Standort Tirol 03 2015 - page 3

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STANDORT
Thema: [ ERNEUERBARE ENERGIENTIROL ]
Das Computerprogramm DALEC erlaubt die Planung und Simulation der Lichtverhältnisse an
einem beliebigen Bauplatz und berechnet zugleich die Energieeinsparung. Entwickelt wurde es im
Rahmen des angeschlossenen COMET-Forschungsprojekts K-Licht von den Partnern Bartenbach
Lichtlabor, Zumtobel Lighting und der Universität Innsbruck. In einem erst kürzlich von der FFG
bewilligten Projekt wird DALEC nun weiterentwickelt.
ENERGIE
DALEC – Day- and Ar tificial Light Energy Calculation
Mehr Top-Betriebe aus dem Cluster
Erneuerbare Energien Tirol finden Sie
auf­www.standort-tirol.at/mitglieder
Mehr Info
[
]
FAKTEN. NEWS.
[ Thema: Energie ]
Clustermitglied Syneco lancierte eine
der ersten offiziellen Handelsplattformen
zur Akkreditierung von Energieeffizienzpro-
jekten und dem Handel mit Energieeffizi-
enzmaßnahmen. SYNECO wickelt deren
Einreichung und Akkreditierung bei der
Monitoringstelle ab und ermöglicht so den
Handel mit Energieeffizienznachweisen.
Im EU-Projekt SolarTirol haben Südtirol
undTirol mit EURAC und Uni Innsbruck
ihre Solarpotenziale erfasst. Die Erhebung
wurde mit der Auswertung der Solare-
nergiepotenziale von Dachflächen abge-
schlossen. Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte
aller Dachflächen weisen Möglichkeiten zu
Energiegewinnung auf. Wichtige Solar-
Daten werden nun auf Open DataTirol als
elektronische Kartendienste zur Einbindung
in geografische Softwareanwendungen
auf Nutzerseite frei geschaltet. Besonders
detaillierte Informationen werden nach
Gemeinden aufgeteilt als Download-Dateien
angeboten.
STANDORT:
Tirol will bis 2050 den
Stromanteil aus Sonnenergie von
derzeit einem auf 20 Prozent stei-
gern. Wie realistisch ist in Ihren Au-
gen dieses Ziel?
HUBERT FECHNER:
Wenn die
bayrischen Nachbarn heute bereits
zwölf Prozent Solarstromanteil re-
alisiert haben, wirken 20 Prozent
für das südlich benachbarte Tirol in
den kommenden 35 Jahren als ein
nahezu bescheidenes Ziel, vor allem
wenn man auch gesteigerte Wir-
kungsgrade und die weitere Kosten-
senkung der Photovoltaik bedenkt,
die von allen Experten vorausgesagt
werden. Es geht bei der Solarstrom-
nutzung in Tirol um ein möglichst
optimales Ergänzen der Wasserkraft
durch Solarenergie, um die Klima-
ziele zu erreichen; vor allem Anwen-
dungen im Mobilitäts- und Wärme-
bereich, die heute noch mit fossilen
Energien bedient werden, sollen
dann mit erneuerbarem Strom er-
folgen, der in Tirol aus Wasserkraft,
Solarenergie und auch einem Anteil
an Bioenergie bestehen wird.
STANDORT:
Als idealer Einsatzort
für Photovoltaikanlagen im urbanen
Raum gelten Dachflächen. Wo se-
hen Sie noch anderes Potenzial?
FECHNER:
Photovoltaik hat die
positive Eigenschaft, auf bereits be-
bauten Flächen einen Zusatznutzen
zu generieren; neben Dach- und
Fassadenflächen eignen sich auch
Verkehrsflächen wie Schallschutz-
wände, Parkflächen, Brücken, Sport-
und Freizeiteinrichtungen und an-
dere Objekte. Experimente werden
derzeit mit Photovoltaik an „gepfla-
sterten“ Radwegen, aber auch di-
rekt auf Fahrzeugen durchgeführt,
auch schwimmende Photovoltaik-
Plattformen in Staubereichen von
Kraftwerken und an Seen sind im
Probebetrieb.
STANDORT:
Ein nicht einfach zu
lösendes Problem in Zusammen-
hang mit Photovoltaik und anderen
Erneuerbaren Energien ist die Spei-
cherung von überschüssiger Ener-
gie. Wo sehen Sie vielversprechende
Lösungsmöglichkeiten und warum?
