, hält Forschungsminister undVi-
zekanzler Reinhold Mitterlehner fest.
„Die Kompetenzzentren leisten einen
Beitrag, um gesellschaftliche Heraus-
forderungen zu bewältigen, wie etwa
in den BereichenVerkehr, Energie
oder Medizin“, ergänzt Technologiemi-
nister Alois Stöger. Die Ausschreibung
ist für alleThemen offen, eine Einrei-
chung ist bis 2. Dezember möglich,
weitere Infos:
T
irol präsentiert sich mit einer
kräftigenWirtschaftsleistung. Das
Produktionswachstum fällt mit 6,8
Prozent imVergleich zumVorjahr
deutlich aus und dieWarenexporte
liegen mit 11,19 Milliarden Euro auf
Rekordhoch. Zudem ist im ersten
Quartal 2015 der Wert der abge-
setzten Industrieproduktion bereits
um 4,2 Prozent gestiegen. Ebenso
erfreulich ist der Blick auf die hei-
mische Forschung und Entwicklung:
unsere Forschungsquote liegt bei
3,14 Prozent, die Tiroler Betriebe
legen mit ihren Forschungsausgaben
um 39 Prozent (!) zu und erstmals
ist Tirol nicht mehr „nur“ Spitze der
Grundlagenforschung, sondern hält
österreichweit den höchsten Anteil
an angewandter Forschung.Wir
haben mit der Technologieoffensive
also alles richtig gemacht, dürfen mit
den Investitionen aber nicht nach-
lassen.Vor allem braucht Tirol – wie
Österreich – eine noch breitere
Forschungsbasis, absolut mehr Klein-
und Mittelbetriebe müssen sich an
F&E heranwagen. Das geht ver-
gleichsweise leicht, wenn diese auf
das enormeWissen der heimischen
Forschungseinrichtungen zugreifen.
Noch dazu, weil Bund und Land sich
Kooperationen einiges an Fördergel-
dern kosten lassen.
Ungeachtet der Kraft, die Tirol
gerade ausstrahlt: Langfristig kann die
Region nur so erfolgreich agieren,
wie das Umfeld dies erlaubt. Das BIP
muss stärker wachsen, auch wenn
wir mit zuletzt 1,2 Prozent klar über
dem Österreich-Schnitt liegen. Dafür,
dass Österreichs Wirtschaft insge-
samt wieder mehr Geld in den Pro-
duktionssektor fließen lässt, kann die
Bundespolitik sorgen. Denn Inves­
titionen sind und bleiben vor allem
eines: eine Frage des Vertrauens.
Liebe
Leserinnen
und Leser
EDITORIAL
Foto:LandTirol
Mit dem ganzen Herzen dabei
105 Teilnehmer, 79 Teams, zehn Finalisten, ein Sieger – adventure X zeigte auch
heuer, dass Tirol viel Potenzial für innovative und vielfältige Gründungsideen hat.
S
eit 2001 haben 1034 Teams ihre
Ideen beim GründerInnen-
Wettbewerb ­adventure X­ prä-
sentiert, heuer überzeugte „eine Idee
mit Herz“. Jährlich erleiden zwei Mil-
lionen Menschen in der EU einen
Herzinfarkt, zwei Drittel davon über-
leben, müssen jedoch den Rest ihres
Lebens mit Spätfolgen kämpfen, da
durch den geschädigten Herzmuskel
die Auswurfleistung der linken Herz-
kammer minimiert ist. Geht es nach
Ärzten der Innsbrucker Uniklinik
für Herzchirurgie rund um Johannes
Holfeld, gehört dies der Vergangen-
heit an – und zwar mit Hilfe von Stoß-
wellen. Schon vor zwei Jahren konnte
Holfelds Team zeigen, dass Stoßwel-
len einen ganz bestimmten Rezeptor
des angeborenen Immunsystems ak-
tivieren. Mit einer zum Patent ange-
meldeten Technologie wird während
einer Operation am Herzen dieses
mit Stoßwellen angeregt. Dadurch
werden körpereigene Stammzellen
zum Behandlungsort „gelockt“ und
sorgen für die Regeneration des Mus-
kels. Eine groß angelegte, prospektiv-
randomisierte Multicenterstudie ist
derzeit in Planung, vermarktet wer-
den soll das eigens entwickelte Gerät.
Auch der zweite Preis kam aus dem
traditionell starken Life-Science-
Bereich. Peter Schwendinger entwi-
ckelte „Precup“, ein Verfahren und
Instrumente für die Hüftgelenksre-
generation. Der künstliche Ersatz
des Hüftgelenks geht mit einem Kno-
chenverlust einher. Muss die Prothe-
se ausgetauscht werden, so reduziert
sich der Knochen erneut, was vor
allem bei jüngeren Patienten, bei
denen Folgeoperationen sehr wahr-
scheinlich sind, enorme Ausmaße
erreicht. Schwendinger füllt die
Hüftpfanne unter Verwendung von
Eigenknochen, was den Knochenver-
lust reduziert.
Dem Thema Gardening widmet
sich der drittplatzierte Philipp Han-
gartner. Sein mobiles, vertikales
Gartenkomplettsystem in Modul-
bauweise zum Anbau von Nutz- und
Zierpflanzen besticht durch minima-
len Platzbedarf, Zeit- bzw. Arbeits-
aufwand. Verliehen wurde auch ein
Nachhaltigkeits-Sonderpreis:
Die
Plattform Sustainable hilft bei der
Suche nach dem richtigen Restau-
rant oder dem geeigneten Hotel in
Österreich.]
STEKA und die Uni Innsbruck wollen den Werkstoff Steatit besser verstehen, um ihn zielgerichtet designen
zu können. Was erneut belegt: Kooperative Forschung hilft auch Tiroler KMUs, sich weiterzuentwickeln.
Neue Potenziale für Steatit
Foto:StandortagenturTirol
Foto:Andreas Friedle
Markus Dax: „Mit dem Projekt wird am Standort viel Know-how aufgebaut.“
Foto:Andreas Friedle
Beste Gründer: Drittplatzierter Philipp Hangartner, Landesrätin Patrizia Zoller-
Frischauf, Sieger Johannes Holfeld und der Zweite Peter Schwendinger (v.li.).
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