Standort Tirol 02 2015 - page 4

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20 Milliarden Euro für Industrie 4.0-Lösungen bis 2020
Thema: [ MECHATRONIKTIROL ]
TECHNIK
Bis 2020 planen österreichische Industrieunternehmen jährlich vier Milliarden Euro in Indus-
trie 4.0-Lösungen zu investieren. So lautet das Ergebnis einer von PwC und Strategy& durch-
geführten Umfrage bei 100 heimischen Industrieunternehmen. Rund 20 Prozent der Befragten
erwarten sich wesentliche Produktivitätsverbesserungen in den nächsten fünf Jahren, eine wesent-
liche Rolle spielt dabei die Digitalisierung der Wertschöpfungskette und des Produktportfolios.
Mehr Top-Betriebe aus dem Cluster
Mechatronik Tirol finden Sie auf­
Mehr Info
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FAKTEN. NEWS.
[ Thema: Mechatronik ]
Clustermitglied Marco Riedesser (SG-
Tronic) hat eine einfach vom Anwender
programmierbare Universalsteuerung
entworfen. Der in drei Größen erhältliche
Controllino ist mit allen gängigen Anschlüs-
sen ausgestattet und stellt eine ideale
Steuerungseinheit für den privaten und
industriellen Gebrauch dar, zudem ist er
für Bastler und den Lehrbetrieb hochinte-
ressant. Mehr Info auf
Rund fünf Millionen Euro investiert
TechnoAlpin in einen neuen Standort in
Volders. Das Bozner Unternehmen plant
und baut schlüsselfertige Beschneiungsan-
lagen für Skigebiete in 48 Ländern und ist
damit einer der weltweit größten Anbieter
innovativer Beschneiungslösungen. Der
Standort Volders übernimmt mit 26 Be-
schäftigten das Ersatzteil-Management und
die Defektanalyse.
R
etro ist angesagt, ob als
Mode, Stil oder Design – man
bedient sich für Neues des-
sen, was schon einmal war. Auch bei
ECI Manufacturing setzt man auf Re-
tro – Altes wird fürs 21. Jahrhundert
aufgepeppt. Wobei es sich im Fall von
ECI um tonnenschwere Werkzeug-
maschinen handelt, die retrofit ge-
macht werden. „Werkzeugmaschinen
werden von großen Konzernen oft
nach 15 bis 20 Jahren ausgeschieden.
Man kann sie verschrotten oder ver-
kaufen, nur ist die Steuerungstech-
nologie für das Industrie 4.0-Zeitalter
nicht mehr zeitgemäß“, sagt Roland
Larch, Leiter der Abteilung Mecha-
tronic Systems bei ECI.
Wie bekommt man nun aber auf
digitalem Weg Information in und
aus der Maschine? Einiges an Arbeit
steckte Larchs Team in die Lösung,
das Ergebnis findet nun in einer
Hand Platz. Nur wenige Zentimeter
groß ist die ECI-Box, die über ein-
fache digitale und analoge Ein- und
Ausgänge bzw. verschiedenste Bussy-
steme mit unterschiedlichen Maschi-
nen, Steuerungen und IT-Systemen
kommunizieren kann und einfach an
das Steuerungselement der alten Ma-
schine angehängt wird. Dadurch sind
auch ältere Maschinen mit der ECI-
Box Industrie 4.0-fit, die Fertigung
ist digital überwach- , steuer- und
nachvollziehbar. „Letzteres bietet
den Vorteil, dass man im Falle einer
fehlerhaften Fertigung rückverfol-
gen kann, wann an welcher Maschi-
ne in welcher Charge das Teil pro-
duziert wurde“, so Larch, der noch
zwei weitere Pluspunkte aufzählen
kann: „Wir haben die Box bewusst als
eigenes Gerät konzipiert, damit sie
eine Firewall-Funktion übernimmt.
Denn Werkzeugmaschinen, die vor
2010 gebaut wurden, haben kaum
digitale Sicherheitsstandards, wie sie
in Bezug auf Industrie 4.0 gefordert
sind.“ Außerdem kann die Maschine
mit Hilfe der ECI-Box auf bestimmte
Fehler mit implementierten Antwor-
ten reagieren – eine weitere Kompo-
nente des mannarmen Arbeitens in
der Industrie 4.0-Ära.
