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STANDORT
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Innsbrucks Materialtechnologen mischen wieder mit
Thema: [ STANDORT TIROL ]
STANDORT
Im Oktober eröffnete an der Universität Innsbruck das Christian-Doppler-
Labor für Zement- und Betontechnologie. Das Team von Prof. Roman Lackner
widmet sich nun der Verbesserung und Weiterentwicklung des Baustoffs Beton
und knüpft damit an eine Tradition der Uni Innsbruck an. Wirtschaftspartner mit
eigenen Forschungsmodulen sind die Betriebe Doka und Schretter & Cie.
STANDORT:
Die Vorarbeiten
für das 8. Forschungsrahmenpro-
gramm, das 2014 starten soll, lau-
fen bereits. Gibt es schon generelle
Trends inhaltlicher und finanzieller
Natur?
HERBERT REUL:
Inhaltlich zeich-
nen sich zwei große Trends ab:
Zum einen wird sich die anwen-
dungsorientierte Forschung auf
die großen gesellschaftlichen Her-
ausforderungen, wie Klimawandel,
Energie, demografischer Wandel
oder Gesundheit, konzentrieren.
Hier sollen in Europa die Kräfte
gebündelt werden und die besten
Forscher und wissenschaftlichen
Einrichtungen zusammengebracht
werden, um Lösungen für diese Zu-
kunftsfragen zu finden. Zum ande-
ren müssen wir die internationale
Wettbewerbsfähigkeit Europas stär-
ken. Dazu brauchen wir eine exzel-
lente industrielle Wissensbasis und
eine internationale Spitzenstellung
bei Schlüsseltechnologien wie den
Informations- und Kommunikati-
onstechnologien, der Nanotechno-
logie und der Biotechnologie. Das
8. FRP muss daher noch mehr als
seine Vorläufer die Kooperation zwi-
schen Wissenschaft und Wirtschaft
auf europäischer Ebene in Schwung
bringen. Es ist deshalb essenziell,
dass das 8. FRP für die Wirtschaft
attraktiv ist, und zwar nicht nur für
große forschende Unternehmen,
sondern ausdrücklich auch für in-
novative KMU. Die Attraktivität des
FRP besteht nicht nur in der finan-
ziellen Förderung, sondern auch in
dem Mehrwert, den eine interdiszi-
plinäre Zusammenarbeit gerade für
hochspezialisierte innovative KMUs
bietet.
STANDORT:
Wohin orientiert sich
die europäische Forschungsförde-
rungspolitik?
REUL:
Neben den genannten in-
haltlichen Schwerpunkten müssen
wir Ernst machen mit der Vollen-
dungdes EuropäischenForschungs-
raums. D.h. wir müssen die Rah-
menbedingungen für Wissenschaft,
Forschung und Innovation an vie-
len Stellschrauben verbessern, um
einen wirklichen „Binnenmarkt für
Forschung“ zu erreichen.
STANDORT:
Die „Union der Inno-
vation“ ist eine Flaggschiff-Initiati-
ve der Strategie Europa 2020. Un-
ter anderem sollen Innovationen
schneller auf den Markt gebracht
werden. Gibt es dafür konkrete
Überlegungen?
REUL:
Ja, die gibt es, und auch da-
mit befassen wir uns im Moment
Interview. Herbert Reul, Vorsitzender des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie im
Europäischen Parlament, über Trends in der Forschungspolitik der Europäischen Union.
Herbert Reul: „Wir müssen mit der Vollendung des Europäischen Forschungsraums
Ernst machen.“
In Europa die Kräfte bündeln
intensiv im ITRE-Ausschuss. Wir
müssen als Erstes die bekannten
Innovationshemmnisse in Europa
überwinden. Dazu gehören z.B.
der Mangel an Venture Capital und
die bürokratischen Hürden und
steuerlichen Nachteile, mit denen
VC Fonds immer noch zu kämpfen
haben, wenn sie grenzüberschrei-
tend agieren wollen. Das heißt:
Gerade auf einem Gebiet, das für
die Zukunft so entscheidend ist,
haben wir den gemeinsamen Markt
in Europa noch nicht verwirklicht.
Das gleiche gilt für den Bereich der
intellektuellen Eigentumsrechte
– ein Schlüsselthema für das Inno-
vationsklima!
