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STANDORT
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TECHNIK
W
ir sind“, erzählt Thomas
Unterlechner nicht ohne
Stolz, „einer der größten
Maschinenbauer Tirols.“ Der Stolz
ist ob 200 Mitarbeitern und der Hal-
le mit zahlreichen Anlagen inklusive
einem roboterunterstützten 5-Achs-
Bearbeitungszentrum verständlich,
überraschend ist das Unternehmen,
für das Unterlechner als Director Ma-
chine & Plant Construction tätig ist –
Swarovski. „Wir fertigen die Maschi-
nen, die wir im Produktionsbereich
benötigen, selbst“, bestätigt Johann
Hintner, Vice President Mechanical
Engineering bei Swarovski. Einerseits
steckt in den Spezialmaschinen von
Swarovski viel schützenwertes Know-
how, „außerdem“, sagt Hintner, „kön-
nen wir so Ersatzteile vor Ort schnell
und mit der notwendigen Qualität
herstellen.“ Seit einem Jahr sogar
noch schneller und effizienter, kom-
biniert doch das neue Fräs-Prunk-
stück der Wattener Maschinenbauer
die Vorteile automatisierter Robotik
und individueller Fertigung.
„Normalerweise setzt man bei
hohen Stückzahlen auf vollautoma-
tisierte Lösungen“, weiß Unterlech-
ner, seine Abteilung suchte aber
nach einer Lösung für kleine Stück-
zahlen – oft sogar für Einzelteile.
Als Ansprechpartner fand man den
deutschen Fräsmaschinen-Spezia-
listen Hermle, die langjährige Zu-
sammenarbeit war bei der Problem-
lösung ein Vorteil, erläutert Florian
König, Hermle-Vertriebsleiter für
Österreich. „Eine Anlage ‚von der
Stange‘ zu liefern, ist nicht das Pro-
blem. Damit sie aber genau den
Wünschen und Anforderungen des
Kunden entspricht, braucht es des-
sen Know-how imHintergrund“, sagt
König. Schließlich nütze es nichts,
wenn eine millionenschwere Anla-
ge in der Halle steht, die aber nicht
mit genügend Fräsmaterial beliefert
werde. Diese Hintergrundarbeit
wurde im Vorfeld – auch durch die
SAP-Integration der Maschinenbau-
Abteilung – erledigt, der Roboter in
der Hermle-Anlage rackert sieben
Tage in der Woche 24 Stunden lang
und sorgt für Nachschub bzw. Er-
satzmaterial im Anlagenbereich und
sichert somit eine durchgehende
Produktion.
Dass dem Roboter nicht die Arbeit
ausgeht und es zu keinen kostenin-
tensiven Stehzeiten kommt, liegt
aber immer noch in menschlicher
Hand bzw im Kopf. Bei Swarovski
ist dieser „Head of Machine“ Jürgen
Wildauer, ein Mitarbeiter Marke Ei-
genbau – vom Lehrling zum MCI-
Master –, der sich um die Anlage
kümmert, seine Herausforderung sei
es, so Wildauer, dafür zu sorgen, dass
die Fräsanlage optimal ausgelastet
ist. Zu dieser optimalen Auslastung
zählt unter anderem die zeitgerechte
Herstellung von Ersatzteilen für die
Produktionsanlagen. „Noch“, be-
richtet Johann Hintner, „erfolgt die
Bestellung von Ersatzteilen durch
unsere Mitarbeiter, eine intelligente
Vernetzung der Produktionsmaschi-
nen in die Maschinenbauabteilung,
damit diese ihre notwendigen Er-
satzteile selbst bestellen, wäre aber
schon möglich.“ Eine selbstständige
Zulieferung via Automated Guided
Vehicles wie in der Fabrik der Zu-
kunft dürfte am weitläufigen histo-
rischen Werksgelände von Swarovski
allerdings noch entfernte Zukunfts-
musik sein. Info:
www.swarovski.combzw.
www.hermle.de]
Die in Ebbs ansässige exceet elec-
tronics GesmbH, ein Unternehmen der
internationalen Technologiegruppe exceet,
wurde für seine herausragende Unter-
nehmenskultur und vorbildliche Mitarbei-
terentwicklung zum zweiten Mail in Folge
mit demTop Company Award der Region
Tirol ausgezeichnet. Das Unternehmen mit
langjähriger Historie amTiroler Standort
erzielte den ersten Platz aufgrund der
überaus positiven Ergebnisse einer Mitar-
beiterbefragung durch unabhängige Dritte.
