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STANDORT
Österreichs Westen ist internetfit
Thema: [ INFORMATIONSTECHNOLOGIEN TIROL ]
Der Westen hat in Sachen Internet die Nase vorne, 77 Prozent der Vorarlberger und
75 Prozent der Tiroler sind regelmäßig online. Fünf Millionen Österreicher sind Internet-
User, das sind 71 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren, vor einem Jahr waren es noch
67 Prozent. Die Zuwächse kamen vor allem aus der privaten Nutzung, geht aus dem On-
line-Monitor für das erste Quartal 2009 des Marktforschungsinstituts GfK Austria hervor.
I-TECH
R
und 1500 Unternehmen arbeiten
in Tirol im IT-Bereich – und die
Branche wächst weiter, was auch
Christian Mathes, Geschäftsführer von
CAST, Center for Academic Spin-offs
Tyrol, bestätigen kann. Allein CAST
betreut im Schnitt vier IT-Unterneh-
mensgründungen im Jahr, begleitet
die potenziellen Jungunternehmer aus
den Hochschulen von der Idee über
Marktanalysen bis zur Businessplaner-
stellung. Am Tiroler IT-Markt beob-
achtet Mathes zwei Besonderheiten:
„Viele Unternehmen sind in den soge-
nannten semantischen Technologien
unterwegs. Das hat sicher mit dem
akademischen Hintergrund an der
Universität Innsbruck zu tun, wo mit
Prof. Dieter Fensel ein internationaler
Experte auf diesem Gebiet arbeitet.“
Der zweite Schwerpunkt liegt laut
Mathes im Bereich der bildgebenden
Verfahren, mit denen Tiroler Unter-
nehmen auch international punkten
können.
IT IN TIROL
W
as verbindet den norwegi-
schen Politiker Kjell Ma-
gne Bondevik und den
Schwazer Unternehmer DI Christi-
an Huber? Der 15. September 1997.
Während Bondevik sich an diesem
Tag in den Abendstunden als Sieger
der Parlamentswahlen feiern lassen
konnte, hatte auchHuber ein durch-
schlagendes Erfolgserlebnis. Vier
Stunden lang berichtete der Sender
TV 2 live über die Wahlen, garniert
mit ständig aktuellen Grafiken über
die Ergebnisse und bat die Politiker
zur Diskussion – in ein virtuelles Stu-
dio. Möglich machte dies alles das
Know-how einer Tiroler Drei-Mann-
Firma und Huber ist sich auch heute
noch sicher: „Wäre da was schief ge-
gangen, wären wir weg vom Fenster
gewesen.“ Doch es ist nichts schief
gegangen, die ein Jahr lang dau-
ernde Programmierarbeit hatte sich
ausgezahlt, die von Hubers Peak
Software Technologies entwickelten,
grafisch basierten Softwaresysteme
für die Echtzeitproduktion hatten
die Bewährungsprobe bestanden
und bildeten den Grundstein für ei-
nen Erfolgsweg, der in einer kleinen
Altbauwohnung begonnen hatte.
Für den ersten On Air-Auftritt
hatte Peak Software Technologies
die Grafiksoftware erarbeitet, die
hausinterne Entwicklungsabteilung
kreierte ein Contentmanagement-
system, das sozusagen die für die
Visualisierung notwendigen Infor-
mationen aufarbeitet. Das Paket
funktionierte, CBS News klopfte
Vizrt. Ob grafische Darstellungen im TV, ob virtuelle Nachrichtenstudios – die Visualisierungssoftware des
in Schwaz gegründeten Unternehmens ist täglich im Fernsehen und nicht mehr wegzudenken.