STANDORT:
Wie könnte der Wirt-
schaftsraum Tirol mit seinen vielen
KMUs davon profitieren?
REUL:
Zunächst muss man neidlos
anerkennen, dass Österreich durch
seine forschungsfreundliche Steu-
erpolitik ein sehr attraktiver Stand-
ort für innovative KMUs ist. Diese
gute nationale Standortpolitik kann
durchMaßnahmenaufeuropäischer
Ebene, wie z.B. die Erleichterung
des Zugangs zu VC, wirkungsvoll er-
gänzt werden. Tirol liegt im Herzen
Europas. Gerade forschende KMUs
und Start-ups finden ihre Koopera-
tionspartner oft nicht im eigenen
Land. Für sie ist daher jede Erleich-
terung der grenzüberschreitenden
Kooperation besonders wichtig. ]
U
m von fossilen Energieträgern un-
abhängig zu werden, will die EU
mit dem Europäischen Strategieplan
für Energietechnologie („SET-Plan“)
die Einführung von Technologien mit
geringen CO
2
-Emissionen beschleuni-
gen. Vor Kurzem einigte man sich nun
auf 70 Milliarden Euro an Investitionen
in anwendungsorientierte Forschung
und Demonstrationsprojekte bis 2020.
Gefördert werden die Bereiche Bio-
energie (30 Demonstrationsanlagen,
neun Milliarden), Solarenergie (fünf
Pilotanlagen zu PV-Massenfertigung
und zehn CSP-Pilotkraftwerke, 16
Milliarden), Intelligente Städte (Einfüh-
rung intelligenter Netze und Gebäude
in 25 bis 30 Städten, elf Milliarden),
Stromnetze (F&E-Projekte sowie
20 Demonstrationsprojekte, zwei
Milliarden), CO
2
-Sequestrierung (zwölf
Demonstrationsanlagen in industriellem
Maßstab, 13 Milliarden), Brennstoff-
zelle und Wasserstoff (Forschungs-,
Demonstrations- und Bildungsprojekte,
eine Milliarde), Wind (zehn Demons-
trationsprojekte zu Off-Shore Wind
und Netzintegration, sechs Milliarden),
Nachhaltige Kernenergie (sieben Mil-
liarden). Die ersten Ausschreibungen
werden Anfang 2011 erwartet und
richten sich vor allem an große Unter-
nehmen und Institutionen.
Nachhaltiges
Energiesystem
SET-PLAN-FÖRDERUNG
Foto: Europäisches Parlament – Referat Audiovisuelle Medien
STANDORT:
Sie sprechen sich am
8. Tiroler Innovationstag für eine
gebotene neue Innovationskultur
einer „Wirtschaft im Dienst der
Menschheit“ aus. Wie schaut diese
Innovationskultur aus?
PETER SPIEGEL:
Bisher richtete
sich die Innovationsentwicklung
und -förderung in allen traditionel-
len Industrieländern viel zu einsei-
tig technisch aus und orientierte
sich viel zu einseitig an den Bedürf-
nissen von besonders „kaufkräftiger
Kundschaft“. Wenn wir unseren
Horizont hier erweitern um soziale
Innovationen und dabei auch auf
die Bedürfnisse der zwei bis drei
Milliarden Menschen blicken, die
heute noch weniger kaufkräftig
sind, können wir riesige neue Welt-
märkte der Zukunft erschließen.
Ein Beispiel: Weil sich Solardächer
bei uns noch nicht subventionsfrei
rechnen, meinten alle westlichen
Experten, dann könnten sie sich
unmöglich in den Armutsmärkten
der Welt rechnen. Das Unterneh-
men „Grameen Shakhti“ in Bang-
ladesch bewies das Gegenteil – und
verkaufte bereits via Kleinkredite
eine halbe Million Solar Home Sys-
tems. Die Armen zahlten zuvor am
meisten für Energie, weil sie keinen
Zugang zu Überlandleitungen hat-
ten. Daher waren die Solaranlagen
schon nach weniger als drei Jahren
amortisiert. Sie halten aber sieben
bis fünfzehn Jahre. Ein wunderba-
res Geschäft für alle.
STANDORT:
Sie beschäftigen sich
viel mit dem Konzept des Social
Business. In dem Bereich tätige Un-
ternehmen sollen soziale und öko-
logische Probleme lösen. Wäre Tirol
für Social Business prädestiniert?
