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STANDORT
Zertifizierung des neuen Kontinenzzentrums
Thema: [ LIFE SCIENCES TIROL ]
Bei der 19. Jahrestagung der Medizinischen Kontinenzgesellschaft Österreich (MKÖ) wurde das im Februar gegrün-
dete Kontinenz- und Beckenbodenzentrum Innsbruck offiziell zertifiziert. Die interdisziplinäre Einrichtung entspricht damit
als einzige dieser Art den höchsten Anforderungen der MKÖ. „Durch das Zusammenwirken verschiedenster medizini-
scher Fachrichtungen und speziell ausgebildetem Pflegepersonal können wir eine breite Palette von Untersuchungen und
Behandlungen anbieten“, betont Prof. Felix Aigner von der Uniklinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie.
SCIENCE
D
ie Entwicklung einer
Gewebetherapie ist ein
langwieriges Verfahren,
doch Dr. Ekkehart Steinhuber, Ge-
schäftsführer von Innovacell, ist
optimistisch, dass es dank der fri-
schen Finanzmittel im ersten Quar-
tal 2010 so weit sein wird – der Start
der Phase 2-Studie im Zulassungs-
verfahren für die von Innovacell
entwickelte Gewebetherapie (siehe
Kasten) zur Behandlung von Bla-
senschwäche bei Frauen. Und zwar
eine multizentrische Studie, wie sie
für biotechnologisch bearbeitetes
Gewebe durch eine Ende 2007 in
Kraft getretene EU-Verordnung
vorgeschrieben ist. Das Studiende-
sign wurde mit Behörden von vier
Ländern akkordiert, im Juni wur-
de die Studie schließlich in sechs
(Deutschland, Frankreich, Polen,
Tschechien, Rumänien und Bulga-
rien) Ländern eingereicht, an die
50 positiven Gutachten der ent-
sprechenden Ethikkommissionen
liegen bereits vor, mit dem Okay
der Behörden rechnet Steinhuber
noch Ende 2009, Anfang 2010.
„Die Proof of Concept- und Do-
sisfindungs-Studie wird an 240
Patienten durchgeführt. Das Stu-
diendesign sieht vier Arme vor:
Zwei unterschiedliche Zellzahlen
werden einmal gegen Placebo und
ein in der Indikation verwendetes
Arzneimittel geprüft“, erklärt Stein-
huber. Als nützlich wird sich dabei
auch die vor kurzem in Betrieb
gegangene Anlage zur Kryokon-
servierung erweisen. Steinhuber:
„Dabei wird das fertige Arzneimit-
tel bei minus 196 Grad in flüssigem
Stickstoff eingefroren.“ Der Vorteil:
Das Arzneimittel kann über einen
längeren Zeitraum ohne Qualitäts-
verlust aufbewahrt und dem Pati-
enten zum Wunschtermin implan-
tiert werden.
Drei Monate, so ist der Plan, soll
die Phase 2-Studie dauern, die Aus-
wertung der Daten sechs Wochen.
Diese Ergebnisse fließen dann in
die für das zweite Halbjahr anvi-
sierte Phase 3-Studie zur Bestäti-
gung der Effektivität der optimalen
Zellendosierung. Ist dieses erfolg-
reich, muss ein Zulassungsantrag
bei der EMEA eingereicht werden,
die – nach nochmaliger Prüfung al-
ler Unterlagen – über eine EU-wei-
te Zulassung des Innovacell-Arznei-
mittels entscheidet. Ein Procedere,
von dessen positivem Ausgang bis
2013 Steinhuber überzeugt ist.
Ein langer Weg, der auch durch
die Aktionäre von Innovacell un-
terstützt wird. Fides, Hypo Equity,
Buschier und Dr. Gerd Holzknecht
haben drei Millionen Euro frisches
Kapital in das Unternehmen inves-
tiert, dazu kommen noch 2,3Millio-
nen Euro von der österreichischen
Forschungsförderungsgesellschaft
(FFG) und 230.000 Euro vom Land
Tirol.
