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STANDORT
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Finanziers der Forschung
Thema: [ F&E-AUSGABEN ]
STANDORT
DieTiroler Unternehmen steigerten ihre Forschungsausgaben von 2013
bis 2015 um rund sieben Prozent auf 619 Millionen Euro. Seit 2009 wuchsen
ihre Ausgaben damit um über 60 Prozent – Platz 4 im Österreichvergleich. Die
gesamtenTiroler Forschungsausgaben beliefen sich 2015 auf 975 Millionen Euro,
den Großteil finanzierten Betriebe (49%) und die öffentliche Hand (38%).
A
ls Michael Vogele 2014 in die
USA flog, nahm er sein Know-
how rund um Medizinrobo-
tik mit und den Wunsch, diese dem
amerikanischen Med-Tech-Konzern
Medtronic „für den Bereich Radiolo-
gie schmackhaft zu machen“. Retour
aus den USA hatte Vogele allerdings
kein Radiologie-Projekt im Gepäck,
sondern eines für Neurochirurgie –
„Bei Medtronic war gerade der Wie-
ner Neurochirurg StefanWolfsberger,
da ergab sich das Thema Neurochi-
rurgie und Robotertechnologie.“
Nach einer kleinen klinischen Studie
und Verhandlungen kam es zum Ver-
trag zwischen Medtronic und Vogeles
Unternehmen iSYS: „Wir sollen den
Roboter für den Bereich Neurochi-
rurgie weiterentwickeln.“ Tatkräftige
Unterstützung bekommt der Medizi-
ner vom Forschungszentrum ACMIT
aus Wiener Neustadt, Spezialist für
Medizinrobotik und sensorunter-
stützte chirurgische Instrumente.
„Bereits im Jahr 2005 entstand die
Idee, das universitäre Know-how im
Bereich Mikrosystemtechnik in ein
industrielles Kompetenzzentrum zu
bündeln und der Industrie anzubie-
ten“, erklärt Nikolaus Dellantoni die
Anfänge des Forschungszentrums.
2010 schließlich wurde ACMIT – un-
terstützt von den Ländern Nieder-
undOberösterreich – imRahmen des
COMET-Programms als K1-Zentrum
gegründet, Verbindungen nach Tirol
bestanden von Beginn an. „Schon
damals gab es eine intensive Zusam-
menarbeit mit iSYS und der Medizi-
nischen Universität Innsbruck, im
Speziellen mit dem SIP-Lab von Reto
Bale. Dabei wurde auch das Medizin-
robotersystem iSYS1 für die Anwen-
dung in der interventionellen Radio-
logie erforscht und entwickelt“, sagt
ACMIT-CEO Dellantoni.
Noch intensiver ist die Achse Nie-
derösterreich-Tirol seit April 2017,
ACMIT erhielt wieder den Zuschlag
für ein K1-Zentrum (Projektvolumen
18,7 Millionen Euro), diesmal mit
offizieller Tiroler Beteiligung. Mit
an Bord sind neben iSYS und der
Medizinuni auch MED-EL, die tirol
kliniken, Oncotyrol, ESD – Evaluati-
on Software Development sowie die
UMIT. Die Tiroler Unternehmen
bringen 2,6 Millionen Euro ins Zen-
trum ein, weitere Wirtschaftspartner
steuern ca. 6,7 Millionen bei, vom
Bund kommen 5,6 Millionen, von
Niederösterreich zwei Millionen so-
wie vom Land Tirol rund 870.000
Euro. Somit sei, hält Dellantoni fest,
Tirol ein wesentlicher Partner. Mit
Oncotyrol und ESD wurde auch der
Bereich der personalisierten Thera-
pie mit ins Boot geholt. Dellantoni:
„Im Themenbereich ‚Patient Re-
ported Outcome‘ geht es um die Eta-
blierung einer Feedbackschleife zur
breiten Berücksichtigung von Patien-
tenfeedback sowie eine Verbesserung
der individuellen Behandlung.“
Michael Vogele jedenfalls sieht sich
mit seinen ACMIT-Partnern schon
in der Projektmitte, rund 130 punkt-
genaue neurochirurgische Studien-
Eingriffe – Biopsien sowie Katheter-
und Elektrodenplatzierungen – hat
sein Roboter hinter sich. „Alle waren
erfolgreich und komplikationsfrei,
die Genauigkeit ist höher und die
Operationszeit kürzer“, bilanziert der
iSYS-Chef. Mitte/Ende 2018 soll das
erste CE- und FDA-zertifizierte Gerät
zur Verfügung stehen. Ein Flug in die
USA geht sich damit auch aus. Voge-