„Mannarm heißt aber nicht eine
menschenleere Halle. Der Fachar-
beiter soll sich auf die Arbeit konzen-
trieren können, für die sein Know-
how gefragt ist“, betont Hans Reiter,
der 2013 mit Franz Stock ECI als Pro-
duzent von Gasmotorenkomponen-
ten aus der Taufe hob. Gestartet hat
man quasi „als Garagenfirma“, im
Sommer 2015 erfolgte mit knapp 25
Mitarbeitern der Umzug in den 3,6
Millionen teuren Neubau in Schwaz,
der die Maschinen aus der „Gara-
genproduktion“ aufnimmt. Dass zu-
sätzlich eine Fertigungszelle und vier
„neue“ alte Maschinen nach einer
mechanischen und äußerlichen Re-
novierung Industrie 4.0-fit gemacht
werden, versteht sich von selbst.
Denn einerseits lag der Umsatz
2014 klar über den Erwartungen,
andererseits dient die hauseigene
via ECI-Box vernetzte Produktion
als Referenzobjekt – schließlich soll
die ECI-Box auch zu Umsatzstei-
gerungen beitragen. Weitere Info:
]
Damit der Funke überspringt
[ konkret GESEHEN ]
I
m ersten Augenblick klingt es zwar
verrückt“, lacht Martin Schmidt-
Baldassari, doch der Direktor der
HTL Fulpmes ist überzeugt, nicht
die falsche Zielgruppe anzuvisieren.
Mehr als 100 Kinder – Schülerinnen
und Schüler der vierten Klassen
aus den Volksschulen Längenfeld,
Umhausen, Seefeld und Neustift –
besuchten Anfang Juni die HTL mit
dem Schwerpunkt Maschinenbau
und Fertigungstechnik, um in die
Welt der Naturwissenschaften und
Technik hineinzuschnuppern. „In
diesem Alter sind die Kinder noch
aufnahme- und begeisterungsfähig“,
weiß Schmidt-Baldassari.
Mit dem Kids Day will man diese
Begeisterung für Technik und Inte-
resse für die Tiroler HTLs wecken.
Die faszinierten Kinder erlebten, wie
Airbrushpistolen funktionieren, wie
Tragflächen und Hubschrauber auf-
gebaut sind, wie komplexe Metall-
formen gefräst werden, sie spürten
dieWirkung von Magnetfeldern und
elektrischen Ladungen und vieles
mehr. „Vorexperimentiert, erklärt
und durch die Schule geführt haben
unsere Schüler – und das mit tollem
Engagement und Einsatz“, berichtet
der HTL-Direktor. Und der Kids Day
2015 soll keine Eintagsfliege sein –
in zweierlei Hinsicht. „Nächstes Jahr
wird er wieder für die Volksschüler
stattfinden.Wir werden aber auch
die Kinder einladen, die heuer dabei
waren“, so Schmidt-Baldassari, der
hofft, dass dadurch der Funken der
Begeisterung bei den Zehn- bis Vier-
zehnjährigen erhalten bleibt. Denn:
„Wir bilden zu wenige Techniker
und Technikerinnen auf HTL-Niveau
aus. Diesen Fachkräftemangel
bestätigt uns immer wieder die
Wirtschaft.“
Mit der – auch vom Cluster
Mechatronik Tirol unterstützten –
Initiative bewegt sich die Schule üb-
rigens auf historischem Boden. Der
über Tirol hinaus bekannten Stubaier
Kleineisenindustrie fehlten Ende
des 19. Jahrhunderts die Fachkräfte.
1897 nahm daher eine dreijährige
Fachschule ihren Betrieb auf – 1969
wurde daraus die HTL Fulpmes.
Kids Day in Fulpmes: HTL-Schüler zeigen Volksschülern, wie toll Technik ist.
Bei ECI setzen Geschäftsführer Hans Reiter (li.) und Roland Larch, Leiter Mechatro-
nic Systems, auf alteWerkzeugmaschinen, die Industrie 4.0-fit gemacht werden.
Fotos:Andreas Friedle
Fotos:HTL Fulpmes
Retrofit mit einer kleinen Box
ECI Manufacturing vernetzt Maschinen aus dem vorigen Jahrhundert mit einer
selbst entwickelten Hardware und macht sie damit tauglich für Industrie 4.0.