]
Innovacell. Die Aktionäre des Biotechnologieunternehmens erhöhen das Kapital um drei Millionen Euro – Geld, mit dem die Phase 2-Studie
im EU-Zulassungsverfahren für die innovative Gewebetherapie zur Behandlung von Blasenschwäche bei Frauen gestartet werden soll.
Mit frischem Geld in die nächste Phase
T
umorzellen haben raffinierte Tricks,
um dem Zelltod durch Chemo-
therapeutika zu entgehen. Einer dieser
Tricks besteht darin, große Mengen des
Zelltod-Hemmers XIAP zu produzie-
ren. Dies führt dazu, dass die soge-
nannten Caspasen, die bei der Apo-
ptose (programmierter Zelltod) eine
entscheidende Rolle spielen, abgefan-
gen und neutralisiert werden. Dagegen
wollen Forscher rund um Priv.-Doz.
Dr. Michael Ausserlechner (Pädiatrische
Abt., Medizinuni Innsbruck, re. im Bild)
und Univ. Prof. Hermann Stuppner
(Inst. f. Pharmazie, Uni Innsbruck) im
Rahmen des Tiroler K1-Zentrums
ONCOTYROL – Center for Perso-
nalized Cancer Medicine nun etwas
unternehmen. Sie suchen mithilfe eines
Computermodells, einer Daten- und
Biobank von I40.000 Naturstoffen und
eines Testmodells, nach Substanzen,
die die in Tumorzellen erhöhte Aktivität
von XIAP wieder auf ein Normalmaß
herunterfahren. Wenn sie erfolgreich
sind, könnten Patienten, deren Tumore
ein Übermaß an XIAP aufweisen, ge-
zielt mit der neuen Substanz behandelt
werden – genau wie es dem Ziel der
„personalisierten Medizin“ entspricht.
Naturstoffe
gegen Krebs
PERSONALISIERTE MEDIZIN
S
ieben Universitäten, mehr als 30 Unternehmen und
rund 120 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
werden ihr Know-how bündeln – und zwar im neuen – von
einer internationalen Jury evaluierten – K2-Zentrum Austrian
Centre of Industrial Biotechnology (ACIB). Bei diesem von
Graz aus koordinierten Forschungsverbund sind aus Ti-
rol auch die Universität Innsbruck, Sandoz, Biocrates und
Ionimed dabei. Ein Teil der geplanten Projekte befasst sich
mit der Entwicklung von Systemen für die biotechnologische
Produktion von Proteinen und Peptiden für Arzneimittel.
„Dabei muss besonderes Augenmerk auf höchste Qualität
und Reinheit sowie schnelle und einfache Einführung im
Produktionsprozess gelegt werden“, sagt Prof. Bernhard
Auer vom Institut für Biochemie der Uni Innsbruck. Mit
Mitteln der molekularen Genetik und Gentechnologie stellt
er mit seinem Team die dafür nötigen Bakterienstämme her.
Einerseits soll dabei die schon im Vorläuferprojekt ACBT
entwickelte Npro Autoprotease Fusionstechnologie als Platt-
formtechnologie für eine möglichst breite Anwendung für
unterschiedlichste Proteine und Peptide ausgebaut werden.
Da diese Technologie aber nicht auf alle Proteine anwendbar
ist, werden andererseits auch Systeme entwickelt, bei denen
Proteine und Peptide bereits in wirksamer Form vermehrt
werden. „Dies ermöglicht eine besonders einfache Reinigung
des Zielprodukts und erleichtert auch die Erstellung eines
kontinuierlichen Produktionsprozesses“, erklärt Bernhard
Auer und betont, dass die Lösung solch komplexer Aufgaben
nur durch die interdisziplinäre Bündelung von Kompetenzen
aus Wissenschaft und Industrie möglich ist.
