Standort Tirol 03 2015 - page 6

3 4 5
6
7 8
STANDORT
0315
2 1
WELLNESS
Thema: [ WELLNESS TIROL ]
Positive Entwicklung des Tiroler Sommer tourismus
Ein Zuwachs bei den Nächtigungszahlen und das beste Ergebnis bei
den Ankünften seit Beginn der Aufzeichnungen aus – so die erfreuliche Bi-
lanz von Mai bis September 2015. Die Sommer-Nächtigungen stiegen 2015
imVergleich zumVorjahr um 4,6 Prozent auf 17,8 Millionen, die Ankünfte
um 9,5 Prozent auf 4,8 Millionen.
STANDORT:
Tirol jubelt heuer über
ein Nächtigungsplus im Winter und
Sommer, weniger gut schaut es mit
einem Umsatzplus aus. Gilt für den
Tourismus die Redensart „seinen
Preis wert sein“ nicht mehr?
NORMAN GRIESSER:
Ein regelmä­
ßig wiederkehrendes Thema in der
Branche – angesichts positiver Näch­
tigungszahlen – sollten der Preis und
der Ertrag steigen – leider nein. Bei
den Logispreisen scheiden sich nach
wie vor die Geister – bei der Preisge­
staltung für Getränke und Verpfle­
gung weniger. Es fehlt viel zu oft eine
durchdachte Preisstrategie für das
Produkt samt Preisdurchsetzung. Der
Preis hat eine viel höhere strategische
Bedeutung und dient als wirksamer
Qualitätsindikator für den Gast. Jeder
Betrieb sollte seine Untergrenze ken­
nen und festlegen und konsequent
einhalten.
STANDORT:
Wie reagiert man auf
Dumpingpreise der Mitbewerber?
GRIESSER:
Alle Gäste reagieren nicht
immer auf billige Preise: Heben Sie
Ihre Vorteile hervor, bieten Sie einen
Zusatznutzen für den Gast – mehr als
nur ein Zimmer und Verpflegung.
Gestalten Sie ein Produkt, das der di­
rekte Mitbewerber so nicht anbieten
kann.
STANDORT:
Gäste entscheiden sich
immer spontaner – speziell für Kurz­
urlaube. Wie kann man als Touris­
musanbieter darauf reagieren?
GRIESSER:
Das ist ein Trend, der seit
Jahren erkennbar ist und sich auch
in Zukunft durch verändertes Rei­
severhalten und starke gesellschaft­
liche Veränderung halten wird – ein
Überdenken der bisherigen Preisge­
staltung ist hier unabdingbar, um am
Ende erfolgreich zu sein. Der Kunde
ist angesichts dieser Veränderung
durchaus bereit, etwas mehr für die
gebotene Leistung zu bezahlen. Kurz,
intensiv und mit allen Sinnen erleben
und rasch zurück ins Büro.
STANDORT:
Im letzten Winter war
von weißen Weihnachten nichts zu se­
hen. Wie kann man dem drohenden
Ausbleiben der Gäste begegnen?
GRIESSER:
In starken Winterdestina­
tionen, wo der alpine Wintersport in
allen Facetten das bestimmende The­
ma und Teil des Angebotes ist, wird es
auch bei günstigen Preisen schwierig,
ähnlich viele Gäste anzusprechen.
Hier gilt es abzuwägen, ob man nicht
Angebote mit drei bzw. vier Tagen an­
bietet und damit über die Feiertage
eine vernünftige Auslastung zu erzielt.
Die Alpen und unsere Natur bieten
auch mit weniger Schnee einen idea­
len Ort für Erholung und Entspan­
nung für viele gestresste Stadtmen­
schen und Eltern mit Ihren Kindern.
STANDORT:
Ein neuer Trend sind
private Online-Unterkunftsplattfor­
men wie „Airbnb“ – wie wirkt sich das
auf die Preisspirale aus?
GRIESSER:
Man wird sehen, wie sich
dieser Trend, bisher ohne Regulie­
rung, weiter entwickelt. Zu stoppen
wird er nicht mehr sein bei mehr als
zehn Millionen gebuchten Übernach­
tungen seit 2008 weltweit. Wie sich
dieser Trend auch bei uns in Tirol
durchsetzen wird, ist nicht absehbar,
sind doch bereits viele in der Vermie­
tung tätig. Das Angebot, der Markt
und die Regeln werden es regeln,
denn „Gratis wohnen“ gibt es auch
hier nicht.
Info:
]
Norman Griesser: „Alle Gäste reagie-
ren nicht immer auf billige Preise.“
Fotos:BestWellness Hotels
„Gratis wohnen“ gibt es nicht
Tourismusexperte Norman Griesser über Alternativen zu Dumpingpreisen,
spontane Destinationsentscheidungen und grüne Winter im alpinen Raum.