D
as richtige Gelege spielt bei
Thomas Jäger eine wichtige
Rolle: Eigentlich wäre diese
schwarze Form aus Kohlefasergewebe
nichts Aufregendes, doch verbindet
man sie bei hohen Temperaturen und
unter Druck mit einer Matrix und
lässt die Mischung aushärten, ist das
Ergebnis halb so schwer wie Alumini-
um, dafür steifer als Stahl und auch
noch korrosionsbeständig. „Mit die-
sen Eigenschaften ist carbonfaserver-
stärkter Kunststoff, kurz CFK, ein ex-
zellenter Werkstoff, der sehr belastbar
und widerstandsfähig ist“, sagt Jäger,
Geschäftsführer von Alpex Technolo-
gies. Ein Werkstoff, der wegen seiner
Leichtigkeit in der Luftfahrt (weniger
Gewicht heißt weniger Kerosinver-
brauch) seit 15, 20 Jahren ein The-
ma ist, die Automobilbranche wurde,
so Jäger, verstärkt vor sechs, sieben
Jahren auf ihn aufmerksam. Einen
Trend, den man bei Alpex hautnah
mitverfolgen konnte, gilt doch das
Tiroler Unternehmen für Industrie­
größen wie Airbus, BMW, Boeing oder
Mercedes als kompetenter Ansprech-
partner, wenn es um die Entwicklung
innovativer Produktionsverfahren von
CFK geht.
„Den Werkstoff kennt man in der
Zwischenzeit sehr gut, Produktions-
verfahren, wie man die einzelnen Bau-
teile herstellt, gibt es aber unzählige“,
erklärt der Alpex-Geschäftsführer. Bis-
lang mussten die Verfahren für relativ
kleine Serien geeignet sein, für Lam-
borghini etwa konstruierten dieMilser
CFK-Spezialisten „das erste Schieber-
werkzeug in RTM-Technologie – da-
bei wird in einer geschlossenen Form
mit Hochdruck Harz als Matrix in das
Gelege injiziert“, berichtet Jäger stolz.
Rund 2000 bis 3000 Bauteile werden
damit im Jahr produziert, beim neuen
Airbus A350 – Alpex entwickelte und
fertigte die gesamten Werkzeuge und
Vorrichtungen für die Produktion der
Landeklappen – wurden bis Juli 2015
fünf von 781 bestellten Flugzeugen
ausgeliefert. Kein Vergleich also mit
den hohen Stückzahlen der Autoin-
dustrie. „In den nächsten drei Jahren
wird sich zeigen, ob CFK in der Au-
tomobilindustrie zum Serieneinsatz
kommt. Dazu muss die Fertigung in
die Produktionskette passen und effi-
zient sowie kostengünstig sein“, meint
Jäger. Entwicklungsarbeit also, die
auf Alpex zugeschnitten ist und die
in der hauseigenen F&E-Abteilung
– wie etwa in dem von der FFG und
dem Land Tirol geförderten und mit
dem Cluster Award 2015 ausgezeich-
neten Projekt WATT (Wartungsfreie
Tooling Technologie) – sowie in na-
tionalen und internationalen Koope-
rationsprojekten mit Universitäten
und Industrieunternehmen vorange-
trieben wird. „Unser Vorteil ist, dass
wir nicht nur die Werkzeuge, also die
Formen bauen, sondern mit unserem
Netzwerk die gesamte Technologie ab-
bilden können und über das gesamte
Prozesswissen verfügen“, so Jäger.
Auch wenn Alpex Werkzeugbauer
(„Wir sind aber keine Serienanferti-
ger.“) bleiben wird, forciert das Un-
ternehmen die Entwicklungsarbeit:
„Wir wollen der Know-how-Bringer
für die Anwender sein“, blickt Jäger
voraus. So wie beim neuen MS-21
des russischen Luftfahrtkonsortiums
OAK, der zu mindestens 33 Prozent
aus Verbundwerkstoffen bestehen
soll – unter anderem der ganze Flü-
gel: „Das ist absolutes Neuland. Mit
dem Kunden haben wir die Werk-
zeuge für die Bauteile von Grund auf
entwickelt.“ Mehr Informationen un-
ter
]
ALPEXTechnologies:
Die innovative Leichtigkeit
Foto:Andreas Friedle
Foto:TechnoAlpin
Thomas Jäger: „Wollen für die CFK-Fertigung zum Know-how-Bringer werden.“
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