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ir müssen Mobilität neu
denken. Dass dieses im-
mer häufiger zu hörende
Bonmot mehr als nur ein „flotter
Spruch“ sein kann, zeigt die Stadt
Wörgl. Im Zuge eines sehr ambitio-
nierten Energie-Entwicklungsplans
will die Unterländer Gemeinde
auch im Bereich Mobilität neue
Wege gehen. „Es braucht hier noch
sehr viel Überzeugungsarbeit und
wir müssen den Bürgern auch Al-
ternativen bieten“, meint Reinhard
Jennewein, GF der Stadtwerke
Wörgl. Der Energiedienstleister ar-
beitet deshalb intensiv an
einem Konzept zur Umset-
zung von smarter Mobilität
und hat in diesem Kontext
kürzlich die erste öffent-
liche, schnell-ladefähige
Ladesäule im Zentrum von
Wörgl aufgestellt. Dazu
Jennewein: „Um unser
Konzept umzusetzen, ist es
natürlich auch wichtig, dass
es genügend E-Ladestati-
onen gibt. Wir werden das
Schritt für Schritt ausbau-
en. Wir sind hier auch da-
bei, für uns ein Geschäfts-
feld zu erschließen und
glauben, dass es in einigen Jahren
möglich ist, damit Geld zu verdie-
nen.“ Derzeit bieten die Stadtwerke
den Strom aus der Ladestation gra-
tis an. „Wir sehen das als Marketing-
Tool und natürlich auch als Anstoß,
denn es braucht solche Initiativen,
um den Menschen ihre Unsicher-
heiten und Ängste bezüglich der
E-Mobilität zu nehmen“, erläutert
Jennewein und ergänzt: „Und man
darf E-Mobilität auch nicht isoliert
betrachten.“ Es gehe um die Stadt
der kurzen Wege, auch darum, für
den Fußgänger und Radfahrer das
Angebot zu verbessern bzw. attraktiv
zu machen, betont Jennewein. Man
müsse auf längere Sicht das Auto
aus der Stadt hinausbringen. Dazu
setzen die Stadtwerke Wörgl auch
auf die Vorbildwirkung.
Die Stadtwerke selbst sind schon
seit Jahren dabei, ihren kompletten
Fuhrpark auf Alternativantriebe
(Elektro, Erdgas) umzustellen.
„Wir haben pro Fahrzeug eine
durchschnittliche Tages-Kilometer-
Leistung von 40 Kilometern. Und
dafür ist ein Elektroauto die ideale
Lösung“, so Jennewein.
Im Zuge des neuen betrieblichen
Mobilitätskonzepts der Stadtwerke
wurde auch klar, dass die Mitarbei-
ter sehr viele, sehr kurze Wege in
Wörgl mit dem Auto zurücklegten.
Darum kauften die Stadtwerke für
ihre Mitarbeiter E-Bikes, die nach
anfänglichem Zögern sehr gut an-
genommen wurden. „Innerhalb
kürzester Zeit haben unsere Leute
über 2000 Kilometer zurückgelegt
und sind hochzufrieden“, freut sich
Jennewein.
Ein Erfolg, der zeigt, dass die
Menschen zu verstehen beginnen,
dass Mobilität in Zukunft so oder so
anders aussehen wird als bisher.]
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STANDORT
Thema: [ ERNEUERBARE ENERGIEN TIROL ]
Der Klima- und Energiefonds wurde 2007 durch die österreichische Bundesregierung ins Leben gerufen,
um neue, innovative Wege für den Klimaschutz und eine nachhaltige Energiewende zu entwickeln. Seit seiner
Gründung standen dafür 850 Millionen Euro Förderbudget zur Verfügung. Gefördert werden seit Kurzem
auch drei weitere Tiroler Regionen: Alpbachtal, Imst und Pillerseetal-Leogang wurden heuer in die Liste der
heimischen Klima- und Energie-Modellregionen aufgenommen, deren Anzahl damit auf 114 angestiegen ist.
ENERGIE
Drei neue Tiroler Klima- und Energie-Modellregionen
Mehr Top-Betriebe aus dem Cluster
Erneuerbare Energien Tirol finden Sie
au
fwww.standort-tirol.at/mitgliederMehr Info
]
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FAKTEN. NEWS.
[ Thema: Energie ]
Mit E-Mobilität in eine saubere
und sichere Zukunft reisen
Die Stadt Wörgl will bis 2015 energieautonom werden. Dazu geht die Gemeinde
auch im Bereich der Mobilität neue Wege und setzt auf Vorbildwirkung.
Der Erfinder und Tüftler Bruno Lanbach hat einen neuen und hocheffizienten Batterie-Speicher mit
revolutionären Leistungsdaten entwickelt, der den Energiemarkt der Zukunft entscheidend verändern könnte.