Entschleunigung als Marke
[ konkret GESEHEN ]
D
ie Minions lockten 2015 welt-
weit Zigmillionen Kinder mit
ihren Eltern ins Kino – und inTirol
auch viele auf den Glungezer. „Wir
bewerben den Kugelwald in Inns-
bruck undWörgl vor Kinderfilmen –
heuer war das ein Riesenerfolg“, zeigt
sich Martin Friede, Geschäftsführer
des TVB Region Hall-Wattens erfreut.
Natürlich hat die Aktion keinen Mas-
senansturm auf die Zirben-Spielwelt
ausgelöst, der Glungezer aber, dessen
sommerlicher Einser-Sessellift sym-
bolisch für die bewusste Entschleuni-
gung der Tourismusregion steht, hat
als Ausflugsdestination für Gäste und
Einheimische deutlich zugelegt.
Dass die elf Orte zwischen Thaur
undWattenberg weder Ischgl noch
Kitzbühel sind, ist man sich bewusst,
und hat sich nach einer Leitbilddis-
kussion auf fünf Themen festgelegt,
die „wertvoll für Körper, Geist und
Seele“ sind:Wandern und Naturer-
leben (ob im Alpenpark Karwendel
oder am Zirbenweg, ob individuell
oder mit Fernglas Nature-Watch-
geführt); Kulinarik im größten
Gemüsegarten Tirols, garniert
mit gastronomischen Festen und
traditionellenWirtshäusern; Kultur
rund um die eigene Geschichte und
über die Grenzen hinaus bekannte
Festivals;Wallfahrten, aufgrund der
wichtigste Marienwallfahrt Tirols; und
Winterzauber.Wobei letzterer vom
Slow-Motion-Faktor dominiert wird.
„Wir positionieren uns abseits von
Hüttenparty und Großereignissen“,
sagt Friede, ins Programm passt da
Schneeschuhwandern – „Das wird
immer mehr nachgefragt.“ –, win-
terliches NatureWatch, Rodeln im
Halltal, aber auch ruhiges Kulturerle-
ben wie Krippeleschauen in Absam.
Kein Massentourismus, so Friede,
aber gezielt beworbene Nischen-
produkte. „Unsere Gäste kommen
– auch durch die Kristallwelten
und die Münze Hall – aus 80, 90
Ländern, der Großteil aber aus
Österreich, Deutschland, Italien, den
Niederlanden und der Schweiz,“
meint Friede. Und auch wenn diese
nur drei, vier Tage in der Region
sind, finden sie das, was sie gesucht
haben: Ruhe.
Martin Friede: „Positionieren uns abseits
von Hüttenparty und Großereignissen.“
Foto:Andreas Friedle
Sieben Clusterbetriebe präsentierten ihre
Innovationen bei der Salzburger Gesundheits-
messe „Fit your Body“ . Darauf aufbauend
wurden bei RoundTables imWellnesscluster
Kooperationsideen gesammelt, die gesund-
heitspräventive Angebote der Partner zukünf-
tig bei gemeinsamen Projekten bündeln.
Clustermitglied !QMS Medicosmetics
wurde bei den „World Spa Awards“ zur be-
sten Spa-Marke 2015 gekürt. Die vor über 20
Jahren von Hautpflege-Pionier Erich Schulte
gegründete Kosmetik wird wegen ihrer außer-
gewöhnlichenWirksamkeit geschätzt.
Das Alpenresort Schwarz in Mieming,
das ganzjährig 240 Mitarbeiter beschäftigt,
eröffnete vor Kurzem Österreichs erstes
Mitarbeiterhaus mit Passivhaus-Zertifizierung.
„Eine hervorragendeWärmerückgewinnung
und die kontrollierte Komfort-Wohnraumlüf-
tung sorgen für ein optimales Raumklima und
somit für besteWohnbedingungen, die unter
anderem unsere Bemühungen in Sachen
Mitarbeitergesundheit im
Rahmen der Betrieblichen
Gesundheitsförderung wider-
spiegeln“, betont Alpenresort
Schwarz-Geschäftsführer
Franz-Josef Pirktl. Das Kern-
stück des Mitarbeiterhauses bildet neben den
70Wohneinheiten der Multifunktions- und
Kommunikationsraum mit Lobby, Bibliothek,
großer Schau- und Lernküche sowie integrier-
tem Schulungsraum.
FAKTEN. NEWS.
