Standort Tirol 03 2015 - page 4

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STANDORT
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Fabrik 2015: Sonderpreis Industrie 4.0 für GE Jenbacher
Thema: [ MECHATRONIKTIROL ]
TECHNIK
Fraunhofer Österreich und das Industriemagazin kürten vor Kurzem zum sechsten Mal die
effizientesten Produktionsbetriebe Österreichs – der Sonderpreis Industrie 4.0 ging dabei an GE
Jenbacher. Mit Industrie 4.0 will GE Hardware mit Software und den Menschen verbinden.Wei-
teres Kernthema Smart Energy Management. Das Unternehmen ist vollkommen autark, mit der
‚überschüssigen‘ Energie verdient man zusätzlich Geld.
W
enn Johannes Gerstmayr
einen mechanischen Ge-
genstand betrachtet, kann
es durchaus sein, dass er diesen in
einem „mechatronisierten“ Zustand
sieht. „Ein Hammer kann mehr sein
als ein Stahlblock mit Stiel“, nennt
er ein Beispiel. Mit einem Kraftsen-
sor ausgestattete Impulshammer
etwa, welche die Übertragung eines
Impulses in einem Gegenstand mes-
sen, gebe es schon zum Kaufen. Wie
könnte man aber einen Hammer
„mechatronisch aufpeppen“, damit
er die Stoßkraft erhöht oder redu-
ziert? Das sind Fragen, denen er
gemeinsam mit Studierenden nach-
gehen will. Gerstmayr ist seit Herbst
2014 neuberufener Professor am
Institut für Mechatronik der Univer-
sität Innsbruck, an der seit sechs Jah-
ren das Studium der Mechatronik
gemeinsam mit der UMIT angebo-
ten wird und gleichzeitig eine um-
fassende Forschungs-Infrastruktur
entsteht. Der geborene Steyrer über-
nimmt dabei den Bereich Maschi-
nenelemente und Konstruktions-
technik. „Mechatroniker arbeiten an
der Schnittstelle zwischen Sensoren,
Aktuatoren und dem maschinen-
baulichen Teil“, sagt Gerstmayr. Die
Mechatronik entwickelte sich durch
den zunehmenden Einfluss elek-
tronischer und informationstech-
nischer Elemente im Maschinenbau,
wobei die Bedeutung des Letzteren
oft nicht mehr im Vordergrund
steht.
„Maschinenbau und Mechatronik
stehen in starker Wechselwirkung“,
betont Gerstmayr. Der Leichtbau
führt dazu, dass ursprünglich star-
re Bauteile flexibel werden, z.B. ein
Roboterarm. Der leichte Roboter
wird zwar ungefährlicher für den
Menschen, ist aber schwieriger zu
steuern. Die mechatronischen Syste-
me arbeiten in einem immer breiter
werdenden Frequenzbereich, sodass
flexible Strukturen auch vermehrt
zu Lärmproblemen neigen: diese
können durch mechatronische An-
sätze behoben werden.
In Innsbruck reizt den studierten
Mechatroniker der Aufbau der neu-
en Forschungsbereiche, von denen
er überzeugt ist, dass sie zu vielen
Kooperationen mit der heimischen
Wirtschaft führen werden. „Ich habe
aber gelernt, dass es gemeinsame
Ziele braucht – und es auch einige
Zeit dauern kann, bis sich die rich-
tige Fragestellung ergibt.“ ]
Johannes Gerstmayrs Interesse gilt der „Mechatroniserung“ von Gegenständen.
Foto:Andreas Friedle
N
ormalerweise heißt es ja,
wo ein Wille sei, sei auch
ein Weg. Wo aber ein Frank
Wille ist, ist auch eine technische
Sonderlösung. „Vom individuellen
Lift im Haus über einen besonderen
Seilkran oder Flaschenzug bis zu ei-
ner speziellen Bohrlafette – wenn
jemand ein technisches Problem hat,
dann lösen wir es“, sagt der gelernte
KFZ-Mechaniker mit einer Vorliebe
für „schwere Sachen“.
