Standort Tirol 03 2015 - page 7

3 2 1
4 5 6
7
8
0315
STANDORT
Neue Diagnose-Tools für verbesser tes Infektionsmanagement
Das Marie-Sklodowska-Curie Innovative Training Network “OPATHY - Omics of PATHogenic Yeasts”
ist ein von der Europäischen Kommission im Rahmen von Horizon 2020 finanziertes Ausbildungs- und
Forschungsprojekt. Maßgeblich beteiligt an diesem Netzwerk-Projekt ist die von Cornelia Lass-Flörl geleitete
Sektion für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Universität Innsbruck. Ziel ist es,
neue diagnostischeWerkzeuge zur raschen Detektion von Pilzinfektionen zu entwickeln.
SCIENCE
Thema: [ LIFE SCIENCES TIROL ]
Mehr Top-Betriebe aus dem Cluster
Life SciencesTirol finden Sie auf­
Mehr Info
[
]
FAKTEN. NEWS.
[ Thema: Life Science ]
Erstmals in Österreich
erhielten an der Innsbru-
cker Uniklinik für Hals-,
Nasen- und Ohrenheil-
kunde drei Patienten einen
Zungenschrittmacher. Diese
Implantate stimulieren den Bewegungsnerv
der Zunge.Von der innovativen Therapie
profitieren Menschen, die an einer speziellen
Form des Schlafapnoesyndroms (Schnarchen
mit Atemaussetzern) leiden. „Mit diesem
Implantat kann zwar nur eine kleine Gruppe
von Patientinnen und Patienten behandelt
werden, aber bei ihnen ist wegen des stark
erhöhten Schlaganfall- und Herzinfarktrisikos
die Lebenserwartung herabgesetzt“, erklärt
der Direktor der Innsbrucker HNO Herbert
Riechelmann.
Der Molekularbiologe
Walther Parson vom Institut
für Gerichtliche Medizin der
Medizinischen Universität
Innsbruck wurde beim 26.
Kongress der „International
Society for Forensic Genetics (ISFG)“ in
Krakau zum Präsidenten der Gesellschaft
gewählt. Diese besteht aus rund 1200
aktiven Mitgliedern aus über 50 Ländern.
Damit unterstreicht das Innsbrucker Institut
seine Stellung in der forensischen Molekular-
biologie.
Z
ugegeben, H2020-PHC-2014
klingt nicht besonders sexy,
ebenso geht „Advanced bio-
informatics platform for personalised
cancer immunotherapy“ nicht beson-
ders leicht von den Lippen. In Kombi-
nation bedeutet es aber, dass 2015 aus
dem EU-Förderprogramm Horizon
2020 im Bereich „Personalising Health
and Care“ für das Projekt APERIM
drei Millionen Euro genehmigt wur-
den, um drei Jahre lang bioinforma-
tische Lösungen zur personalisierten
Krebsimmuntherapie zu entwickeln.
„Kopf“ des Projekts ist der Innsbru-
cker Bioinformatiker Zlatko Trajano-
ski, APERIM ist damit das einzige in
Öster­reich koordinierte EU-Projekt
aus der PHC-Schiene des ersten Hori-
zon-2020-Calls.
„Wir haben uns vier Ziele gesetzt“,
sagt Trajanoski über das im Mai 2015
gestartete Projekt: In einer neuen
Datenbank sollen neben allen mole-
kularen Informationen – die durch
neue Verfahren der Hochdurchsatz-
Sequenzierung („Next Generation
Sequencing“) immer mehr werden
– auch die Bilddaten zu einem Tu-
mor gesammelt werden; Eine eigens
entwickelte Software soll diese Daten
auswerten, um damit die Diagnose zu
verbessern und Hochrisikopatienten
identifizieren zu können; Ebenfalls
softwarebasiert sollen aus den umfas-
senden Detailinformationen zu einem
Tumor Antigene für die Entwicklung
einer individualisierten Krebsimpfung
identifiziert werden; „Das vierte Ziel
ist eine Vision. Wir möchten eine neue
Methode entwickeln, mit der die Anti-
genspezifität und die Tumorreaktivität
von T-Zellen, die eine wichtige Rolle
im menschlichen Immunsystem spie-
len, vorausgesagt werden kann. Auf
Basis dieser Informationen soll dann
eine individuelle T-Zellen-Gentherapie
entwickelt werden“, blickt der Direk-
tor der Sektion für Bioinformatik der
Medizinuni Innsbruck in die Zukunft.