FECHNER:
Es gibt aktuell weltweit
geradezu einen Boom in der Spei-
cherforschung. Nie zuvor war es er-
forderlich, derart große Strommen-
gen zu speichern, wie heute durch
den starken Ausbau der Wind und
Solarenergie erforderlich wurde.
Diese erst vor relativ kurzer Zeit ge-
startete intensive Forschung wird
schon in wenigen Jahren zu mas-
siven Kostensenkungen bei elektro-
chemischen Speichern – Batterien
– als auch im Themenbereich der
Gase, vor allem Wasserstoff und er-
neuerbares Methangas führen.
STANDORT:
Sie waren Anfang Ok-
tober in Schwaz bei der 13. Öster-
reichische Photovoltaik-Tagung. Wie
lautet ein kurzes Resümee Ihrerseits?
FECHNER:
Die
Fachtagung
in
Schwaz war ein voller Erfolg: Es war
ein intensiver dreitägiger Erfah-
rungsaustausch von 220 Photovolta-
ik-Experten in perfekter Tagungsum-
gebung, es gab viele neue Impulse
für Forschung, Innovationen und
Ideen zur weiteren Verbreitung der
Solarstromtechnologie. ]
Als erstes umgesetztes Sinfonia-Projekt wurde in Innsbruck die Volksschule Siegmairstraße saniert. Das
­Ergebnis zeigt, wie energieeffiziente Maßnahmen im Rahmen des Denkmalschutzes umgesetzt werden können.
Sinfonias erster Streich
Wasserstoff aus dem Labor
[ konkret GESEHEN ]
Ein möglichst optimales Ergänzen
„Ein nahezu bescheidenes Ziel“ nennt Photovoltaik-Experte Hubert Fechner den
Tiroler Plan, bis 2050 den Stromanteil aus Solarenergie auf 20 Prozent zu steigern.
D
as Prinzip habe man sich von
der Natur abgeschaut, gibt
Christof Strabler zu. Mit Hilfe von
Sonnenlicht und Chlorophyll wandeln
PflanzenWasser und Kohlendioxid in
Sauerstoff und Glukose als Energie-
speicher um. Kann man, fragt sich der
Mitarbeiter des Instituts für Allgemei-
ne, Anorganische undTheoretische
Chemie der Uni Innsbruck, mit
SonnenlichtWasser in seine Bestand-
teile zerlegen und so begehrten
Wasserstoff günstig und effizient
produzieren?
Wasserstoff rückt im Zuge der
Energiewende wegen seiner ho-
hen Energiedichte ins Zentrum der
Forschung, zudem lässt er sich sehr
gut speichern, kann in Brennstoff-
zellen zur effizienten Erzeugung
von Energie eingesetzt werden und
hinterlässt bei seiner Verbrennung
Wasser als einziges Abfallprodukt.
„Man kannWasser mit Hilfe von
Strom in Sauerstoff undWasserstoff
spalten“, weiß Strabler, effizient sei
das aber nicht: „Unter bestimmten
Bedingungen kann das aber auch
Sonnenlicht.“ Dazu mussWasser mit
einem Metall als „Chlorophyll-Ersatz“
versetzt werden, damit es mit dem
Sonnenlicht interagiert. Forschungen
mit den Metallen Osmium und – im
Falle Strablers – mit Ruthenium und
Iridium konnten zu einem besseren
Verständnis des Prozesses führen, nur
sind diese Metalle selten und teuer.
Kupfer würde sich als Ersatz anbie-
ten, wenige Milli- oder Mykrogramm
werden demWasser beigegeben
und dieses in speziellen Kammern
mit Sonnenlicht bestrahlt. Kupfer
habe aber leider einige Eigenschaf-
ten, die sich mit dem Prozess nicht
vertragen würden, sagt Strabler, seine
Forschungsarbeit gehe daher in die
Richtung, „so an den Stellschrauben
zu drehen, dass es sich eignet.“ Nur
einTeil des komplexen über die FFG
in Zusammenarbeit mit demVerbund
und Swarovski finanziertenVorha-
bens: Der Prozess der „künstlichen
Photosynthese“ muss möglichst lange
stabil gehalten werden, auch die
optimaleWellenlänge des Lichts muss
gefunden werden. Mit ein Grund, wa-
rum es noch ein langerWeg zu einer
Wasserstoff-Energiewirtschaft auf
Basis von Photosynthese sein wird.