Stromspeicher der Zukunft
Sonnige Weltrekorde sind normalerweise
keine Tiroler Spezialität, dank der Jenbacher
Solarfirma Siko Solar ist das nun anders (und
im Guinness Buch der Rekorde verbürgt): Ein
voll funktionstüchtiger Solarkollektor mit einer
Fläche von 70,7 Quadratmetern, erbaut in
knapp 53 Minuten. Erbracht wurde die Toplei-
stung von Installateurlehrlingen und Schülern
der HTL Jenbach gemeinsam mit Siko-Solar-
Mitarbeitern auf der Tiroler Hausbau- und En-
ergiemesse im Februar. Klaus Meyer (Cluster
Erneuerbare Energien Tirol, re.) gratulierte
dazu Arthur Sief, dem Geschäftsführer von
Siko Solar.
Im Pitztaler Gletscherskigebiet oberhalb
des Restaurantbereichs, auf rund 2850 Metern
Seehöhe, soll Europas höchstgelegene Pho-
tovoltaikanlage entstehen. Mit den zirka 2400
Modulen wurde eine Gesamtleistung von 600
Kilowatt Peak installiert. Die förderbaren Inve-
stitionskosten belaufen sich auf 2,6 Millionen
Euro, das Land Tirol unterstützt das Projekt
mit 519.400 Euro.
Foto: Standortagentur Tirol
[ konkret GESEHEN]
Auszeichnung in Gold
W
ährend andernorts immer noch darüber
gestritten wird, wie man mit den
Veränderungen, die Klimawandel und Res-
sourcenknappheit mit sich bringen, umgehen
sollte, geht die Osttiroler Gemeinde Virgen
konsequent ihren eigenen Weg. Und das schon
seit über 20 Jahren. Virgen wurde 2013 zum
zweiten Mal mit dem „European Energy Award
Gold“ (EEA) ausgezeichnet. Das Programm
bewertet besonders erfolgreiche Leistungen
im Klimaschutz und wird durch regelmäßige
Audits kontrolliert. „Wir beschäftigen uns schon
seit Anfang der 90er Jahre mit diesem Thema
und haben seither Schritt für Schritt den Weg
zur energiebewussten Gemeinde umgesetzt“,
erläutert Bürgermeister Dieter Ruggenthaler.
So wurde der Verbrauch von Heizenergie durch
verschiedene begleitende Maßnahmen in den
letzten zwölf Jahren halbiert. 2013 beschloss
der Gemeinderat zudem, dass in Virgen weder
bei Neubau noch bei Sanierungen in Zukunft Ölheizungen eingebaut werden. Dem
Zertifizierungsverfahren des EEA liegt ein Qualitätsmanagementsystem zugrunde, mit
dem die Aktivitäten der Kommune erfasst, bewertet, geplant, gesteuert und regel-
mäßig überprüft werden. Der EEA wird ab 50 Prozent erfüllten Punkten, EEA Gold
ab 75 Prozent verliehen – letzteres ein Wert, den Virgen bereits beim Audit 2008
überschritt. Wie man als finanzschwache Gemeinde die notwendigen Investitionen
tätigen kann, zeigt sich auch bei der Straßenbeleuchtung. Nachdem sich Virgen die
Umstellung auf die energieeffizienteren Natrium-Dampflampen nicht leisten konnte,
griff ein Gemeindemitarbeiter zur Selbsthilfe und entwickelte ein Modul, das den
Verbrauch der herkömmlichen Lampen deutlich senken konnte. „Man sieht hier be-
sonders deutlich, dass unsere Teilnahme am EEA für unsere Gemeinde auch sinn- und
identitätsstiftend ist“, betont Ruggenthaler. Ein Beispiel dafür ist auch das Virger Mobil,
ein Pkw mit Chauffeur, der den Gemeindebürgern tagsüber von Montag bis Freitag
zur Verfügung steht. Seit 2005 im Gemeindegebiet unterwegs, werden pro Tag rund
20 Personen um einen Euro von 28 ehrenamtlichen Fahrern chauffiert. Darin dürfte
auch das Geheimnis des Erfolgs begründet sein. In Virgen wurde die Bevölkerung von
Anfang an intensiv mit eingebunden. So wird zwar viel über die Umsetzung diskutiert,
aber schon lange nicht mehr, ob und warum.
Dieter Ruggenthalers Gemeinde
Virgen wurde mit dem „European
Energy Award Gold“ ausgezeichnet.
D
ie Speicherung von Ener-
gie ist eine der ganz groß-
en Zukunftsfragen. Eine
mögliche Antwort kommt aus Tirol.