Eine solche schwere Sache war im
Jahr 2009 die Anfrage, ob es nicht
eine Lösung für eine Gebläseschnee-
kanone mit Kühlaggregat geben wür-
de. Als Schnee-Quereinsteiger („Ich
fahre nicht einmal Ski.“) wusste Wille
nicht viel über Schneekanonen und
näherte sich daher „unvoreingenom-
men der Sache“. Eine Möglichkeit
wäre „extrem groß und nicht trans-
portabel“ gewesen, eine andere ein
komplett anderer Weg – eine Über-
schalldüse. Er habe sich eine Lösung
ausgerechnet, mit einer Probedüse
festgestellt, dass der Weg richtig sei,
genauer gerechnet, einen Prototypen
gebaut – schon beim dritten waren
die Messwerte vielversprechend, sei-
ne Überschall-Schneedüse erzeugte
Schnee bei Temperaturen, bei denen
herkömmliche Schneekanonen nicht
mehr als Frau Holle dienen können.
Der weitere Weg, das war dem
Oberländer klar, würde seine Mög-
lichkeiten übersteigen, via Standort­
agentur Tirol wurde ein Kontakt zu
den Eisspezialisten der Uni Inns-
bruck rund um Thomas Lörting her-
gestellt, eine genaue Untersuchung
scheiterte allerdings an der Finanzie-
rung – die Schneedüse wurde auf Eis
gelegt.
„In dieser Zeit bin ich mit meiner
Werkstatt von 1600 Meter ins Tal
übersiedelt“, erinnert sich Wille, wo-
bei das „Tal“ in Pfunds immer noch
auf 970 Meter liegt. Mit dem Umzug
redimensionierte Frank Wille seinen
Betrieb, um sich auf Speziallösungen
zu konzentrieren, die Anfragen für
seine – teilweise patentierten – Son-
deranfertigungen sind überregional.
Im Herbst 2014 erhielt er einen
Anruf von Michael Jäger, Cluster
Manager Mechatronik der Standort-
agentur, ob er nicht bei der Präsen-
tation von Michael Bachers Schnee-
wolke seine Schneedüse vorstellen
wolle. Wille packte diese in den Kof-
ferraum, fuhr nach Obergurgl, aber
fünf Grad über Null waren auch für
ihn zu warm. Beim nächsten Termin
waren die Bedingungen optimal für
seine Schneedüse, bei 1,5 Grad plus
und 80 Prozent Luftfeuchtigkeit ließ
er es noch schneien und weckte da-
mit das Interesse des Instituts für
Schnee- und Lawinenforschung in
Davos. Die Schweizer Experten tes­
teten die Novität in Mayrhofen und
damit, so Wille, kam Bewegung in die
Sache. Der Schweizer Beschneiungs-
spezialist Bächler meldete sich im
Oberen Gericht, Wille schloss einen
Lizenzvertrag ab, zehn Vorführma-
schinen werden derzeit gebaut. Zwei
kommen nach Mayrhofen, andere
nach Schweden und in die Schweiz,
eine bekommt Frank Wille. In Zu-
kunft kann man also sagen: Wo ein
Frank Wille ist, da ist auch Schnee.
Info:
]
Foto:Andreas Friedle
Foto:FrankWille
Die Überschalldüse von FrankWille
lässt es schneien, wenn herkömmliche
Schneekanonen Ladehemmung haben,
mit seiner CNC-Fräsmaschine über-
nimmt er jeden Spezialauftrag.
F&E passiert bei Frank Wille, weil Kunden mit Sonderwünschen anfragen. Die Antworten sind – teilweise
patentierte – Sonderlösungen wie eine Überschall-Schneedüse, die es bei plus 1,5 Grad schneien lässt.
Problemlöser für schwere Sachen
Forschung an der Schnittstelle­
Seit Herbst 2014 arbeitet Johannes Gerstmayr am Innsbrucker Institut für
­Mechatronik und betont die Wichtigkeit des Maschinenbaus in der Mechatronik.
