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STANDORT

0209

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Technologiefinanzierung pro Kopf

Thema: [ STANDORT TIROL ]

STANDORT

Österreich führt im European Innovation Scoreboard die Gruppe der Inno-

vation Followers an. Tirol hat von 2002 bis 2006 seine Ausgaben für F&E um fast

ein Drittel gesteigert. Allein im Jahr 2006 investierte der Bund in Tirol 270,1 Euro

pro Kopf (Platz 2 hinter Wien), das Land Tirol 28,5 Euro pro Kopf (dritthöchste

Länderausgaben pro Kopf hinter der Steiermark und Wien).

STANDORT:

Herr Professor Wie-

ser, Sie haben mit Ihrem Lanserhof

Maßstäbe im Bereich „Medical Spa“

gesetzt, als dieser Begriff noch gar

nicht erfunden war. Wie hat sich das

Verständnis für Gesundheit in den

letzten Jahren verändert?

PROF. ANDREAS WIESER:

Wir vom

Lanserhof verstehen Gesundheit

nicht länger nur als Gegensatz zu

Krankheit. Wir stellen den Menschen

in den Mittelpunkt unserer Gesund-

heitsvorsorge und des daraus resultie-

renden Gesundheitsmanagements.

Wir wechseln die Perspektive: Ge-

sundheit ist nicht das Ziel, es ist der

Ausgangspunkt.

STANDORT:

In den letzten 25 Jah-

ren hat sich der Lanserhof zum eu-

ropaweit führenden Gesundheits-

zentrum entwickelt. Gibt es ein

Erfolgsgeheimnis?

WIESER:

Ein Schlüssel zum Erfolg

des Lanserhofs ist Innovation. Wir ha-

ben ständig „die Nase im Wind“, ar-

beiten laufend an unserem Konzept

und nehmen alle Erkenntnisse der

Wissenschaft auf und integrieren sie

in unsere Programme. Ein weiteres

Alleinstellungsmerkmal des Lanser-

hofs sind die sechs Ärzte, die bei uns

arbeiten, sowie unser eingespieltes

Therapeutenteam.

STANDORT:

Im Spannungsfeld von

technischer und Dienstleistungsinno-

vation findet sich der Lanserhof gut

zurecht?

WIESER:

Wir haben verhältnismäßig

wenig in den Bereich Hardware in-

vestiert: Unsere Zimmer sind bewusst

relativ klein gehalten, max. 25 bis 30

Quadratmeter. Viel mehr investieren

wir in unsere Mitarbeiter. Hier gilt

es, den Gast über seine Erwartungen

hinaus zufriedenzustellen.

STANDORT:

Würden Sie sagen, das

Erfolgsrezept des Lanserhofs könnte

anderswo auch funktionieren?

WIESER:

Von den wirtschaftlichen

Eckdaten her könnte ein Unter-

nehmer natürlich sehr schnell sa-

gen: Das ist ein Superinvestment,

da kriege ich einen ordentlichen

Return, mehr als von jeder Bank.

Aber es spielen sehr viele Faktoren

zusammen: die herrliche Umge-

bung, perfekt ausgebildete Mitar-

beiter, die Nähe zur Stadt Innsbruck

mit ihrer ganzen Infrastruktur usw.

Natürlich zahlen wir hier mehr

Steuern als anderswo, aber gerade

die Standortfrage ist für den Erfolg

des Lanserhofs ein ganz wichtiger

Faktor. Das alles lässt sich nicht ein-

fach so kopieren.

STANDORT:

Soll Tirol dennoch das

weltweit steigende Gesundheitsbe-

wusstsein mehr als bisher touristisch

nutzen?

Gesundheitszentrum. Der Lanserhof setzt europaweit Maßstäbe in der Regenerations- und Präventionsmedizin.

Direktor Andreas Wieser über den Schlüssel zum Erfolg und die touristischen Chancen im Bereich Medical Spa.

Prof. Andreas Wieser: „Die Qualität der Mitarbeiter und

die Standortfrage sind zwei der Erfolgsgeheimnisse des

Lanserhofs. Das lässt sich nicht so einfach kopieren.“

Der Mensch im Mittelpunkt

WIESER:

Auf jeden Fall. Die Men-

schen suchen neue Wege, um zu rela-

xen. Sie suchen Reiseziele in der Nähe

von zu Hause und werden vermehrt

bereit sein, für Dienstleistungen und

Produkte zu zahlen, die ihnen helfen,

ihre Funktionsfähigkeit zu erhalten.

