

STANDORT:
Warum setzte Leitner
2008 mit der Niederlassung in Telfs
den Schritt über den Brenner?
ANTON SEEBER
: Zum einen haben
wir in Telfs eine besonders unkompli-
zierte und lösungsorientierte öffent-
liche Verwaltung vorgefunden. Das
ist für uns wichtig, um schnell wieder
zum Tagesgeschäft zurückkehren zu
können. Der zweite Grund ist: In Tirol
– egal ob Süd- oder Nordtirol – liegen
unsere Wurzeln.
STANDORT:
Seither hat man in Telfs
einen hohen zweistelligen Millionen-
betrag investiert und beschäftigt rund
250 Mitarbeiter. Was bietet der Stand-
ort Tirol einer Gruppe wie Leitner?
SEEBER
: Wir sehen uns trotz globaler
Aktivität als Tiroler Unternehmen. Es
ist für uns besonders wichtig, dort zu
sein, wo Tourismus und Seilbahnen
zu Hause sind. Dafür bietet uns Tirol
als weltweite Spitzenregion des Win-
tertourismus das richtige Umfeld.
STANDORT:
Wie innovationsgetrie-
ben ist die Leitner-Gruppe?
SEEBER
: Die Welt ist in letzter Zeit
viel kleiner geworden und dreht sich
immer schneller. Die Veränderungen
sind ständig radikaler und unvorher-
sehbarer. Man darf aber keine Angst
haben, sich den neuen Situationen
anzupassen und neue Lösungen ein-
zuführen. Deshalb investieren wir
kontinuierlich in Forschung und Ent-
wicklung – jedes Jahr mehr als 20 Mil-
lionen Euro.
STANDORT:
Wie reagiert man auf
die Digitalisierung der Produktion?
SEEBER
: Mit neuen digitalisierten
Produktionsmaschinen können hö-
here Genauigkeiten erzielt und die
Effizienz gesteigert werden. Ein kon-
kretes Beispiel ist unser Produktions-
standort in Telfs. Gerade im letzten
Jahr haben wir dort im Rahmen des
zweiten Ausbaues z.B. auch die auto-
matische Klemmenproduktion weiter
optimiert.
STANDORT:
Regelmäßig gehen in-
zwischen Seilbahnen von Leitner in
Städten in Betrieb – liegt die Seilbahn-
zukunft im urbanen Raum?
SEEBER
: Der urbane Bereich wird
zunehmend wichtiger, denn nachhal-
tige und effiziente Mobilität wird in
den immer größer werdenden Städ-
ten eine der ganz großen Herausfor-
derungen unseres Jahrhunderts sein.
Seilbahnen können in der Luft schwe-
bend jedes Hindernis überwinden,
haben einen geringen Platzbedarf.
Es gibt keine Kollision mit anderen
Verkehrsteilnehmern, da die „Fahr-
bahn“ exklusiv von der Seilbahn be-
nutzt wird. Dies garantiert gleichmä-
ßige Fahrtzeiten ohne Wartezeiten.
Seilbahnen weisen im Vergleich zu
anderen Verkehrssystemen wesent-
lich kürzere Bauzeiten und geringe
Investitions- und Betriebskosten auf.
Und nicht zu vergessen, Seilbahnen
werden mit Strom betrieben und sind
durch unseren neuentwickelten Di-
rektantrieb überaus effizient und um-
weltfreundlich.
STANDORT:
Die Leitner-Gruppe hat
auch Schneekanonen im Programm
– verfolgt man schneearme Winter
auch mit einem lachenden Auge?
SEEBER
: Nein, natürlich verfolgen
wir diese Entwicklung mit keinem la-
chenden Auge. Aber Veränderung ist
Teil unseres Lebens, und somit müs-
sen wir natürlich auch hinnehmen,
dass sich das Klima ändert. In unserer
Unternehmensgruppe werden Werte
wie Nachhaltigkeit und Umweltschutz
groß geschrieben. Wir produzieren
nicht nur Windräder, sondern auch
erneuerbare Energie. Uns ist es wich-
tig, tatsächlich unseren Beitrag zu lei-
sten, um die Umwelt zu schützen und
unsere Ressourcen zu schonen.
