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STANDORT

0516

2 1

TECHNIK

W

enn ein Auto-Konzern

einen neuen SUV bauen

will, kann das schon mal

eine transkontinentale Geschichte

werden. In Tuscaloosa/Alabama resi-

diert Daimler, für dessen neuen SUV

baut der deutsche Automotiv-Zuliefe-

rer SMP, eine Tochter der indischen

SMG, ebenfalls in Tuscaloosa ein ei-

genes Werk, dessen Intralogistik-Pla-

nung aus Innsbruck stammt. Dass ihr

Auftraggeber aus der Automobilin-

dustrie komme, sei inzwischen nicht

mehr ungewöhnlich, meint Hannes

Green von der Innsbrucker Logis-

tik-Beratung Green („Das sind derzeit

rund 90 Prozent unserer Aufträge.),

für SMP habe er mit seinem Part-

ner Bernhard Lechner auch schon

gearbeitet („In Neustadt an der Do-

nau.“). Eher besonders sei, dass es

um ein neues Werk auf der grünen

Wiese gegangen sei („Der Großteil

unserer Arbeit betrifft Umbauten

und Erweiterungen.“), gänzlich un-

gewöhnlich wäre gewesen, dass man

sich beim Planen an die traditionel-

le Architekturlehre Vastu, dem indi-

schen Pendant zu Feng-Shui, halten

musste („Diese Firmenphilosophie

war eine Herausforderung, weil sich

Philosophie und optimale Prozesse

nicht immer decken.“).

„Die Intralogistik spielt sich im

Werk ab, es geht um die Material-

und Warenflüsse bis zur Übergabe

an den LKW“, beschreibt Green sei-

ne Arbeit. Mit den Produktionspro-

zessen habe man weniger zu tun,

vielmehr gehe es um den Puffer oder

die Vernetzung zwischen den Pro-

duktionsprozessen und natürlich um

das Lager. „Ein Lager will eigentlich

niemand haben. Es kostet viel und

alles, was dort steht, ist gebundenes

Kapital“, lacht Green. Daher sei der

Knackpunkt die optimale Integration

des Lagers in die Produktionsprozes-

se. Ausgangspunkt ist eine genaue

Analyse eben dieser Prozesse, um

manuelle oder halb- bis vollautoma-

tische Lösungen anzubieten.

Im Fall von SMP, für die Lechner

und Green auch die Intralogistik in

einem zweiten neuen Werk im un-

garischen Kesckemét konzipiert ha-

ben, wäre das Zusammenführen der

Produktionsprozesse, die Verknüp-

fung von eigengefertigten und zuge-

kauften Teilen sowie die Vernetzung

vom Spritzguss- über den Lackier-

zum Montagebereich die Herausfor-

derung gewesen.

„SMP beliefert Daimler mit Inte-

rieur- und Exterieurbaugruppen“,

erzählt Green. Stoßfänger, Spoiler,

Cockpits etc. müssen stets für alle

produzierten Fahrzeugvarianten in-

nerhalb weniger Stunden lieferbar

sein, da moderne Automobilwerke

customized fertigen. Am Monta-

geband wird daher eine strikte Se-

quenzreihenfolge – die sogenannte

Perlenkette – eingehalten, an der

sich der Zulieferer und somit auch

seine Logistik orientieren müssen.

Das Werk in Tuscaloosa (Green:

„Die Produktionsfläche beträgt

70.000 Quadratmeter.“) wird derzeit

gebaut, 2018 startet die Produktion

der SUV-Teile – wo die SUVs dann

fahren werden, ist wieder eine trans-

kontinentale Geschichte. Mehr Info

gibt‘s auf

www.lb-green.at

]

Erstmals wurde heuer

der „Staatspreis Patent“

vergeben. In drei Katego-

rien hat eine Jury außer-

gewöhnliche innovative

Leistungen ausgewählt.

Das „Patent des Jahres“ ging dabei an den

Osttiroler Michael Bacher (gemeinsam mit

Meinhard Breiling, Sergey Sokratov und

Frederick Georg Best). Mit ihrer „Schnee-

wolke“, die in Obergurgl getestet wird,

lassen sie auf Knopfdruck Pulverschnee

aus einer künstlichenWolke rieseln. Das

neue Verfahren verbraucht dabei we-

sentlich weniger Wasser und Energie als

herkömmliche Schneekanonen.