Die Bedeutung von immateriellen

Werten steigt, Ruhe und Zeit werden

als neuer Luxus erkannt, Entschleu-

nigung und ganzheitliche Regenera-

tion werden unseren Kunden immer

wichtiger. Hier lohnt für so manchen

Betrieb ein Umdenken. Riesenvorteil

für Tirol: Es gibt Institutionen wie die

Zukunftsstiftung, die an solche Un-

ternehmen glauben, die Raum und

Budgets zur Verfügung stellen, dass

in verschiedenen Bereichen auch

einmal experimentiert werden kann.

Denn nur wenn ich atypische Experi-

mente mache, kann ich etwas Neues

erfahren. ]

M

ehr Forschung. Mehr Innovatio-

nen. Mehr Wirtschaft. Mehr

Lebensraum. Dieses Credo hat den

Standort Tirol im europäischen Wett-

bewerb weit nach vorne gebracht. Und

wird dies weiterhin tun! Es ist nicht an

der Zeit, bei Technologie und Bildung

zu sparen. Denn gemeinsam mit Öster-

reich stehen wir nach einer rasanten

Aufholjagd in Sachen Technologie nun –

ungeachtet und wegen der Krise – vor

der Aufgabe, den Sprung zur europäi-

schen Spitze vorzubereiten. Für diesen

Kraftakt braucht es von allen Beteiligten

– Bund, Land, Wissenschaft und Wirt-

schaft – erneuten, enormen Einsatz. An

Mitteln und Menschen. An Miteinander

und Mut. Mut deshalb, weil die neue

Ausgangslage in nahezu Top-Position

auch neue Strategien erfordert, für die

wir uns couragiert entscheiden müssen!

Mutige Entscheidungen – die treffen

am Standort Tirol täglich zahlreiche

Unternehmer und Forscher. Lesen Sie

im vorliegenden STANDORT erneut

davon. Das ist wichtig, denn in wirt-

schaftlich schwierigen Zeiten geht der

Blick auf die Erfolge allzu leicht verloren.

Allein für das Kompetenzzentrum alpS

haben 40 Wissenschaftspartner und 77

Betriebe ihre Weichen für Innovation

und Kooperation auf grün gestellt. Tun

Sie es in Ihrem Umfeld auch.

Liebe

Leserinnen

und Leser

EDITORIAL

PATRIZIA ZOLLER-FRISCHAUF

Landesrätin für Wirtschaft

D

ie betrieblichen Förderprogram-

me der Tiroler Zukunftsstiftung

verzeichnen im ersten Halbjahr 2009

einen Antragsrekord. 50 Tiroler

Betriebe haben sich bis 30. Juni um

Zuschüsse für direkte Innovationspro-

jekte beworben. Das sind bereits jetzt

um 47 Prozent mehr als im gesamten

Jahr 2008. Insgesamt wurden Förder-

gelder des Landes in Höhe von rund

880.000 Euro beantragt, acht Anträge

sind schon bewilligt worden, die rest-

lichen werden derzeit evaluiert. Alle

Projekte werden von einer externen

Jury bewertet und dem Kuratorium

der Zukunftsstiftung zur Förderung

empfohlen.

Beantragende Unternehmen für

Unternehmensprogramme

Halbjahr 2009:

50

Gesamtes Jahr 2008:

34

Steigerung zum Halbjahr: +47%

Beantragende Unternehmen für

InnovationsassistentInnen

Halbjahr 2009:

33

Gesamtes Jahr 2008:

12

Steigerung zum Halbjahr: +175%

ANTRAGSREKORD

Foto: Land Tirol

Z

iel der vom Rat für For-

schung und Technologie-

entwicklungausgearbeiteten

„Strategie 2020“ ist es, Österreich in

den kommenden Jahren als erfolg-

reiche und international anerkann-

te Innovationsnation zu etablieren.

Dieser Vision entsprechend legte

der Forschungsrat seine Vorschläge

undEmpfehlungenalswesentlichen

Beitrag einer zukunftsorientierten

FTI-Politik vor. Dabei müssen vor

allem auch den Auswirkungen der

globalen Finanz- und Wirtschafts-

krise Rechnung getragen werden.

