STANDORT:
Inwieweit können In-
vestitionen in Forschung und Ent-
wicklung ein Weg aus der Krise
sein?
KURT MATZLER:
Es gibt ein Prin-
zip, das sich bislang in jeder Krise
bestätigt hat: Starke Unternehmen
werden stärker, schwache werden
schwächer – „the survival of the
fittest“. In einer Krise verschieben
sich Marktanteile viel schneller als
in Wachstumszeiten. Der Grund
dafür liegt darin, dass schwache
Unternehmen in einer Krise ver-
stärkt Liquiditäts- und Risikopro-
bleme haben, was ihre Handlungs-
möglichkeiten darauf beschränkt,
ums nackte Überleben kämpfen
zu müssen. Investitionen und
Marketingbudgets werden radikal
zurückgefahren. Nur sechs Pro-
zent der Unternehmer setzen in
Krisenzeiten auf Innovation und
die Erschließung neuer Märk-
te. 65 Prozent der österreichi-
schen Unternehmen reduzieren
Marketingbudgets. Durch den
Rückzug dieser Unternehmen
entsteht ein Innovationsvakuum.
Jene Unternehmen, die jetzt die
Möglichkeit haben zu investieren,
haben viel höhere Chancen, mit
Innovationen erfolgreich zu sein
– weil andere es nicht tun. Denn
Innovationen haben eine enor-
me Durchschlagskraft. Sobald die
Krise vorbei ist, ändert sich auch
das Konsumverhalten. Nach einer
Krise ist man viel eher bereit, Geld
für Innovationen auszugeben – das
ist ein psychologischer Effekt.
STANDORT:
Innovationen sind
überlebenswichtig – aber vieler-
orts fehlt das dafür notwendige
Kapital. Wo liegt der Ausweg?
MATZLER:
Hier geht es in erster
Linie darum, die Hausaufgaben
intern zu machen – Stichwort Li-
quiditätsmanagement. Und pro-
blemlösungsorientiert zu handeln.
In einem mir bekannten Unter-
nehmen verzichten etwa alle Füh-
rungskräfte auf 20 Prozent ihres
Gehalts – so lange, bis es wieder
aufwärts geht, dann wird nachge-
zahlt. Das bedeutet für das Unter-
nehmen, dass es schnell relativ viel
Liquidität zur Verfügung hat und
man verzichtet nicht auf seine Mit-
arbeiter – die aufgrund ihrer Quali-
fikationen einen wesentlichen Teil
zum Erfolg des Unternehmens bei-
tragen. Und die so gewonnenen fi-
nanziellen Mittel investiert man in
Innovation. Dieser Ansatz ist sehr
kreativ und ich denke, man findet
in jedem Unternehmen Ansätze,
wo man notwendige Reserven mo-
bilisieren kann.
STANDORT:
Wie lautet die zentrale
Aussage Ihres Buchs „Was Top-Un-
ternehmen anders machen“?
MATZLER:
Für das Buch haben wir
1100 Unternehmen – die meisten
sind KMUs – aus zehn europäi-
schen Ländern untersucht. Und es
zeigt sich klar: Innovationsfähigkeit
führt zum langfristigen Erfolg. Ein-
zigartigkeit ist viel wichtiger für den
Markterfolg als Größe oder Markt-
anteile. Denn im Wettbewerb mit
Großen haben KMUs so gut wie nie
eine Chance, über die Kosten wett-
bewerbsfähig zu sein, sondern nur
über die Einzigartigkeit. Und hier
ist Innovationsfähigkeit das zentra-
le Thema. ]
Interview. Der Innsbrucker Wirtschaftswissenschaftler Kurt Matzler über die
Schlagkraft von Innovationen – und warum sie ein Weg aus der Krise sind.
Kurt Matzler; Professor am Institut für Strategisches Management, Marketing und
Tourismus der Universität Innsbruck: „Es geht darum, die Hausaufgaben zu machen.“
Weg aus der Krise:
Kreativität ist alles
Standort
Seite 1 | 2
STANDORT 01|09
[ Thema: Inhalt ]
Der Innsbrucker Betriebswirt Kurt
Matzler über die Kraft von Innovationen
4,5 Millionen Euro für die Zukunft
Regionales Rektorentreffen
[ HOCHSCHULEN ]
A
uf Einladung von Uni-Rektor
Karlheinz Töchterle trafen sich
vor Kurzem erstmals alle RektorInnen
der Tiroler Hochschulen. Dabei grün-
deten Andreas Altmann (MCI), Regina
Brandl (Kirchliche Pädagogische
Hochschule – Edith Stein), Manfred
Dierich (Medizinische Universität In-
nsbruck), Walter Draxl (FH Gesundheit), Armin Graber (UMIT), Markus Juranek
(Pädagogische Hochschule Tirol), Hans Moser (Hochschule Kufstein) und Töch-
terle die zukünftig zweimal jährlich stattfindende „Tiroler Hochschulkonferenz“ als
Forum einer engeren Zusammenarbeit zwischen den tertiären Bildungseinrich-
tungen Tirols. Ziel ist es, künftig gemeinsam daran zu arbeiten, den Bildungs- und
Forschungsstandort nachhaltig zu stärken und nach außen noch sichtbarer zu
machen. Außerdem sollen die Synergien nach innen durch eine starke Koopera-
tion verbessert werden.