[ Thema:Wellness ]
B
enedikt Handler war Prakti­
kant bei Red Bull, als er sich
das erste Mal Luft machte –
im wörtlichen Sinn wohlgemerkt. In
seinem Zimmer hatte er ein selbst­
gebasteltes Holzkastl stehen, das Zir­
benduft verbreitete. „Ich wollte wis­
sen, ob man mit Zirbenduft wirklich
eine Stunde Schlaf sparen kann“,
sagt Handler. Geschlafen habe er
gleich lang wie immer, aufgestanden
sei er aber sehr erholt und „wenn
ich die Zimmertür aufgemacht
habe, war mir klar, ich bin daheim.“
Der Geruch fiel auch Carl Simbru­
ner auf, ebenfalls Praktikant beim
Getränkehersteller.
Gemeinsam
holte man Handlers Idee für einen
modern designten Raumbelüfter
aus Zirbenholz aus der imaginären
Schublade und Nikolaus Stieldorf
mit ins Boot, begann zu experimen­
tieren und gründete das Start-up
zirb.Raumlüfter.
„Die ersten Prototypen waren noch
ohne elektrischen Lüfter“, erinnert
sich Simbruner. Aus gängigem IT-
Equipment wurde schließlich ein
Ventilator entliehen, „mit sechs De­
zibel quasi unhörbar“. Nach vier
Prototypen war der zirb. reif für den
Verkauf, wobei es die bewusste ­zirb.
Strategie war, mit den Kunden zu ler­
nen und ihr Produkt zu verbessern.
ImDezember 2014 verkauften sie das
erste Stück, inzwischen ist die zweite,
verfeinerte Produktserie auf dem
Markt. In der wenigen Zentimeter
hohen, quadratischen Basis aus vier
verschränkten Zirbenholzbrettern
liegt eine Wasserschale. Die „Fortset­
zung“ der vier Zirbenholzbretter bil­
det den Rumpf, in dessen unterem
Ende der Lüfter angebracht ist, der
obere Teil wird mit zirb.Locken ge­
füllt, um, so Simbruner, „eine mög­
lichst große Zirben-Oberfläche zu
haben“. Basis und Rumpf werden
zusammengesteckt – fertig ist das
27 Zentimeter hohe zirb. Lüfterl,
das – ideal für Nachtkästchen oder
Schreibtisch – eine Umgebung von
bis zu zwei Meter bezirbt (die größe­
ren Brüder zirb.Luft und zirb. Berg­
luft sind für Lebensräume bis zu 100
Quadratmeter gedacht).
„Die Wasserschale setzen wir ein,
weil befeuchtete Luft den Duft bes­
ser aufnimmt“, erklärt Simbruner
und Handler ergänzt: „Wichtig ist die
Qualität der zirb.Locken. Sie sind fast
einen Millimeter dick und stammen
vom Kernholz der Zirbe, das viel Harz
und Öl beinhaltet. Tauschen sollte
man sie – je nach der gewünschten
Intensität des Zirbendufts – etwa vier
Mal im Jahr.“ Waren die ersten zirbs
noch reine Handarbeit, hat man in
der Zwischenzeit einen Tischler ge­
funden, der die Bretter vorfertigt,
Zusammenbau, Feinstschliff und
Branding ist noch Handarbeit der
Gründer, „trotzdem können wir uns
auch auf andere Sachen wie Webauf­
tritt und Marketing konzentrieren“,
meint Simbruner. Zeit wurde auch in
die Verpackung investiert, eine ver­
siegelte Holzkiste (Zirbe, was sonst),
der zirb. ist Ötztaler Schafwolle ge­
bettet, die zirb.Locken werden in
einem Kopfpolster­überzug geliefert.
Handler: „So gibt‘s zusätzlich einen
Schafwollkopfpolster, wenn man will,
gibt man noch ein paar zirb.Locken
hinein.“ Vom Erfolg der patentierten
zirbs sind die Jungunternehmer selbst
überrascht („Auf FAFGA und Herbst­
messe etwa haben wir rund viermal so
viel verkauft als gehofft.“), es fanden
sich auch schon einige prominente
Abnehmer. Auch die Red-Bull-Zen­
trale ist in der Zwischenzeit mit circa
zehn zirbs bestückt – die Praktikanten
Handler und Simbruner haben somit
einen bleibenden Eindruck hinterlas­
sen. Info:
]
MehrTop-Betriebe aus dem Cluster
WellnessTirol finden Sie auf­
Mehr Info
[
]
zirb.:
Der Duft der Zirbe in modernem Kleid
Viel Handarbeit steckt in den zirbs, die für die Gründer Benedikt Handler, Carl Simbruner und Nikolaus Stieldorf (v.li.) Zirbenduft mit modernem Design verbinden.
Foto:Alpenresort
Fotos:zirb./Emanuel Kaser
1,2,3,4,5 7,8
Powered by FlippingBook