SPIEGEL:
Der Sozialstaat, so wie wir
ihn in den letzten 50 Jahren auf-
gebaut haben, ist so nicht mehr fi-
nanzierbar. Wir brauchen dringend
kreative Lösungen, nicht nur für die
Armutsprobleme von Bangladesch
bis Zaire – was uns neue Export-
märkte öffnen würde –, sondern
auch bei uns. Die Entwicklung und
Förderung von Social Innovation
und Social Business im Wohlfahrts-
bereich, im Gesundheitsbereich
und im Bildungssektor von Tirol
kann viele der bisher hier als unlös-
bar angesehenen Probleme lösen
und zugleich Milliarden an Kosten
einsparen. Dies zeigen die bereits
umgesetzten Beispiele in anderen
Regionen. Prädestiniert für Social
Business ist jede Region, die sich da-
für prädestiniert fühlt, und zwar in
dem Maße, wie sehr sie sich diesem
neuen Denken öffnet.
STANDORT:
Wie lassen sich Unter-
nehmen und Gesellschaft für eine
sozial motivierte Wirtschaftsweise
gewinnen?
SPIEGEL:
Durch die überaus über-
zeugenden Beispiele, die es bereits
gibt und hoffentlich auch sehr bald
in Tirol geben wird. ]
Peter Spiegel. Der deutsche Sachbuchautor über eine neue Innovationskultur sowie
Social Business und wie der Wirtschaftsstandort Tirol davon profitieren könnte.
„Horizont erweitern“
D
ie Zeit stellt uns vor enorme
Herausforderungen. Beim achten
Tiroler Innovationstag referieren
Experten dazu und weisen gleich-
zeitig auf Chancen hin, die aus der
Globalisierung, dem Klimawandel,
den demografischen Veränderungen
und aus dem Bedarf nach technischen
Innovationen für den Standort Tirol
erwachsen.
Wir stehen an einem Wendepunkt.
Bei Innovationen ist deshalb nicht
mehr ausschließlich an Forschung und
Spitzentechnologie zu denken. Hier
sind wir gut aufgestellt und müssen
es bleiben. Künftig müssen auch neue
Konzepte beispielsweise bei Geschäfts-
modellen, Organisationsformen oder
Unternehmensfinanzierung wesentlich
dazu beitragen, den Herausforderun-
gen der Zeit zu begegnen. Lesen Sie
die Meinung der Referenten dazu auf
diesen Seiten nach.
Mit dem Innovationstag machen wir
erneut auf wichtige Zukunftsfragen auf-
merksam. Antworten darauf müssen
Politik, Unternehmen und Forschungs-
einrichtungen bereits heute finden.
Dabei kann unsere Standortagentur
diese ab Jänner 2011 noch umfassen-
der unterstützen. Unter anderem mit
der neuen Anbindung an europäische
Netzwerke aus einer Hand. Der
künftige Auftritt unter der Bezeichnung
Standortagentur Tirol ist konsequent.
Dass damit klar und verständlich
„draufsteht,was drinsteckt“, unterstützt
ihr Profil auf dem internationalen
Parkett und damit die heimische Wirt-
schaft und Wissenschaft.
Liebe
Leserinnen
und Leser
EDITORIAL
”
PATRIZIA ZOLLER-FRISCHAUF
Landesrätin für Wirtschaft
Foto: Land Tirol
E
rstmals werden Vorhersageme-
thoden zur Stromproduktion von
Windparks in Österreich wissenschaftlich
verglichen. Ein vom FWF unterstütztes
Projekt an der Uni Innsbruck schafft die
Basis für eine optimierte Vorhersage der
Windpark-Stromproduktion – und liefert
so eine bessere Entscheidungsgrundlage
für Maßnahmen zur Deckung des Strom-
bedarfs. Im Mittelpunkt stehen Vorhersa-
gen für Zeiträume von sechs Stunden bis
zehn Tagen. Neben der Zuverlässigkeit
der Vorhersagemethoden werden auch
deren räumliche und zeitliche Auflösun-
gen analysiert. Zusätzlich wird vergli-
chen, inwieweit diese Methoden die
Wahrscheinlichkeiten des Eintreffens der
Vorhersage mit einberechnen können.
WINDIGER STROM
Foto: Privat