

I
m Jahr 2007 erkrankten in
Österreich 35.356 Menschen
an Krebs, 18.916 Männer und
16.440 Frauen. Zwei Tumorarten
stechen dabei besonders heraus
– Prostata- und Brustkrebs. Bei 26
Prozent der Männer bzw. bei 28
Prozent wurden diese Tumore neu
diagnostiziert, im Schnitt enden
diese Erkrankungen für 1200 Män-
ner und 1500 Frauen im Jahr töd-
lich. Doch eigentlich ist es nicht der
Primärtumor, der zum Tod führt
– rund 90 Prozent aller Krebspa-
tienten, bei denen die Krankheit
tödlich ausgeht, sterben an den
Metastasen des Primärtumors bzw.
an Folgekrankheiten der Metasta-
sierung. Auslöser dieser Metastasen
sind unter anderem im Blut zirku-
lierende Tumorzellen (circulating
tumor cells, CTCs), die sich aus dem
Primärtumor lösen, die Gefäßwand
durchdringen und sich in fremder
Umgebung wieder ansiedeln kön-
nen. Wie dieser Prozess allerdings
genau abläuft, welche CTCs Meta-
stasen verursachen, wie sie sich da-
bei verhalten, ist wissenschaftlich
noch nicht eindeutig geklärt – mit
ein Grund dafür, dass die CTCs ver-
mehrt in den Fokus der Forschung
geraten. Auch beim Tiroler Krebs-
forschungszentrum Oncotyrol.
„Wir gehen davon aus, dass wir in
den kommenden zwei Jahren maß-
gebliche Erkenntnisse im Bereich
der CTCs und der damit assoziier-
ten Mutationen erzielen werden“,
sagt Thomas Fröhlich von der Ro-
che Diagnostics GmbH, Geschäfts-
bereich Roche Applied Science in
Penzberg, Deutschland. Gemein-
sammit demBioinformatikerZlatko
Trajanoski, Arealeiter bei Oncotyrol
(siehe Seite 2), dem Humangeneti-
ker Michael Speicher von der Medi-
zinischen Universität Graz und dem
steirischen Unternehmen Single
Cell Dimensions soll eine Metho-
de entwickelt werden, mit der die
CTCs aus der Blutbahn isoliert wer-
den, um sie vor, während und nach
der Behandlung genetisch untersu-
chen zu können. Erstes Ziel ist es,
so Jochen Renzing, Technology Ma-
nager bei Roche Applied Science,
neuemolekular- undzellbiologische
Erkenntnisse über CTCs bei Brust-
und Prostatakrebserkrankungen
zu gewinnen. Nach der Isolation
der CTCs (Single Cell Dimensions)
wird die Gensequenzierung mit Hil-
fe der Sequenzier-Technologie von
Roche Diagnostics in Graz durch-
geführt, Michael Speicher steuert
die humangenetische Expertise bei,
die Innsbrucker Gruppe von Traja-
noski ist für die Datenverarbeitung
verantwortlich. Kein leichtes Un-
terfangen, hat doch Speicher rund
100 Gene ausfindig gemacht, die
für Brust- und Prostatakrebs beson-
ders aussagekräftig sind.
Trotzdem sind Renzing und
Fröhlich optimistisch, neue Muta-
tionen identifizieren zu können,
mit denen das Gefährdungspoten-
zial von CTCs besser eingeschätzt
werden kann. Langfristig müssen
diese dann statistisch und klinisch
validiert werden, um – im Erfolgs-
fall – zu einer Diagnostikmethode
zu gelangen, die Hinweise für die
Therapie liefern kann. Dies ist ein
Fernziel des auf zwei Jahre laufen-
den Projekts, das laut Fröhlich auf
Nachhaltigkeit setzt, um auch in Zu-
kunft auf das Know-how von Zlatko
Trajanoski und Michael Speicher
zurückgreifen zu können.
]
Krebsforschung. Oncotyrol gewinnt einen neuen Industriepartner aus dem Ausland:
Gemeinsam will man im Blut zirkulierende Tumorzellen genauer erforschen.
Mit modernster Sequenzier-Technologie soll das Gefährdungspotenzial von im Blut
zirkulierenden Tumorzellen besser erforscht werden.