Christof Strabler: „Bei Kupfer an den
Stellschrauben drehen.“
Foto:Andreas Friedle
Foto:Hannes Mallaun
Hubert Fechner, Leiter des Studien-
gangs Erneuerbare Urbane Energiesys­
teme an der FHTechnikumWien: „Es
gibt aktuell weltweit geradezu einen
Boom in der Speicherforschung
.“
S
ie sei das „schönste und mo-
dernste Schulhaus des Landes“
hieß es 1960 bei der Eröffnung
der Innsbrucker Siegmairschule, die
damals vier Volksschulen sowie eine
Volksschul­oberstufe
beherbergte.
2006 fand die Siegmair­schule – in-
zwischen bot der Gebäudekomplex
einem Kindergarten, einer Volks-,
Sonder- und Polytechnischen Schu-
le sowie dem Sonderpädagogischen
Zentrum Platz – im Tiroler Denkmal-
bericht Anerkennung als „ein wert-
volles Zeugnis der in Tirol 1949 ein-
geführten Initiative der öffentlichen
Kunstförderung“. 2015 aber war der
Bau in die Jahre gekommen und eine
Sanierung dringend notwendig. Um-
gesetzt wurde diese in Rekordtempo
– Ende Juni bis Ende Oktober 2015
– und als erste vollendete Maßnahme
des EU-Projekts Sinfonia.
Sinfonia ist das größte Smart City-
Projekt Österreichs und reicht über
die Landesgrenzen hinaus. 30 Part-
ner aus acht europäischen Ländern
wollen – co-finanziert über das 7. EU-
Forschungsrahmenprogramm – inno-
vative urbane Energielösungen umset-
zen, Pionierstädte sind Innsbruck und
Bozen. In ausgewählten Stadtteilen
sollen der Energiebedarf um 40 bis 50
Prozent gesenkt, der Anteil regenera-
tiver Quellen in der Strom- und Wär-
meversorgung um 30 Prozent erhöht
und der CO
2
-Ausstoß um 20 Prozent
gesenkt werden. „Durch die im Rah-
men der Sanierung durchgeführten
Umstellung der Beleuchtung auf LED
wird in der Volksschule Siegmairstra-
ße der Primärenergieverbrauch um
60 Prozent reduziert und der CO
2
-
Ausstoß um zwölf und bezogen auf die
gesamten Maßnahmen um circa 105
Tonnen vermindert“, spricht Markus
Schöpf, Technischer Leiter beim Sin-
fonia-Projektpartner IIG, einen Punkt
der erfolgreichen Sanierung an.
„Die Siegmairschule steht unter
Denkmalschutz, sämtliche Maßnah-
men mussten daher im Vorfeld mit
dem Denkmalamt abgestimmt wer-
den“, berichtet Schöpf. Die neuen
Fenster, ausgestattet mit einer dreifa-
chen Wärmeschutzverglasung, sind
optisch von den Originalen nicht zu
unterscheiden, sorgen für eine hohe
Energieeinsparung und sind Teil des
Konzeptes für die Sommertauglich-
keit der Schule. Dazu gehört auch
der sanierte außenliegende Sonnen-
schutz. Neue Wege ging man mit dem
Einbau der Komfortlüftungsanlage
als Mischluftsystem und der Nutzung
der Gänge als Verteilsystem. Die Lüf-
tungsanlage wird zudem an warmen
Tagen auch zur Senkung der Raum-
temperatur über Nacht genutzt. Im
Zuge der Kellertrockenlegung wurde
das Untergeschoß thermisch saniert.
Das Dach wurde wieder als Furaldach
ausgebildet. „Mit diesen beispielhaft
angeführten Maßnahmen haben wir
nicht nur eine energieeffizienteres
Gebäude, sondern auch eine bessere
Luftqualität und Raumakustik“, resü-
miert Schöpf das Ergebnis der Drei-
Millionen-Investition. Bei einer Bege-
hung habe man das Innsbrucker und
Boz­ner Sinfonia-Team bewusst vom
nicht renovierten Teil der Polytech-
nischen Schule in die sanierte Volks-
schule geführt – „Der Unterschied
war sicht- und fühlbar.“ Mit der Sieg-
mairschule, so Schöpf, habe man nun
ein interessantes Beispiel einer ener-
gieeffizienten Sanierung im Rahmen
des Denkmalschutzes: „Wenn nach
der Sanierung gesagt wird ,Was habt
ihr eigentlich saniert? Das schaut ja
aus wie vorher!‘ – dann weiß man, dass
man es richtig gemacht hat.“ ]
Fotos:Andreas Friedle
Fotos:StandortagenturTirol
Markus Schöpf: „Nicht nur eine energieeffiziente Lösung, sondern auch bessere Luftqualität und Akustik.“
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