Von Erl, der E-Zigaret-

tenhersteller aus Hall, kann

mit einer Erfolgsmeldung

aufwarten, wurden doch,

so CEO Günter Höfert,

im Frühherbst Verträge

mit einem Marktvolumen von über zehn

Millionen Euro für das kommende Jahr mit

Großhändlern in den USA unterzeichnet.

Auch in Kanada wurden die Produkte

gelauncht. Das „Start-up“ Von Erl ist eine

Tochter des Tiroler Präzisionsmecha-

nik-Unternehmens Sistro, die Idee für Lu-

xus-Verdampfer und E-Liquids entstammt

der hauseigenen Innovationsabteilung.

FAKTEN. NEWS.

[ Thema: Mechatronik ]

Foto:Von Erl

MehrTop-Betriebe aus dem Cluster

MechatronikTirol finden Sie auf

www.standort-tirol.at/mitglieder

Mehr Info

[

]

M

itWien (Produktions- und

Logistikmanagement) und

Graz (Visual Computing) verfügt die

Fraunhofer Austria Research GmbH

über zwei Standorte in Österreich, mit

Wattens wurde im Herbst der dritte

Stützpunkt der Tochtergesellschaft der

deutschen Fraunhofer-Gesellschaft

eröffnet. Um „DigitaleTransformation

der Industrie“ will man sich kümmern,

also die „Umsetzung von Big Data in

Produktion und Logistik“ beschreibt

Michael Stockinger das Aufgabengebiet,

das in Zusammenarbeit mit Forschung

und Industrie inTirol bearbeitet wer-

den soll. Ein großes Betätigungsfeld, gibt

der Fraunhofer-Mitarbeiter zu, daher

sei es auch eine seiner Aufgaben, darin

Themenfelder zu definieren, die man

konkret angehen möchte.

Eines soll die Datenverarbeitung in

Echtzeit sein. „Das spielt auch abseits

der Industrieproduktion eine Rolle“,

sagt Stockinger und nennt die Mo-

bilität der Zukunft als Thema. „Beim

autonomen Fahren geht es auch um

Datenverarbeitung in Echtzeit.“ Aber

auch Skigebiete, so Stockinger, werden

immer mehr mit Echtzeitdaten, etwa

über Auslastung der Pisten, Zugang zu

Liften etc., zu tun haben. „Erklärtes Ziel

für das Frühjahr 2017 ist es, mindestens

einen attraktiven Forschungsantrag in

einem FFG-Programm einzubringen“,

hält Stockinger fest, zudem starte man

mit einemTiroler Industriepartner

2017 ein Industrie 4.0-Projekt: „Ein

Ergebnis aus einem bereits erfolgreich

durchgeführten 4.0-Roadmapping-

Projekt.“ Längerfristiges Ziel inWattens

ist, nach dreijähriger Aufbauphase

– 2017 sollen vier neue Mitarbeiter

nachTirol kommen – einen eigenstän-

digen dritten Geschäftsbereich von

Fraunhofer Austria, der eventuell über

eine Stiftungsprofessur imThemenfeld

von Data Science an die Uni Innsbruck

angebunden werden soll, zu etablieren.

Schon etabliert ist das Fraunhofer

Industrie 4.0-Reifegradmodell, mit dem

ein Unternehmen in einem drei- bis

viermonatigen Prozess Schritt für

Schritt zu konkreten Industrie 4.0-Pro-

jekten begleitet wird. „Es ist sehr

technologiegetrieben“, so Stockinger.

Um das Reifegradmodell auch für Tiro-

ler KMUs attraktiver zu machen, habe

man die betrachteten Dimensionen

nochmals auf deren spezielle Anfor-

derungen abgestimmt: „Wir können

Workshops für KMUs über zwei bis

drei Tage anbieten.“ Eine wohl einma-

lige Gelegenheit, die eigene Industrie

4.0-Fitness unter die Lupe zu nehmen.