Akademische Partner und Unterneh-
men aus sechs Ländern arbeiten an
dem Projekt, in erster Linie will man
sich mit Darm- und Brustkrebs sowie
Gliomen (Hirnturmoren) beschäftigen,
wobei Trajanoski betont: „Das ist das
Schöne an der Immuntherapie. Wenn
die Methode funktioniert, kann man
sie auch bei anderen Tumorarten an-
wenden.“
Das menschliche Immunsystem
schützt den Organismus nicht nur vor
körperfremden Krankheitserregern,
sondern auch vor Tumorzellen. Aller-
dings können Krebszellen auf verschie-
dene Weise die Kontrolle des Immun-
systems austricksen, die so verminderte
Abwehrreaktion kann jedoch, wie zahl-
reiche Forschungsarbeiten gezeigt ha-
ben, therapeutisch stimuliert werden.
Der Bioinformatiker räumt aber ein,
dass die Immuntherapie auch einen
Haken hat – jeder Tumor hat eine un-
terschiedliche Beschaffenheit, daher
ist es nicht möglich, für eine Krebsart
eine einzige Impfung zu entwickeln.
„Eine solche therapeutische Impfung
zur Krebsbehandlung muss personali-
siert sein. Durch die Software, die wir
entwickeln wollen, würde die notwen-
dige Analyse dafür zukünftig erleich-
tert werden“, beschreibt Trajanoski
einen Schritt, der es ermöglichen soll,
in Zukunft Krebserkrankungen mit
modernster Präzisionsmedizin behan-
deln zu können. ]
In dem EU-Projekt APERIM entwickeln Innsbrucker Bioinformatiker rund um Zlatko Trajanoski
­gemeinsam mit einem internationalen Team eine neue Behandlungsplattform für die Krebsimmuntherapie.
Eine Frage der Personalisierung
Checks mit Sensortechnik
[ konkret GESEHEN ]
Foto:MUI/Jan Hetfleisch
D
as Kreuzband ist für Patrick
Koller so eine Sache. Ein Riss
desselbigen beendete die Karrie-
re des Skicrossers und zweifachen
Olympiateilnehmers, die Erhebung
sportartspezifischer Normwerte für
einen post­operativen Kreuzband-
Check bescherte ihm einThema für
die Masterarbeit sowie den Kontakt
zu CoRehab. Das Trentiner Unterneh-
men – Gründung 2012 – hat sich auf
Telerehabilition in Kombination mit
Videospielen spezialisiert, seit 2013
gibt es einen Standort– und Koope-
rationen – inTirol, seit März 2015 ist
Koller der CoRehab-Mann inTirol.
„Die Entwicklung unserer drei Pro-
dukte ist abgeschlossen“, sagt Koller, der
sie nun im deutschsprachigen Raum an
den Mann – sprich Reha- und Gesund-
heitszentren, aber auch Privatpersonen
– bringen soll. Ausgangspunkt war Ria-
blo, mit dem Patienten Reha-Übungen
spielerisch zu Hause durchführen und
deren richtige Ausführung an einem
Bildschirm überprüfen können. Die
vom Physiotherapeuten vorgegebenen
Bewegungen werden mit einer spezi-
ellen Sensortechnik an einen Compu-
ter übertragen und in Echtzeit insVi-
deospiel eingebaut. „Der Patient erhält
also nicht nur verbale und manuelle
Informationen vom Physiotherapeuten,
sondern auch ein audiovisuelles Feed-
back“, betont Koller. Mit dem Schritt
nachTirol ergab sich für CoRehab die
Möglichkeit, mit Sporttherapie Huber,
dem Institut für Sportwissenschaft und
dem heutigen Gelenkpunkt – Zentrum
für Sport- und Gelenkchirurgie „Back in
Action“, einTestverfahren für die Knie-
belastung nach Kreuzbandverletzungen,
zu entwickeln und zu digitalisieren.
432 alters- und geschlechtsspezifische
Normwerte sind demTest unterlegt,
um die optimal Rückkehr in die Aktivi-
tät zu gewährleisten. Und mit „Check
in Motion“ hat CoRehab noch eine
Applikation für Functional-Movement-
Screen im Programm, ein standardi-
siertes Testverfahren, das mit sieben
Übungen Bewegungsabläufe misst.