STANDORT
[ zukunftsstiftung ] : [ erneuerbare energien ] [ informationstechnologien ] [ life sciences ] [ mechatronik ] [ wellness ] : [ forschung ] [ wirtschaft ]
AUFHOLMANÖVER
D
er Technologie- und Innovati-
onsstandort Tirol holt auf. Im
Bundesländervergleich der Ausgaben
von Unternehmen für Forschung und
Entwicklung ergibt sich ein klares Bild,
das zeigt, wie stark Tirols Wirtschaft
Anschluss findet: Zwischen 2004
und 2006 haben Unternehmen um
37,31 Prozent mehr in Forschung
und Entwicklung investiert. Tirol
liegt damit auf Platz eins vor allen
Bundesländern (siehe Grafik, Quelle
Statistik Austria). Bei den Ausgaben
des Unternehmenssektors für F&E
liegt Tirol mittlerweile an fünfter Stelle
(2006: 270,4 Millionen Euro). Auch
in puncto „erfolgreiche Einreichungen
beim FWF“ spielt Tirol ganz vorne
mit: Hinter Wien (mit einem Anteil
von 58,5 Prozent an FWF-Neubewil-
ligungen im autonomen Bereich) folgt
an zweiter Stelle Tirol (14,9 Prozent).
Erneuerbare Energien
Seite 3
[ Thema: Impressum ]
STANDORT. Aktuelle Nachrichten der Tiroler
Zukunftsstiftung und ihrer Clusterinitiativen. Aus-
gabe 0109 | Herausgeber: Tiroler Zukunftsstif-
tung – Standortagentur des Landes Tirol. Kaiser-
jägerstraße 4a, 6020 Innsbruck| Verleger:
ECHO Zeitschriften u. Verlags GmbH | Redak-
tion: David Bullock, Andreas Hauser, Sonja
Niederbrunner, Michael Kogler, Gernot Zim-
mermann | Fotos: Andreas Friedle | Layout:
Thomas Binder, Armin Muigg | Druck: Alpina
R
und 4,5 Millionen Euro in-
vestiert das Langkampfener
Unternehmen
HELIOTHERM
Wärmepumpentechnik in sein
neues Headquarter, das den be-
stehenden Betrieb um 6000 Qua-
dratmeter vergrößern wird. 40
neue Arbeitsplätze sollen in dem
voraussichtlich bis Herbst ferti-
gen Forschungs- und Entwick-
lungszentrum entstehen. Künftig
werden hier Hocheffizienz-Wär-
mepumpenanlagen mit Kohlen-
dioxid-Erdsondentechnik weiter-
entwickelt werden, außerdem mit
eingeplant sind ein Schulungs-
zentrum, ein Dauerbelastungs-
prüfstand, eine Sondergeräte-
bau-Möglichkeit sowie zusätzliche
Lager- und Fertigungsflächen.
Einen weiteren Schwerpunkt soll
die Forschung & Entwicklung im
Bereich Verbindung von Wärme-
pumpentechnik mit Solarther-
mie und Fotovoltaik bilden. Hier
gibt es bereits Kooperationen mit
namhaften Fotovoltaik- und Solar-
herstellern, wie das Unternehmen
unter der Geschäftsführung von
Andreas Bangheri betont. Landes-
rätin Patrizia Zoller-Frischauf lobt
die große Investitionstätigkeit von
HELIOTHERM in die Forschung
und Weiterentwicklung der über-
aus effizienten Wärmepumpensys-
teme und spricht von einem rie-
sigen Potenzial für Erneuerbare
Energien und HELIOTHERM in
ganz Europa. ]
3 2
1
4 5 6 7 8
N
r. 1.
| Jg. 09
AKTUELLE NACHRICHTEN DER TIROLER ZUKUNFTSSTIFTUNG
Was Top-Unternehmen anders
machen: Große europäische Strate-
gie-Studie — Interviews mit Top-
Führungskräften — Erfolgsfaktoren
— Fallbeispiele. Von Kurt Matzler,
Franz Bailom und Dieter Tschemern-
jak. Linde Verlag Wien, Euro 24,90.
So innovativ und kreativ das Bartenbach
Lichtlabor auch ist, stehen geblieben wird nicht
ZUM THEMA
Neues Zentrum. Bis Herbst soll das
neue, 6000 Quadratmeter große For-
schungs- und Entwicklungszentrum von
HELIOTHERM, fertig sein.
Foto: Uni Innsbruck
Foto: Friedle
Foto: Heliotherm
Erlebnis: Erdwärme – So soll die
Technologie greifbar werden
Sunplugged und Phystech setzen auf
hochleistungsfähige Dünnschichtsolarzellen
Mechatronik
Seite 4
Green Bull macht den Verbrennungs-
motor fit für das dritte Jahrtausend
Peter Girstmair, Direktor der HTL Lienz,
über Trends in der Mechatronik-Ausbildung
Informationstechnologie
Seite 5
inndata – die praktische Anwendung von
intelligenten Web-Lösungen
Software-Design: Konzentration auf das
Wesentliche mit agiler Entwicklung
Wellness
Seite 6
GPS FOX macht die sportliche Leistung
anschaulich messbar
Pudelskern entwickelt gewachsene Möbel
zum Wohlfühlen
Life Sciences
Seite 7
Sandoz erhält die Zulassung der Europäi-
schen Kommission für ein drittes Biosimilar
Der Zellforscher Ludger Hengst erhielt
den Binder-Innovationspreis 2009
40%
30%
20%
10%
0%
%-Veränderung zw. 2004 und 2006
T Oö Nö S W B St K V Ö
37,31%
33,03%
31,13%
24,53%
23,89%
17,41%
8,01%
4,68%
3,03%
23,49%