Infos unter

www.fraunhofer.at

W

enn Edwin Meindl etwas

anpackt, ist es normaler-

weise für etwas Größeres

bestimmt. Sein 1998 gegründetes

Unternehmen Micado gilt als Spe-

zialist für Produktionswerkzeuge

von Faserverbundbauteilen, die in

der Flugzeug- und Automobilindus­

trie zum Einsatz kommen, und als

Ansprechpartner für automatisier-

te Sondermaschinen. Doch Meindl

brachte auch sein sportliches Hobby

ins Unternehmen ein. „2009 ent-

stand die Idee einer Steighilfe für

Skitourenbindungen, die sich auto-

matisch der vorhandenen Steigung

anpasst“, blickt Meindl zurück. Aus

der Idee wurde ein Prototyp – und

in der Zwischenzeit eine eigene

Fünf-Mann-Abteilung, die sich un-

ter der Leitung von Roland Tiefnig

der Produktentwicklung verschrie-

ben hat, zu den Kunden zählen etwa

Liebherr, Gloryfy, Salomon oder Sa-

lewa.

„Für Salewa entwickeln wir rund

90 Prozent der Hardware“, berich-

tet Meindl. Auch die Salewa-Tochter

Wild Country wandte sich vor knapp

zwei Jahren an die Osttiroler. „Sie

sind mit einem Prototypen für ein

vollautomatisches Sicherungsgerät

zu uns gekommen“, erinnert sich

Tiefnig. Ganz so einfach war es dann

aber doch nicht, zahlreiche Versu-

che und Varianten stecken in den

acht Teilen, die als Einheit unter

dem Namen Revo auf der heurigen

Outdoor Messe in Friedrichshafen

präsentiert wurden.

Die Kletter-Community war be-

geistert, der Revo wurde mit dem

Outdoor Industry Award prämiert

und kommt 2017 auf den Markt.

Der selbstständig blockierende Me-

chanismus reagiert, wenn das Seil

mit mehr als 2,5 Meter pro Sekunde

durch die Rolle läuft und verhindert

so – weite – Abstürze, zudem blo-

ckiert es als erstes Sicherungsgerät

in beide Richtungen. Getestet wur-

de der Revo an der hauseigenen, 18

Routen großen Kletterwand. Neben-

bei ist der seit 2014 fertiggestellte

imposante Neubau aus Sichtbeton,

Lärchenholz, Schiefer und Glas ein

wichtiger Nährboden für innovative

Ideen.

Wenn wie im Fall Salewa/Wild

Country ein Kunde mit einem Prob-

lem an sie herantrete, überlege man

sich eben Lösungen, meint Tiefnig,

diese werden nach Abklärung even-

tueller Patente – „Ein Mitarbeiter

kümmert sich fast ausschließlich

um Patentrecherche.“ – präsentiert,

die vom Kunden gewünschte Form

dann über den Prototyp bis zur Se-

rienreife entwickelt. Gegebenenfalls

betreut man auch die ersten Produk-

tionsschritte – im Fall von Revo war

ein Micado-Mitarbeiter in Asien vor

Ort. Mehr Informationen gibt‘s auf

www.micado.at

]

Sichere Seilschaften

Für den Bergsportprofi Salewa konzipierte Micado ein vollautomatisches

Sicherungsgerät, das mit dem Outdoor Industry Award ausgezeichnet wurde.

Foto:Andreas Friedle

Michael Stockinger: „Mindestens ein

attraktiver FFG-Antrag Anfang 2017.“

Edwin Meindl, RolandTiefnig,

(v.ob

.):

„Fürden Revo gab‘s auf der Outdoor

in Friedrichshafen sehr gutes Feedback.“

Intralogistik-Lösungen: IT-unterstützte Komponenten-Kommissionierung (Halbautomatik); Fahrerlose Transportsysteme für die Produktionslogistik (Vollautomatik)

Fotos:Madeleine Gabl

Logistik-Beratung:

Fit machen für die Perlenkette

Exper tise maßgeschneider t

Thema: [ MECHATRONIKTIROL ]

Die Uni Innsbruck, die FHVorarlberg, die FH Salzburg und 21 Firmen haben sich gemeinsam zu

einem von der FFG geförderten Qualifizierungsnetz zusammengeschlossen. In dem Projekt werden

gezielt Schulungen für die beteiligten Unternehmen und deren Beschäftigte zu allen Aspekten von

Industrie 4.0 angeboten. Aus Tirol sind sechs Unternehmen beteiligt, die insgesamt 38 Mitarbeiter

schulen lassen. Den Anstoß für die Initiative lieferten die Cluster Mechatronik und ITTirol.

Industrieller Reifegrad

[ konkret GESEHEN ]

Fotos:LB Green (2)

Foto:pro.media