Von Schwaz aus in die Welt
an und übernahm das System der
Echtzeitgrafiken. Christian Huber
im Rückblick: „Damit war die Fra-
ge endgültig vom Tisch, ob unsere
Software im Nachrichtengebrauch
funktioniert.“ 1999 schloss sich Peak
Software mit der inzwischen von TV
2 (der Sender fungierte auch als
Risikokapitalgeber von Peak Soft-
ware) ausgelagerten Entwicklungs-
abteilung zusammen. Das Produkt
war gut, es fehlte aber am Vertrieb.
Gelöst wurde das Problem durch
das israelische Unternehmen RT-
SET (Huber: „Damals unser größter
Konkurrent, doch unser Produkt
war besser.“), das über das notwendi-
ge Vertriebssystem verfügte. Im Jahr
2000 kam es zum Zusammenschluss,
der Name Vizrt wurde geboren.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten
ging es ab 2001 nur mehr bergauf.
An die 470 Mitarbeiter beschäftigt
Vizrt heute weltweit, in Schwaz sind
es rund 50, die sich um das Kernpro-
dukt, die Grafiksoftware, kümmern.
Das Angebot wurde durch eigene
Entwicklungen, aber auch durch die
Übernahme von anderen Firmen
ständig erweitert, aus dem alltägli-
chen Fernsehen ist Vizrt, Mitglied
des Clusters IT Tirol, nicht mehr
wegzudenken – zu den Kunden zäh-
len unter anderem CNN, CBS, Fox,
BBC, Sky, ITN, ZDF, ORF. Ob grafi-
sche Gestaltung von Wahlergebnis-
sen, Wetterkarten, Newsticker und
Sportübertragungen, ob virtuelle
Nachrichtenstudios – überall steckt
Know-how aus Tirol dahinter. ]
MOBILE SECURITY
E
nde Juni veranstalteten die netIT-
Partner ein Expertenhearing zum
Thema „Mobile Computing“ und
stellten die Frage: „Wie sicher sind
Handy und Notebook?“.Der IT-Sicher-
heitsexperte DI Thomas Kerbl (Bild) ist
für Europas bedeutendstes IT-Sicher-
heitsunternehmen „SEC Consult“ tätig
und referierte über Bedrohungen und
Schutzmaßnahmen beim Einsatz von
mobilen Endgeräten. „Gerade bei den
Handys ist der Funktionsumfang in den
letzten Jahren deutlich angestiegen,
vielfach ersetzen Mobiltelefone bereits
den Laptop“, sagt Kerbl. „Dadurch
entstehen neue Risiken.“ Eine der
Hauptangriffsflächen ist der Verlust
oder Diebstahl eines Handys. Aber
auch gezielte Angriffe auf Mobiltele-
fone nehmen rasant zu, vor allem
weil immer mehr der weltweit zwei
Milliarden Handys internetfähig sind.
Diese Schadsoftware („Mobile Mal-
ware“) steckt funktional zwar noch in
den Kinderschuhen, Programme zum
Löschen/Kopieren fremder Dateien,
das Versenden von kostenpflichtigen
Nachrichten an Mehrwertnummern
oder die Deaktivierung des Gerätes
sind aber bereits im Umlauf. Vor diesen
Gefahren schützt man sich am besten
mit Firewalls und Virenscanner, die
auch für mobile Geräte verfügbar sind.
Tipp vom Experten Kerbl: „Vertrauens-
würdige Infos wenn möglich nicht auf
mobilen Geräten verwenden.“
Visualisierungskunst. Christian Huber startete sein Unternehmen in einer kleinen Altbau-
wohnung – heute setzt auch das ZDF bei seinen Nachrichtenstudios auf Vizrt-Technologie.
M
it der Verbrei-
tung der Web
2.0 Technologi-
en steigt auch das Risiko,
von Hackern angegriffen
zu werden. Denn die Web
2.0 Technik erlaubt es den
Usern, eigene Inhalte auf
der besuchten Website zu
hinterlassen. Dafür muss
aber eine Kommunikation
mit den internenDatenspei-
chern hergestellt werden und über
diesen Kontakt lässt sich wunderbar
in einen fremden Server eindrin-
gen. „Man muss kein Quantenphysi-
ker sein, um sich über eine Web-Ap-
plikationZugang zufirmeninternen
Daten zu verschaffen“, meint Dr.