Der Tüftler und Erfinder Bruno
Lanbach, Geschäftsführer der Fir-
ma Garamanta in Kolsass, hat einen
neuartigen Speicher entwickelt, der
besser als andere Batterien auf dem
Markt Strom in großen Mengen
über einen langen Zeitraum und
fast ohne Verluste speichern kann
und durch bahnbrechende Leis
tungsdaten beeindruckt.
„Die Vorteile der neuartigen
Speicher sind enorm. So können
sie zum Beispiel eingesetzt werden,
um Strom aus einer privaten Photo-
voltaikanlage zu speichern, um ihn
dann ganz nach eigenem, individu-
ellem Bedarf zu verbrauchen, er-
klärt der Erfinder. Denn hier gibt es
bisher das Problem, dass untertags,
wenn Sonnenenergie gewonnen
werden kann, der Bedarf oft gering
ist. „Und am Abend, wenn ich zu
Hause bin und unter Umständen
auch mein Elektroauto wieder la-
den muss, liefert die Photovoltaik
anlage keine Energie mehr und
ich muss dann erst wieder Strom
zukaufen“, so Lanbach. Zudem ist
seine Speicherinnovation ein idea-
les Notstromaggregat, da sie auch
unbenutzt ihre Leistungsfähigkeit
über einen sehr langen Zeitraum
behalten. Ein besonderes Pro-
blem haben die Energieversorger:
„Die Stromleitungen sind große
Energiefresser, die mit steigender
Stromstärke auch größere Verluste
verursachen“, betont Lanbach. Der
neue Speicher bietet der Energie-
wirtschaft die Möglichkeit, ihre
Kunden konstant mit Grundlasten-
ergie zu beliefern, den Spitzenver-
brauch holt sich der Konsument
dann aus seinem eigenen Speicher,
was zudem den aufwändigen Regel
energieausgleich vermeidet. „Ein
weiterer großer Vorteil ist die Kom-
paktheit unserer Speicherlösung“,
betont Lanbach. Da der Wirkungs-
grad des Speichers sehr hoch ist,
sind keine großen Anforderungen
an Kühlsysteme nötig, wodurch ein
solcher Energiespeicher mit zehn
MWh in einem 20 Fuß großen Stan-
dardcontainer Platz hat.
Die hohe Leistungsfähigkeit der
neuen Speicher zeigt sich auch in
einem Vergleich mit herkömm-
lichen Standard-Bleiakkus, betont
Lanbach: „Ein 200-Ah-Standard-
Bleiakku verfügt nach 500 Ladezy-
klen nur noch über eine Restkapa-
zität von rund 67 Prozent. Damit
hat er schon mehr oder weniger
die Grenze seiner definierten Le-
bensdauer erreicht. Bleibatterien
haben einen Wirkungsgrad von
rund 60 Prozent – oder anders ge-
sagt, wenn man 1000 Wh abspei-
chert, bekommt man nur 600 Wh
wieder heraus.“ So präsentierte der
Erfinder 2013 bei einer Tagung
eine 6-kWh-Version seiner Batte-
rie, die bei einem Nennstrom von
400 Ampere einen Wirkungsgrad
von 97 Prozent erzielt. „Außerdem
kann die Batterie bis zu 95 Prozent
entladen werden, ohne dass sie da-
bei Schaden erleidet“, erklärt Lan-
bach.
Diese sehr hohe Speichermög-
lichkeit hat naturgemäß auch ei-
nen entscheidenden Einfluss auf
die Investitionen im Gesamtkon-
zept einer Photovoltaikanlage. So
braucht man zum Beispiel weniger
PV-Zellen und erzielt bei den zahl-
reichen Ladezyklen übers Jahr ge-
sehen eine wesentlich höhere Aus-
beute. Bezüglich der Lebensdauer
meint Lanbach: „Wir gehen davon
aus, dass die Speicher 5000 bis über
10.000 Ladezyklen – je nach Be-
triebssituation – schaffen werden.
Wir haben von Anfang an das Ziel
verfolgt, einen hocheffizienten
Speicher zu bauen, der wirklich
ungefährlich ist und auch bei der
Entsorgung keine Probleme macht.
Nach vielen Jahren Entwicklungsar-
beit verfügen wir nun über einen
Speicher, der zwischen –30° und
+60° Celsius ohne nennenswerten
Leistungsverlust eingesetzt werden
kann“, so Lanbach. Das neue Sys-
tem ist auf jeden Fall serienreif und
wartet darauf, vom Einfamilienhaus
bis zu Großanlagen zum Einsatz zu
kommen. ]
Foto: Huber
Erfinder und Tüftler Bruno Lanbach mit
seinem neuartigen Energiespeicher.
Foto: Friedle
Reinhard Jennewein: „Die neue Schnell-Ladestation
wird inzwischen schon sehr gut angenommen.“
Foto: Gemeinde Virgen