Mit mehr als 6100 Mitarbeitern in über
70 Niederlassungen und Standorten ist das
deutsche Unternehmen Ferchau seit über
40 Jahren die erste Adresse für Engineering-
Projekte und Karrieren im deutschspra-
chigen Raum – seit heuer ist Ferchau auch
in Innsbruck präsent. Der Spezialist für
Engineering-Dienstleistungen möchte die
Zusammenarbeit mit allen in Tirol ansässigen
entwickelnden und produzierenden Unter-
nehmen intensivieren. Am neuen Standort
sind derzeit über zwanzig Ingenieure,Techni-
ker, technische Zeichner und IT-Consultants
beschäftigt.
Auf eine Verdoppelung
des Umsatzes auf vier Millio-
nen Euro und des Mitarbei-
terstands auf 30 Vollzeit-
Arbeitsplätze innerhalb von
zwei Jahren kann die VAHLE
DETO GmbH mit Sitz in Kufstein verweisen.
Im Herbst 2013 führte Deto-Gruppe-Grün-
der Alfred della Torre, Unternehmenszweig
DetoTechnology Trading GmbH mit der in
52 Ländern tätigen VAHLE-Gruppe zu einem
internationalen Joint Venture zusammen.
Innerhalb von zwei Jahren konnte man in
Tirol sowohl den Umsatz als auch den Mitar-
beiterstand verdoppeln. Der Expansionskurs
wird nun durch Großaufträge der Automo-
bilindustrie (Audi und Hyundai) zusätzlich
gestärkt.
FAKTEN. NEWS.
[ Thema: Mechatronik ]
Foto:Friedle
MehrTop-Betriebe aus dem Cluster
MechatronikTirol finden Sie auf­
Mehr Info
[
]
I
ch habe nichts zu verkaufen, ich
habe eine Lösung“, lautet ein Ar-
gument, das Harald Denifle im-
mer wieder hört – vor allem von Tech-
nikern. Und die technische Lösung
für ein technisches Problem werde
der Kunde wohl verstehen, Verkaufs-
technik oder gar -psychologie würde
es dazu wohl nicht brauchen. Das
dem nicht so ist und der technische
Vertrieb kein Kinderspiel, zeigte für
Denifle das rege Interesse an einem
vom Cluster Mechatronik Tirol or-
ganisierten Workshop zum Thema
„Technischer Vertrieb“.
Groß sei etwa die Angst vor Be-
ratungsdiebstahl, sagt Denifle, der
selbst auf eine jahrelange Erfahrung
im technischen Vertrieb verweisen
kann. „Der Kunde lässt sich inten-
siv und zeitaufwändig etwa über alle
Vorzüge einer Photovoltaikanlage
beraten, gekauft wird sie dann aber
online und in Fernost“, beschreibt er
ein Phänomen, gegen das nicht nur
der technische Fachhandel Strate-
gien sucht. Einen Weg sieht Denifle
in der Verhandlungstechnik, den
Moment zu wissen, an dem man „se-
riös dem Verhandlungspartner klar
machen muss, dass es eine Entschei-
dung braucht. Wichtig sei auch, „die
technischen Highlights in ein Argu-
mentarium zu übersetzen, das der
Kunde versteht“. Ähnliches gilt für
Dienstleistungen und Produkte, die
auf den ersten Blick nicht sexy wirken
– „Da muss man sich etwas Kreatives
einfallen lassen oder Hilfe suchen.“
Zur Unterstützung durch Experten
rät Denifle auch in einem anderen
Fall: „Die Auswahl von Vertrieb-
spartnern bildet ein großes Risiko
für Unternehmen, besonders dann,
wenn die Erfahrung im Bereich des
Vertriebes nicht besonders groß ist.“
Ein anderer Rat des Spezialisten lau-
tet, sich ein Akquisitionsportfolio
und Quartalsziele zu setzen, denn, so
Denifle, „Akquisition muss genauso
strategisch angegangen werden wie
der technische Entwicklungsprozess.“
Nähere Infos unter:
]
„Strategisch angehen“
Für Harald Denifle ist der (technische) Vertrieb ein
Werkzeug, das richtig eingesetzt werden muss.
Foto:Andreas Friedle
Harald Denifle: „Wichtig sind Quar-
talsziele und ein Akquisition-Portfolio.“
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