Roche Diagnostics
investiert in Tirol
Standort
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STANDORT 03|10
[ Thema: Inhalt ]
Ein neues Projekt bei Oncotyrol widmet
sich den im Blut zirkulierenden Tumorzellen
STANDORT
[ zukunftsstiftung ] : [ erneuerbare energien ] [ informationstechnologien ] [ life sciences ] [ mechatronik ] [ wellness ] : [ forschung ] [ wirtschaft ]
Erneuerbare Energien
Seite 3
[ Thema: Impressum ]
STANDORT. Aktuelle Nachrichten der Tiroler
Zukunftsstiftung (TZS) und ihrer Clusterinitia-
tiven. Ausgabe 0310 | Herausgeber: Tiroler
Zukunftsstiftung – Standortagentur des Landes
Tirol. Kaiserjägerstraße 4a, 6020 Innsbruck|
Verleger: ECHO Zeitschriften- u. Verlags
GmbH | Redaktion: David Bullock, Andreas
Hauser, Gernot Zimmermann | Fotos: An-
dreas Friedle| Layout: Thomas Binder, Armin
Muigg | Druck: Alpina
3 2
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N
r. 6.
| Jg. 02
AKTUELLE NACHRICHTEN DER TIROLER ZUKUNFTSSTIFTUNG
Zlatko Trajanoski beschäftigt sich mit der
Integration riesiger Datenmengen
Foto: Roche
Die Geschäftsführerin des österreichi-
schen Klima- und Energiefonds im Interview
Das O-Dorf 3 in Innsbruck ist ein Beispiel
für zukunftsweisendes Bauen
Mechatronik
Seite 4
Durst Phototechnik investierte 15 Millionen
Euro in das neue Lienzer Forschungszentrum
Christian Handl über die Rolle der Me-
chatronik in der Lebensmittelproduktion
Informationstechnologie
Seite 5
Die STW Spleißtechnik West GmbH ist
spezialisiert auf die Installation von Netzwerken
Cloud Computing – Das Rechnen in der
Riesenwolke
Wellness
Seite 6
Der Sonnhof in Hinterthiersee ist eines
der führenden Ayurveda Resorts in Europa
Coaching mit Pferden – eine Persönlich-
keitsfindung hoch zu Ross
Life Sciences
Seite 7
Studie zu Abstoßungserscheinungen bei
Transplantationen von Gewebe
Mit einer einzigartigen Technologie misst
Ergospect den Stoffwechsel in der Muskulatur
Starker Forschungsauftritt
[EUROPABLICK ]
D
ie EU-Rahmenprogramme für Forschung, technologische Entwicklung und De-
monstration (EU-Rahmenprogramme) haben sich im Laufe ihrer Geschichte zum
wichtigsten Instrument der Umsetzung der Forschungs- und Technologiepolitik der EU
entwickelt. Seit 1984 wurden von der Europäischen Kommission sechs kontinuierlich
wachsende EU-Rahmenprogramme für Forschung und Technologische Entwicklung
durchgeführt. Das mit 1. Jänner 2007 gestartete 7. EU-Rahmenprogramm ist mit einer
Laufzeit von sieben Jahren und einem Gesamtbudget von 53,3 Milliarden Euro das
weltweit größte transnationale Forschungsprogramm. Von den bisher (Stand 05/2010)
bewilligten 9186 Projekten sind 994 mit einer österreichischen Beteiligung, die Zahl der österreichischen Teilnehmer liegt bei
1370. Stark ist dabei auch der Tiroler Auftritt. Nach Wien und der Steiermark liegt Tirol mit 102 Beteiligungen und einem Förder-
volumen von 40,2 Millionen Euro an dritter Stelle. Den Großteil der Beteiligungen stellen die heimischen Universitäten und Fach-
hochschulen (72), gefolgt von den Klein- und Mittelunternehmen (24), jeweils drei entfallen auf Großunternehmen bzw. andere
Beteiligungsformen. Doch nicht nur die Tiroler Forschungsinstitutionen wissen zu überzeugen. Im Juli erhielten Francesca Ferlaino
und Gregor Weihs vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck einen ERC Starting Grant. Damit stehen den
beiden Nachwuchsforschern insgesamt über 2,3 Millionen Euro für ihre Forschungen in den nächsten fünf Jahren zur Verfügung.