Österreich hat in den vergangenen

Jahren in seiner FTI-Performance

einen rasanten Aufholprozess absol-

viert und zählt heute zu den besten

Ländern in der EU bzw. zur Gruppe

der „Innovation Followers“. Mit ei-

ner Forschungsquote von 2,73 Pro-

zent im Jahr 2009 hat Österreich

auch den EU-Durchschnitt bereits

deutlich übertroffen.

Schwächen des nationalen Inno-

vationssystems zeigen sich vor allem

in der Transformation von Input in

Output sowie in den unterdurch-

schnittlichen Werten beim Anteil

der Bevölkerung mit tertiärem Bil-

dungsabschluss und der Anzahl von

naturwissenschaftlichen und tech-

nischen HochschulabsolventInnen.

Diese beiden Schwachpunkte ver-

weisen auf die größte Herausforde-

rung für Österreich – den Schritt

vom „Innovation Follower“ zum

„Innovation Leader“. Dieser steht

an, denn die Erträge einer adapti-

ven Innovationsstrategie sind heute

weitgehend ausgeschöpft. Dieser

Sprung setzt jedoch einen grundle-

genden Wandel in der Ausrichtung

der Forschungs-, Technologie-,

Innovations- und Bildungspolitik

voraus. Die Ratsstrategie struktu-

riert die für diesen grundlegenden

Wandel notwendigen Reformen in

acht Strategieelemente: Menschen,

Gesellschaft, Input/Output, Infra-

struktur, Schwerpunkte, Instrumen-

te, Governance und Internationali-

sierung.

Es ist ganz wichtig, dass auch die

Länder in die Umsetzung dieser

Forschungsstrategie

einbezogen

werden. Aktivitäten der jeweils be-

auftragten Agenturen, wie in Tirol

der Zukunftsstiftung, werden des-

halb vom Rat unterstützt. ]

F&E. Der Österreichische Forschungsrat legt „Strategie 2020“ vor, um mit

Bildung und Forschung den Strukturbruch in der Wirtschaft zu überwinden.

Forschung. Der Schritt vom „Innovation Follower“ zum „Innovation Leader“ ist für Knut

Consemüller und Günther Bonn (v.li.) die größte Herausforderung der Forschungspolitik.

Der Weg zum Leader

Fotos: iRFTE

Lanserhof

Erbaut 1974, wird der Lanserhof

1984 vom Unternehmerquartett

Prof. Andreas Wieser, KR Anton Plet-

zer, Dr. Christian Harisch und Johann

Hager übernommen und zum Ge-

sundheitszentrum, basierend auf der

F.X.-Mayr-Philosophie, umgebaut.

Jahresumsatz 11 Mio. Euro, 90

Betten, 25.000 Nächtigungen, 80

Mitarbeiter, 90 % Auslastung.

T

irol ist das tourismusintensivste

Bundesland Österreichs, die

43,4 Millionen Nächtigungen 2008

entsprechen immerhin 36 Prozent

aller Nächtigungen in Österreich.

Trotzdem kommt auch der Tiroler

Tourismus nicht an Forschung und

Innovation vorbei. Im Auftrag der Ti-

roler Zukunftsstiftung wurde jetzt die-

ser Innovationsbedarf erhoben. „Viele

Innovationen der letzten Jahre waren

rein technischer Natur“, stellt Studien-

autorin Dr. Birgit Pikkemaat vom

Institut für Strategisches Management,

Marketing und Tourismus der Uni

Innsbruck fest. „Der Dienstleistungs-

bereich muss da kräftig aufholen.“ Die

Herausforderung für Unternehmen

und Destinationen bestehe künftig

darin, Trends rechtzeitig zu erkennen

und sich den individuellen Wünschen

der Kunden anzupassen. Auch im

gesamten Bereich des Online-Mar-

ketings ist Innovation mehr denn je

gefragt, gilt es doch, die neuen Kom-

munikationstechnologien zur Verbes-

serung des Kundenkontakts zu nutzen.

Jedenfalls stuft die Studie Innovationen

bei Vertriebspolitik, Marketing, Dienst-

leistungen, Qualitätssicherung und im

Mitarbeiterbereich wichtiger ein als

Neuerungen bei Architektur, Design

oder bei der Preispolitik.

Innovation

ist gefragt

TOURISMUSSTUDIE

Fotos: Lanserhof