I
m Jahr 2006 waren sie die Gewinner
bei adventure X – Dr. Michael Schocke
und Dr. Andreas Greiner mit ihrer
„ergospect medical technology“. Schon
ein Jahr zuvor waren die zwei Mediziner
als Gründerteam in das CAST (Center
for Academic Spin-offs Tyrol) aufgenom-
men worden. Die Geschäftsidee war die
Produktion und der Vertrieb eines Mag-
netresonanz-kompatiblen Belastungsge-
rätes für die Wadenmuskulatur. Dieses
innovative Gerät kann bei der Abklärung
der peripheren, arteriellen Verschluss-
krankheit eingesetzt werden, die im
Volksmund auch Schaufensterkrankheit
genannt und oft durch Erkrankungen der
Wirbelsäule maskiert wird. Operationen,
die zu keiner Verbesserung der Sympto-
matik führen, können vermieden werden
bzw. sinnvolle Operationen können
objektiv entschieden werden.
„Zu dem Zeitpunkt, als Ergospect bei
adventure X gewonnen hat, war der
grobe Prototyp fertig. Die Zeit danach
war davon geprägt, diesen einerseits
marktreif zu machen, andererseits die
Produktpalette auszubauen“, erklärt
Mag. Thomas Hugl von Ergospect. Was
auch gelungen ist. Hugls Aufgabe als
zukünftiger Geschäftsführer liegt nun
darin, den Vertrieb weiter aufzubauen
– die ersten Ergospect-Produkte sind
schon auf dem Markt. Und auch der
Ausbau der Produktpalette ist schon
fortgeschritten. Ausgangspunkt war
der Unterschenkel, inzwischen sind
auch schon Belastungsgeräte für die
Oberschenkel- und Gesäßmuskulatur
entwickelt worden, angedacht sind nun
Wirbelsäule und Arm.
Zentrum für biobasierte Industrie der Zukunft
Life Sciences in Tirol |
START-Preis – Neuer Wirkmechanismus – Krebsforschung
G
leich zwei START-Preisträger
stellt die Meduni Innsbruck.
Während David Teis vom Biozent-
rum die Adaption von Zellen in ihrer
Umgebung untersucht, widmet sich
Arthur Kaser von der Uniklinik für In-
nere Medizin molekularen Mechanis-
men, die zu entzündlichen Darmer-
krankungen und Krebs führen.
I
nnsbrucker Forscher um Dietmar
Fuchs und Marcel Jenny haben
einen neuen Wirkmechanismus von
Inhaltsstoffen der Hanfpflanze für die
Behandlung entzündlicher Erkran-
kungen gefunden – Cannabinoide
hemmen den Abbau der Aminosäu-
re Tryptophan und verbessern damit
die Lebensqualität von Patienten.
D
r. Herbert Maier und Dr. Robert
Sucher von der Uniklinik für Vis-
ceral-, Transplantations- und Thorax-
chirurgie der Medizinischen Universität
Innsbruck teilen sich das mit 10.000
Euro dotierte Georg-Stumpf-Stipendi-
um für Krebsforschung der Österreichi-
schen Gesellschaft für Chirurgische
Onkologie.
Foto: Meduni Innsbruck
Vom Prototyp
auf den Markt
ERGOSPECT
Foto: Fotolia
Tissue Engineering
Unter Tissue Engineering versteht
man die Vermehrung von natür-
lichen Zellen unter Laborbedin-
gungen. Mit diesen neuen Zellen
sollen Heilungsprozesse unterstützt,
funktionsuntauglich geworde-
nes Gewebe regeneriert sowie
zerstörte Gewebe ersetzt werden.
Die im Jahr 2000 als Spin-off der
Uniklinik Innsbruck gegründete
Innovacell entwickelt in einem der
modernsten Zellkultur-Labors in
Europa unter anderem Therapien
zur Behandlung von Blasenschwä-
che, die individuell auf die Patienten
zugeschnitten sind. Den Patien-
ten wird eine kleine Muskelfaser
entnommen, daraus werden die
Muskelvorläuferzellen isoliert und in
einem Bioreaktor vermehrt. Diese
werden mit einer ultraschallgeziel-
ten Injektion in den geschwächten
Schließmuskel eingebracht und
helfen, diesen wiederaufzubauen,
um die Kontrolle des Harnflusses
wieder aufzunehmen.
Foto: Friedle
Dr. Ekkehart Steinhuber: Der Geschäftsführer von Innovacell rechnet mit einem Start
der multizentrischen Studie spätestens im I. Quartal kommenden Jahres.