STANDORT:
Sie haben jahrelang in
den USA gelebt und gearbeitet. Was
ist der Unterschied zu Tirol/Südtirol?
SEEBER
: Wahrscheinlich ist der au-
genscheinlichste Unterschied, dass
die Lösungsansätze in den USA prag-
matischer und deren Implementie-
rung effizienter sind.]
Anton Seeber, Vorstandvorsitzender der Leitner AG, über urbane Seilbahnmobilität,
Innovation im Unternehmen und die Vorzüge des Wirtschaftsstandorts Tirol.
Standort
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STANDORT 02|17
[ Thema: Inhalt ]
Anton Seeber setzt auf den Standort
Telfs und auf urbane Seilbahnlösungen
[ standortagentur ] : [ erneuerbare energien ] [ informationstechnologien ] [ life sciences ] [ mechatronik ] [ wellness ] : [ forschung ] [ wirtschaft ]
Erneuerbare Energien
Seite 3
[ Thema: Impressum ]
STANDORT. Aktuelle Nachrichten
der Standortagentur Tirol und ihrer
Clusterinitiativen. Ausgabe 02|17
Herausgeber: Standortagentur Tirol,
Ing.-Etzel-Straße 17, 6020 Innsbruck
Verleger: KULTIG Corporate Publishing,
Koch & Partner KG
Redaktion: Andreas Hauser
Fotos: Andreas Friedle
Druck: Alpina Druck GmbH
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Nr. 29 | Jg. 08
AKTUELLE NACHRICHTEN DER STANDORTAGENTUR TIROL
Ein Drittel der Betriebsansiedlungen
2016 beschäftigt sich mit Digitalisierung
Die IKB-Zentrale wird mit Abwärme
aus dem Umspannwerk Mitte beheizt
Forscher am MCI wollen aus Gasmo-
toren noch mehr Effizienz herauskitzeln
Mechatronik
Seite 4
Hermle liefert Swarovski automatisier-
te Robotik für individuelle Fertigung
Gerhard Leichtfried erforscht an der
Uni Innsbruck das selektive Laserschmelzen
Informationstechnologie
Seite 5
Buchungssysteme können denTiroler
Tourismus weiterbringen, sagt Hendrik Maat
Die IT-HAK Kitzbühel setzt auf Virtual
Reality und deren Programmierung
Wellness
Seite 6
Tourismusprofis Peter und Robert Hai-
mayer über Ganzjahrestourismus inTirol
kiweno-Gründerin Bianca Gfrei über
den Boom im digitalen Gesundheitsmarkt
Life Sciences
Seite 7
Single Use Support garantiert die
Dichtheit von Einweg-Kunststoffbeuteln
Krebsforscher Gottfried Baier will die
Immunabwehr imTumor aktivieren
[ BREITBANDOFFENSIVE ]