le: „Unser Roboter ist klein und kom-
pakt. Er passt in einen Koffer und
kann am Gepäckschalter aufgegeben
werden. Mehr Informationen gibt‘s
auf
www.acmit.atund
www.isys.co.at]
OLYMPIA 2026
PATRIZIA ZOLLER-FRISCHAUF
Landesrätin fürWirtschaft
F
ür den 15. Oktober ist inTirol eine
Volksbefragung zu einer Bewer-
bung der Region als Austragungsort
für OlympischeWinterspiele 2026
angesetzt. StimmtTirol positiv ab,
wird das LandTirol dem IOC ein
Angebot für nachhaltige, regional
angepasste sowie wirtschaftlich und
ökologisch vertretbareWinterspiele
vorlegen. Eine Machbarkeitsstudie
hat imVorfeld bestätigt, dassTirol und
seine Sportstätten für eine nachhaltige
und redimensionierte Durchführung
gerüstet sind. Das IOC stellt für eine
Abwicklung Sach- und Geldleistungen
in Höhe von 525 Millionen Euro in
Aussicht. Für die Durchführung der
Spiele veranschlagt ist ein Budget von
rund einer Milliarde Euro. Für den
Technologiebereich sind im Ausgaben-
plan 185 Millionen Euro vorgesehen,
im Bereich „Internet Infrastructure“
ist dabei die steigende Bedeutung der
Internetseiten- und App-Entwicklung
berücksichtigt. Mit „Olympia 2026
Tirol – Innsbruck“ soll auch dieTiroler
Leistung bei Sport- und Anlagetech-
nologien verstärkt im internationalen
Scheinwerferlicht stehen. Zahlreiche
Tiroler Unternehmen stattenWin-
terspiele ausTradition mit neuesten
Technologien rund um Zugangskon-
trollen, Beschneiung,Tunnelausstattung,
Energie und Beleuchtung aus.
M
it dem Leitsatz „Innovation
versetzt Berge“ wirbt die
Standortagentur Tirol während
des Europäischen Forums Alpbach
für Tirol. Er ist Grundsatz meiner
Wirtschaftspolitik und Basis der
konsequent erfolgreichen Techno-
logieregion Tirol. Zahlreiche Tiroler
Wirtschaftstreibende und For-
schende setzen auf das genannte
Motto. Eine ganze Reihe von ihnen –
und ihre Innovationen gleich dazu –
lernen Sie im vorliegenden Standort
kennen. Neben Menschen belegen
auch Zahlen die Relevanz: So liegen
die Tiroler Forschungsausgaben im
Jahr 2015 bei 975 Millionen Euro.
Mit 1.324 Euro sind Tirols pro
Kopf-Ausgaben für Forschung die
dritthöchsten im Bundesländerver-
gleich. Die Forschungsausgaben der
Tiroler Unternehmen sind in sechs
Jahren um über 60 Prozent gewach-
sen. Beim Export 2016 erzielt Tirol
sowohl den stärksten relativen (+7,7
Prozent) als auch stärksten absolu-
ten (+0,88 Milliarden Euro) Anstieg
in ganz Österreich. Und auch beim
Wachstum dieses Jahres dürfte Tirol
mit 2,4 Prozent zum Spitzenreiter
avancieren.
Sie sehen: die Erfolge sind viel-
seitig. Aus meiner Sicht sind sie eng
miteinander verknüpft und werden
zu einem beträchtlichen Teil mit der
Fähigkeit zur Kooperation erreicht.
Auf die guten Rahmenbedingungen
für Kooperation und Innovation – al-
lein für die Finanzierung von Bun-
deskompetenzzentren hat das Land
Tirol bis dato 52 Millionen Euro in
42 Projekten zur Verfügung gestellt
– können Tiroler Betriebe langfristig
zählen. Denn Innovation bewegt
Menschen. Innovation bewegt Mär-
kte. Und immer wieder versetzt sie
Berge.
Liebe
Leserinnen
und Leser
EDITORIAL
Foto:LandTirol
Darmkeime im Fokus
Im Fokus des K-Projekts VASCage steht die Erforschung von Alterungsprozessen
in den Gefäßwänden – und welche Rolle die Keimwelt unseres Darm dabei spielt.
I
n Zusammenhang mit Gefäßver-
kalkungen denkt man a priori
nicht an den Darm“, gibt der
Gastroenterologe Herbert Tilg zu,
„einleuchtender wird der Zusam-
menhang aber, wenn man es auf die
Ebene der Ernährung bringt.“ Inso-
fern ist unser Verdauungstrakt eine
Schnittstelle, die es zu untersuchen
gilt – und in dem von der FFG und
dem Land Tirol geförderten K-Pro-
jekt VASCage auch untersucht wird.