Die Plansee-Gruppe
unter Vorstandsvorsitzen-
dem Michael Schwarzkopf
baut für zehn Millionen
Euro eine neue Produkti-
onslinie für Medizintech-
nikprodukte, es handelt sich dabei um
die größte Einzelinvestition am Standort
Breitenwang im Jahr 2017. Medizintech-
nikprodukte werden bereits seit über 60
Jahren am Plansee-Produktionsstandort
in Reutte gefertigt. Die Bauteile werden
in Röntgengeräten und Computertomo-
grafen verbaut. Neu ist, dass Plansee eine
hochgradig automatisierte und vernetzte
Fertigungslinie schafft, die fit für die Anfor-
derungen von Industrie 4.0 ist. Innerhalb
von zwölf Monaten soll die neue Produkti-
onslinie komplett aufgebaut sein.
Foto:Plansee
MehrTop-Betriebe aus dem Cluster
MechatronikTirol finden Sie auf
www.standort-tirol.at/mitgliederMehr Info
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]
N
ach neun Jahren deutsche
Automobilindustrie für ein
Grazer Unternehmen zog es Rainer
Haag 2007 wieder nach Landeck,
mit im Gepäck hatte er Erfahrung
als Automatisierungstechniker, gute
Kontakte in die Autoindustrie und
mit Klaus Schröder einen Partner mit
ähnlicher beruflicher Vergangenheit.
Das Oberland wäre zwar untypisch
für ein auf Automatiserungstechnik
und Autoindustrie spezialisiertes
Unternehmen, „doch mit den HTLs
in Innsbruck und Fulpmes gab es
einen Pool für junge Mitarbeiter und
der süddeutsche Raum ist ja auch
nicht weit weg“, sagt Haag heute zur
Gründung von ematric. Das Geschäft
lief gut an, doch die Krise der Autoin-
dustrie in den Jahren 2009 und 2010
veranlasste die Unternehmer, sich ne-
ben Kunden wie Audi, Porsche, BMW
oder Mercedes breiter – und regio-
naler – aufzustellen: Für Thöni etwa
liefert ematric seither die Software
für die Biogasanlagen-Sparte. „Unser
Schwerpunkt liegt in der Entwicklung
und Montage von Maschinensoftware
für Großindustrieanlagen“, erklärt
Haag. Immer wieder sei man dabei
von Kunden gefragt worden, ob man
nicht „die Elektromontage oder ein
Förderband mitmachen könne“. Die
Antwort war „Nein“, bis man sich
die Frage stellte „Warum eigentlich
nicht?“ und sich mit ematric systems
selbst die Antwort gab.
„In den Jahren hat sich in diesem
Bereich viel Know-how angesammelt“,
weißThomasWeiskopf, ematric-
Mitarbeiter der ersten Stunde und
seit 2013 auch Geschäftsführer der
ematric systems. Man sei „Gesamt-
systemlieferant, vom Konzept über
Detailplanung und Programmierung
bis zur Inbetriebnahme“, Anlagenteile
für die Robotik etwa werden zuge-
kauft.Von der Stange ist nichts, was
das ematric-Haus verlässt, Spezial-
teile werden indoor konstruiert und
outdoor gefertigt. Für Handl etwa
wurdenTeile der Produktionsan-
lage automatisiert, für Steinbacher
Dämmstoffe ist man tätig, bei einem
Projekt inVorarlberg erhofft man den
Zuschlag. „Die systems-Kunden liegen
wegen des hohen Abstimmunsbedarfs
in einem Umkreis von 300 Kilometer,
mit ematric sind wir weltweit unter-
wegs“, erzählt Haag. Mit wir meint er
sich – und inzwischen 58 Mitarbeiter
an den Standorten Landeck und Für-
stenfeld. Info:
www.ematric.comV
or einem Jahr war Gerhard
Leichtfried mit rund 20 Stu-
denten auf Exkursion in
Deutschland. Am Programm stand
auch ein Besuch bei EOS, einem Spe-
zialisten für Anlagen im Bereich der
additiven Fertigung. 700 Mitarbei-
ter hatte EOS damals, erinnert sich
Leichtfried, heute sind es mehr als
1000. Zwei der Neuzugänge waren
Teilnehmer der Exkursion, die nun
neben ihrem Studium als Werkstu-
denten bei EOS tätig sind.