D
as LandTirol treibt den Breitbandausbau mit umfangreichen
Maßnahmen im Rahmen der landesweiten Breitbandoffen-
sive seit dem Jahr 2011 erfolgreich voran. Nun wird die Offensive
um weitere fünf Jahre über das Jahr 2018 verlängert: „Wir stellen
damit jährlich weiterhin zehn Millionen Euro, also insgesamt 100
Millionen Euro, zur Verfügung, damit schnelles Internet auch den
entlegensten Gebieten zur Verfügung steht“, erklärt Landeshaupt-
mann Günther Platter. ImTiroler Modell errichten die Gemeinden
bzw. Gemeindeverbände mit finanzieller Unterstützung des Lan-
des und des Bundes Glasfasernetze. Bisher konnten von den 279
Tiroler Gemeinden bereits in 150 Gemeinden Breitbandprojekte
gefördert werden. „Bis Ende der Förderperiode 2018 werden
26 Gemeinden den Ausbau zu einhundert Prozent erledigt haben“, kündigte Landesrätin Patrizia Zoller-Frischauf an.
Mit guten Breitband-Verbindungen, ergänzt LH-Stellvertreterin Ingrid Felipe, bekämpfe man Abwanderung und man
ermögliche Arbeit von daheim aus: „Wer Datenautobahnen baut, spart sich viele echte Autobahnen.“
LEITNER-GRUPPE
D
ie Ursprünge der Leitner
Firmengruppe gehen auf 1888
zurück, 1908 war man in Bozen am
Bau der ersten Personenseilbahn Mit-
teleuropas beteiligt. 1993 übernahm
der Bauunternehmer Michael Seeber
die Mehrheit der Leitner AG und
vergrößerte das Unternehmen (Seil-
bahntechnikWaagner Biro, Pomagalski,
Prinoth, Demaclenko). 2008 wurde
der StandortTelfs eröffnet, seit 2016
wird die Unternehmensgruppe (3.150
Mitarbeiter, Umsatz 2015: 726 Millio-
nen Euro) von Anton Seeber geleitet.
Innovation sei für das Unternehmen
sehr wichtig, betont Seeber: „Wir in-
vestieren kontinuierlich in F&E – jedes
Jahr mehr als 20 Millionen Euro.“
I
nTirol ist
Tourismus
wirtschaftlich so
bedeutend wie
vergleichsweise
die Automobilin-
dustrie in Bayern.
Die Mobilität der
Gäste hatWohl-
stand in dieTäler gebracht, immerhin
reisen 75 Prozent der Urlauber mit
dem Auto an. Allerdings ist für beide
Branchen die Schonfrist vorbei: Neue
Start-ups aus SiliconValley drängen mit
MillionenVenture Capital in den euro-
päischen Markt und disruptieren nicht
nur Produkte und Dienstleistungen,
sondern auch wirtschaftliche und po-
litische Konzepte des 19. Jahrhunderts.
Um dieser Disruption nicht länger
tatenlos ausgeliefert zu sein, hat die
deutsche Bundesregierung im gesam-
ten Bundesgebiet zwölf sogenannte
„digitale Hubs“ initiiert. Das erklärte
Ziel: Gemeinsam digitale Innovation zu
schaffen. Start-ups, etablierteWirtschaft
und exzellenteWissenschaft vernet-
zen sich in diesen Hubs. In Bayern
fördert dasWirtschaftsministerium
2017 den „Digital Hub Mobility“ etwa
mit 500.000 Euro. ImTirolerTouris-
mus kennt man das Internet schon
seit Jahren als Game-Changer. Die im
Tourismus erzielten Gewinne machen
heute aber zunehmend im Ausland an-
sässige Unternehmen wie Google und
Booking.com.Eine ganze Schlüsselbran-
che ist abhängig von digitalen Lösungen,
die anderswo entwickelt wurden und
nicht mehr zur regionalenWertschöp-
fung beitragen. Die E-TaskforceTirol
versucht dieser negativen Entwicklung
konstruktiv entgegenzusteuern. Ein
nicht-kommerzieller „E-Tourismus
Hub“ könnte eine Lösung sein, von der
langfristig Land und Leute und regio-
naleWirtschaft profitieren.
Der digitale
Weg zum Gast
GASTKOMMENTAR
ING. CHRISTIAN FOHRMANN
Unternehmer, E-Tourismus Experte
und Digital Marketing Engineer
FFG-BILANZ
I
nsgesamt 522 Millionen Euro
schüttete die FFG, die Österrei-
chische Forschungsförderungsgesell-
schaft, im Jahr 2016 an Förderungen
aus, 31 Millionen davon gingen an
Tiroler Unternehmen und F&E-
Einrichtungen. Interessant dabei ist
die FFG-Bezirksstatistik – Innsbruck
Land gehört zu einem der sieben
Bezirke Österreichs (ausgenommen
Wien), in die mehr als zehn Millionen
Euro flossen. In die Kategorie zwei
bis zehn Millionen fallen zudem noch
Innsbruck, Kufstein und Reutte. Ins-
gesamt wurden 3.307 neue Projekte
bewilligt, ein großer Anteil – einVolu-
men von rund 200 Millionen Euro –
betraf das Thema Digitalisierung.
Foto:Privat
Foto:LandTirol
100 Millionen Euro für Datenautobahn
Der urbane Bereich
wird wichtiger
Foto:Leitner
Anton Seeber: „InTelfs haben wir eine
unkomplizierte und lösungsorientierte
öffentlicheVerwaltung gefunden.“