HAUPTQUARTIERE
E
in wesentliches Ziel der öster-
reichischen Innovationspolitik ist,
den Standort Österreich für internatio-
nal tätige Unternehmen attraktiver zu
machen. Dies unterstützt die FFG mit
ihrem Programm „Headquarter Strategy“
(Einreichung bis Ende September 2010),
die Forschungs- und Entwicklungspro-
jekte fördert, wenn in deren Rahmen
Forschungs- und Entwicklungsbereiche
mit eigenständiger Verantwortung in
Österreich neu aufgebaut oder substanti-
ell erweitert werden. Namhaftes Tiroler
Beispiel dafür ist die Bionorica Research,
das Forschungsheadquarter des deut-
schen Phytopharmaka-Spezialisten Bio-
norica, die seit ihrer Ansiedelung im Jahr
2005 kontinuierlich ausgebaut wird.
T
irol hat in
den letzten
Jahren eine ra-
sante Entwicklung
hinter sich. Zwei
tragende Säulen
sind Wissenschaft
und Forschung.
Die Hochschulen
des Landes geben der Tiroler Wirtschaft
ständig innovative Impulse – die Zau-
berformel liegt in der Zusammenarbeit.
Denn gerade der „Jobmotor“ Innovation
schafft Arbeitsplätze. Hier liegt auch die
große Bedeutung der Hochschulen,
da rechtzeitig qualifizierte Arbeitskräfte
ausgebildet werden und der notwendige
Technologietransfer stattfindet. Tirol ist
in Österreich mit Abstand jenes Bundes-
land, wo am meisten für die Grundla-
genforschung ausgegeben wird (über 30
Prozent aller F&E-Ausgaben Tirols), der
Großteil stammt aus dem BMWF. Beson-
ders hervorzuheben sind hier neben den
Hochschulen auch die Einrichtungen der
ÖAW, die dazu beitragen, Tirol als exzel-
lenten Forschungsstandort in der Welt zu
positionieren (Quantenphysik, Alterns-
forschung, Krebsforschung). Mit den an-
deren Hochschulen des Landes erfolgen
somit wertvolle Impulse für Mensch und
Technik und die notwendige Umsetzung
in innovative Produkte und Dienstleis-
tungen. Dass Forschung wirkt, zeigen die
Erfolge der Tiroler Zukunftsstiftung; über
52,3 Millionen Euro wurden seit 1998 an
Förderungen ausbezahlt und somit mehr
als 700 Stellen geschaffen, ein Großteil
davon auch durch Ausgründungen aus
universitären Einrichtungen, wie z.B.
MED-EL, Ionimed/Ionicon oder Phion.
Diesen Technologietransfer müssen
wir konsequent fortsetzen. Als Wissen-
schaftsministerin unterstütze ich daher die
Bestrebungen Tirols, um den „Jobmotor“
Innovation am Laufen zu halten. Denn:
Wissen schafft Arbeit und sichert Zukunft!
Tirol ist F&E-
Vorzeigeland
GASTKOMMENTAR
”
DR. BEATRIX KARL
Bundesministerin
für Wissenschaft und Forschung
Foto: Christian Jungwirth
KOMPETENT
D
ie Ziele der Lissabon-Strategie sind
ehrgeizig – bis ins Jahr 2010 sollte
die F&E-Quote der EU-Staaten drei
Prozent des BIP betragen. Die Krisen-
jahre haben hier einen kleinen Strich
durch die Rechnung gemacht. Österreich
zählt aber zu den wenigen Ländern, die
bereits in Zielnähe gerückt sind – die
Globalschätzung der Statistik Austria
erwartet für heuer eine Forschungsquote
von rund 2,76 Prozent. Seinen Teil dazu
trägt auch Tirol bei: Für die aktuell laufen-
den Bundeskompetenzzentren (Tiroler
Zentren und Tiroler Beteiligungen an
Zentren anderer Bundesländer) sind bis
zum Jahr 2014 insgesamt weitere 10,1
Millionen Euro an Landesförderungen im
Wege der TZS vertraglich zugesichert.
Foto: IQC
Foto: Uni Innsbruck