„Die additive Fertigung ist eine
junge, stark wachsende Technologie“,
weiß der habilitierte Pulvermetallurge.
Seit 2015 verstärkt er als Professor für
Werkstoffwissenschaften das Mecha-
tronik-Team der Uni Innsbruck. Wur-
de früher metallisches Pulver „nur“
zu einfachen Formen gepresst und
gesintert, können nun mit den neuen
Verfahren Bauteile mittels Laser oder
Elektronenstrahl Schicht für Schicht
aufgebaut werden. „Damit sind sehr
komplexe Geometrien möglich“, er-
klärt der frühere Entwicklungsleiter
bei Plansee. Hüftgelenke aus Titan
etwa, denen man die poröse Struktur
und damit Elastizität natürlicher Kno-
chen geben kann; Komponenten für
Flugzeuge, deren geringeres Gewicht
zu einer Kerosineinsparung beiträgt;
oder Bauteile, die vorher aus 20 Tei-
len verschweißt werden mussten und
heute in einem „gedruckt“ werden
können. Vieles sei möglich und um-
setzbar, meint Leichtfried, alles könne
man damit aber nicht kostengünstig
herstellen, bremst er grenzenlose
Euphoriker ein. Auch wenn sich die
Technologie weiterentwickelt, wird sie
eine zeitintensive bleiben, je nach Me-
thode liegen die Aufbauraten derzeit
bei 5 bis 30 (selektives Laserschmel-
zen) bzw. bei 50 bis 100 Kubikzenti-
meter pro Stunde (Elektronenstrahl-
schmelzen).
Auf der anderen Seite ermöglicht
die additive Fertigung funktionalere,
leichtere und besser gekühlte Bau-
teile, was sich unter anderem positiv
auf die Einsatzeigenschaften und den
Ressourcenverbrauch auswirkt. Auch
individualisierte Produkte können
durch die hohe Verfahrensflexibili-
tät mit kurzen Lieferzeiten gefertigt
werden. Als Forscher will Leichtfried
das Verfahren besser verstehen und
Werkstoffe an das neue Verfahren
anpassen: „Erst eine begrenzte An-
zahl von ca. 20 metallischen Werk-
stoffen lässt sich in entsprechender
Qualität additiv fertigen.“ Auch die
Bauteilentwicklung hat er im Visier:
„Derzeit haben wir an der Universität
aber dafür noch nicht ausreichend
Kapazität, um für heimische KMUs
ein Kompetenzzentrum für additive
Verfahren zur Verfügung zu stellen.“
Denn, da ist der gebürtige Judenbur-
ger überzeugt, der additiven Ferti-
gung gehört die Zukunft.]
(Ein-)Druck mit Metall
Gerhard Leichtfried erforscht an der Uni Innsbruck das selektive Laserschmelzen,
eine additive Fertigungstechnologie, gemeinhin auch 3D-Metalldruck genannt.
Teile der Handl-Produktionsanlage
wurden von ematric automatisiert.
Gerhard Leichtfried: „Additive Fertigung ist eine schnell wachsendeTechnologie.“
Swarovski-Hermle-Kooperation: v.li.Thomas Unterlechner (Director Machine &
Plant Construction), JürgenWildauer (Head of Machineshop), Florian König (Her-
mle-Vertrieb Österreich), Johann Hintner (Vice President Mechanical Engineering)
Foto:Andreas Friedle
Digitale Transformation:
Automatisch voll ausgelastet
Neues Technologiezentrum für Tirol
Thema: [ MECHATRONIKTIROL ]
Im Rahmen der Tiroler Technologieoffensive plant die Landesregierung gemeinsam mit der Uni
Innsbruck und der Bundesimmobiliengesellschaft BIG die Errichtung eines Technologiezentrums auf
demTechnik-Areal der Uni. In einem eigenen Gebäudekomplex sollen Firmen aus den Stärke-
feldern des Tiroler Technologiebereiches (AlpineTechnologie, E-Mobilität, Erneuerbare Energien,
Material- und Nanowissenschaft, Nachhaltiges Bauen, IT und Medizintechnik) angesiedelt werden.
Robotik aus dem Oberland
[ konkret GESEHEN ]
Fotos:Andreas Friedle
Foto:ematric
FAKTEN. NEWS.
[ Thema: Mechatronik ]