Wieland Alge, CEO des vor der
Übernahme durch die US-Sicher-
heitsfirma Barracuda stehenden
Tiroler Computer-Sicherheitsspe-
zialisten Phion. „Und es gibt einen
regelrechten Markt für Daten, seien
es Kreditkartennummern,
E-Mail-Adressen oder Kun-
denlisten.“ Dr. Alge nimmt
sich kein Blatt vor den
Mund wenn er sagt: „Im
Bereich der Web-Applica-
tion-Security ist Tirol bzw.
ganz Österreich furchtbar
hinterwäldlerisch.
Der
Durchdringungsgrad an si-
cheren Kommunikations-
systemen ist blamabel. In
der Schweiz sind 100 Prozent aller
Banken mit einer derartigen Sicher-
heitslösung ausgestattet, 90 Prozent
verwenden unser System. In Öster-
reich hingegen ist die Bereitschaft
der Banken, aber auch von Großbe-
trieben und der Öffentlichen Hand
sehr gering, in Web-Application-Se-
curity zu inverstieren.“ Die meisten
Unternehmer glauben, wenn noch
alle Daten vorhanden sind, dann
wäre ein „Angriff“ erfolglos gewe-
sen. Ein fataler Irrtum. ]
D
er Innsbrucker Pe-
ter Stelzhammer
ist 38 Jahre alt und
beschäftigt sich schon seit
mehr als einem Vierteljahr-
hundert mit Computern.
Aus dieser Leidenschaft
heraus hat er mit einer
Handvoll Mitarbeitern ein
Unternehmen
gegrün-
det, dass sich in jedweder
Form mit Computern be-
schäftigt. Hardware-Reparatur und
EDV-Gründungsberatung für Jung-
unternehmer inklusive. Das wäre al-
les nicht besonders aufregend und
berichtenswert, hätten Peter Stelz-
hammer und sein Team es nicht
zum Weltmarktführer gebracht.
Und zwar bei der Überprüfung von
Security-Software: Alle namhaften
Hersteller von Antivirusprogram-
men schicken ihre jeweils neuesten
Produkte an das kompetenzzent-
rum.IT nach Innsbruck. Dort wird
die Software allen nur er-
denklichen Viren ausge-
setzt. Insgesamt 300 Terra-
byte an Viren stehen dafür
zur Verfügung und auf den
Markt kommt nur, was sich
in den kleinen Firmen-
räumlichkeiten im Inns-
brucker Saggen bewährt
hat. Projektleiter Andreas
Clementi schätzt, das jeden
Tag 25.000 bis 40.000(!)
neue Viren programmiert werden,
Arbeitsmangel ist also nicht in Sicht.
Und längst geht es beim „hacken“
nicht mehr um eine Art sportlichen
Ehrgeiz, sondern „Hacker“ werden
bewusst engagiert, um gezielte An-
griffe zu starten. Nicht Daten zerstö-
ren, sondern Daten ausspionieren
lautet das moderne Credo. Also
wird Security-Software immer wich-
tiger – Software, die in Innsbruck
auf ihre weltweite Tauglichkeit hin
überprüft wird. ]
Sind Sie heute schon
angegriffen worden?
Phion. Laufend werden Unternehmen von Computer-
Hackern angegriffen – viele merken das aber gar nicht.
Täglich den neuesten
Viren auf der Spur
kompetenzzentrum.IT. Auch der Gigant Microsoft
lässt seine Anti-Viren-Software in Innsbruck prüfen.
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V T W Nö Oö S B St K
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Foto: Friedle
Fotos: ZDF/ Berthold Lithjes
Foto: Ritsch
Foto: Privat
Foto: Ritsch