Zufrieden gibt man sich mit dem
Dreier-Paket aber noch nicht. Ange-
dacht ist ein „Back in Action“ für die
Schulter und ein sportartspezifischer
Knie-Check – womit wieder Kollers
Sache mit dem Kreuzband ins Spiel
kommen würde. Info:
S
chlafstörungen sind viel
mehr als Schlaflosigkeit“,
sagt Birgit Högl, Leiterin
des Schlaflabors an der von Werner
Poewe geleiteten Innsbrucker Uni-
versitätsklinik für Neurologie, und
beginnt aufzuzählen: Da wären
die Insomnien, also alle Arten der
Schlaflosigkeit von Nicht-Ein- bzw.
Nicht-Durchschlafen-Können
bis
zur schlechten Schlafqualität; die
Syndrome der Hypersomnolenz, ge-
meinhin Schlafsucht genannt und in
Gestalt von Tagesschläfrigkeit auftre-
tend; die Schlafatemstörungen vom
Schnarchen bis zum Aussetzen der
Atmung; Parasomnien – untypisches
Verhalten während des Schlafes wie
etwa Schlafwandel; oder schlafbezo-
gene Bewegungsstörungen, z.B. das
Restless-Leg-Syndrom.
Insofern, fährt die Medizinerin
Högl fort, ist fast jeder Mensch im
Laufe seines Lebens einmal von ei-
ner Schlafstörung betroffen, nicht
immer müsse man aber etwas dage-
gen tun, nicht jeder brauche eine
Untersuchung im Schlaflabor. Wenn
aber doch, sind die sechs Betten
im modernst eingerichteten, 1995
gegründeten Labor an der Medizi-
nischen Universität Innsbruck genau
der richtige Ort, um den Ursachen
der Schlafstörung auf den Grund zu
gehen und diese zu behandeln. Un-
terschiedlichste Messwerte werden
analysiert, von Hirnstromkurven
über Muskelspannung bis zu Augen-
und Körperbewegungen, die detail-
lierte und aufwändige Auswertung
ergibt eine Untersuchung, so Högl,
mit der man eine gute Aussage tref-
fen kann.
Um die Diagnose- und Therapie-
qualität noch mehr zu verbessern,
kooperiert das Innsbrucker Schlafla-
bor-Team intensiv mit Universitäten
auf der ganzen Welt, aber auch mit
einer belgischen IT-Firma. Högl:
„Diese hat eine Schlafmedizinsoft-
ware entwickelt, die nun auf unsere
Anfrage hin mit uns verbessert wird.“
Ein Forschungsaufenthalt in Bue­
nos Aires brachte die damals „fast
fertige Neurologin“ Högl auf das
„große Feld“ des Schlafes, „ich habe
festgestellt, wie wichtig es für die
Neurologie ist“. Außerdem sei es
faszinierend, mit wie vielen Diszipli-
nen die Schlafmedizin in Kontakt
komme. Auch einige Unternehmen
hätten schon angefragt, um ihre
Produkte und deren Einfluss auf
den menschlichen Schlaf messen zu
lassen, eine solche wissenschaftliche
Untersuchung sei aber, räumt Högl
ein, zeitaufwändig und teuer. Kon-
kret geworden ist eine Umsetzung
mit der Glockengießerei Grassmayr,
die wissenschaftliche Untersuchung
der entspannenden Wirkung von
bronzenen Klangschalen mit einem
Durchmesser von fast zwei Metern ist
abgeschlossen, die Ergebnisse wer-
den demnächst publiziert.
]
Bis zu 65 unterschiedliche Messwerte werden im Schlaflabor analysiert.
Foto:Schlaflabor
Geforscht wird (wie) im Schlaf
Schlafstörungen sind so zahlreich wie ihre Ursachen. Sie diagnostisch und
­therapeutisch noch besser abzudecken, ist das Ziel des Innsbrucker Schlaflabors.
Patrick Koller: „Neben verbaler und ma-
nueller Information auch audiovisuelle.“
Foto:Andreas Friedle
Foto:MUI/Lorbeg
Foto:Privat
„Eine therapeutische­
Impfung zur
­Krebsbehandlung
muss personalisiert
sein.“
ZlatkoTrajanoski
1,2,3,4,5,6 8
Powered by FlippingBook