„Gut, Diet, Microbiota and Vascular
Ageing“ nennt sich der Teilaspekt,
in dem die Medizinische Universität
Innsbruck (Tilg) und die Abteilung
Pharmakognosie der Universität
Innsbruck (Hermann Stuppner/Son-
ja Sturm) die Keimwelt des menschli-
chen Darms unter die Lupe nehmen.
Stuhlanalysen, so der Ansatz, sollen
auf Korrelationen mit Erkrankungen
hin untersucht und dabei Keime als
potenzielle Kandidaten definiert wer-
den, „Der nächste – nicht einfache –
Schritt ist die Kultivierung des Keims
im Labor, um ihn dann in vitro und
im Tiermodell in Zusammenhang mit
bestimmten Erkrankungen genauer
zu untersuchen“, erklärt Tilg. Weni-
ger an den Keimen als an den Stoff-
wechselprodukten, den Metaboliten,
ist die Arbeitsgruppe von Sonja Sturm
interessiert, weiß man doch, dass bei
Gefäßerkrankungen bestimmte Me-
taboliten vermehrt gebildet werden.
Die Forscher suchen daher in Bio
fluids nach neuen Markern. „Wir ko-
operieren dabei mit dem Unterneh-
menspartner Bruker“, sagt Sturm.
Der Spezialist für Kernspinresonanz-
spektroskopie stellt Vorbereitungs-
und Messprotokolle für Blut, Plasma
und Harn zur Verfügung, jene für
den Stuhl wurden in Innsbruck ent-
wickelt. „Der menschliche Stuhl ist
erst in den letzten zehn Jahren in den
Fokus der Forschung gerückt“, erläu-
tern Tilg und Sturm. Mit ein Grund
ist das neu gewonnene Know-how
über die Mikrobiota – Billionen von
Bakterien, Viren und Pilzen in un-
serem Darm. Daher wurden bei der
letzten Untersuchung im Rahmen
der Bruneckstudie auch erstmals
Stuhlproben genommen. Die Lang-
zeitstudie ist für Tilg sozusagen das
Herzstück seiner Arbeit („Es ist die
bestcharakterisierte Langzeitkohor-
te bezüglich Ernährung.“), von der
demnächst finalisierten Auswertung
erwartet er sich neue Erkenntnisse.
Sogar mehr als erwartet habe man
mit VASCage erreicht, bilanziert Pro-
jektkoordinator Stefan Kiechl. „Zwei
Patente, zahlreiche wissenschaftliche
Publikationen, neue Kompetenz bei
der Metabolitenmessung, eine eigene
Jugendkohorte zum Thema Arterio-
sklerose“, nennt er einige Beispiele.
Mit dem Milchhof Sterzing erforscht
man Inhaltsstoffe der Milch, speziell
blutdrucksenkende
Einweißstoffe
und Vitamin K2, da dieses das Arterio
skleroserisiko senken soll. Aufgrund
des großen Erfolges des K-Projektes,
sagt Kiechl, werde man im Herbst
auch nochmals einen Antrag für ein
K1-Zentrum einbringen, da das K-
Projekt mit September 2018 ausläuft.
Für die aktuelle Ausschreibung
von COMET-Projekten (vormals K-
Projekte) stellt der Bund diesmal
zehn Millionen Euro zur Verfügung
(Ausschreibungsende 8. November
2017), dazu kommen noch die ent-
sprechenden Landesmittel. Mehr In-
fos gibt‘s auf
www.ffg.at]
Das K1-Zentrum ACMIT bildet eine starke Achse zwischen Tirol und Niederösterreich – ACMIT-Forscher
arbeiten mit dem Tiroler Unternehmen iSYS an einem Medizinroboter für präzise neurochirurgische Eingriffe.
Punktgenaue Zusammenarbeit
Michael Vogele: „Unser Roboter ist klein und kompakt, er passt in einen Koffer.“
Herbert Tilg und Sonja Sturm erfor-
schen Darmkeime und Metaboliten.
Foto:Andreas Friedel
Foto:Andreas Friedle
MARKENSCHUTZ
I
m Juni beschloss der Ausschuss für
Forschung, Innovation und Tech-
nologie des Nationalrats die Mar-
kenoffensive 2017. Das Paket bringt
neben Bürokratieabbau und Kosten-
senkungen auch zwei neue Dienstlei-
stungen: Mit dem „Pre Check“ kann
die Schutzfähigkeit und Unverwech-
selbarkeit einer Marke schon vor der
Anmeldung geprüft werden. Und
der „24-Stunden-Markencheck“
bietet Interessierten eine Auflistung
ähnlicher Marken und damit rasch
eine Einschätzung, ob ihre Marken-
Idee tatsächlich originell war.
Foto:TVB Innsbruck